Norman Manea

Oktober, acht Uhr

Erzählungen
Cover: Oktober, acht Uhr
Carl Hanser Verlag, München 2007
ISBN 9783446209213
Kartoniert, 256 Seiten, 21,50 EUR

Klappentext

Aus dem Rumänischen von Ernest Wichner, Paul Schuster, Gerhardt Csejka und Roland Erb. In seinen frühen Erzählungen hat Manea das Leben unter zwei Diktaturen wie in einem fiktiven Entwicklungsroman dargestellt: Deportation und Lager, die Rückkehr nach Rumänien, geistige und politische Unterweisung, Frauen und Ehe, Alltag und Traum unter dem kommunistischen Regime. In expressiven, bisweilen surrealen Bildern verdichtet er seine komplexe persönliche Erfahrung. Norman Manea, eine der wichtigsten literarischen Stimmen Rumäniens, wurde mit einer der in diesem Band vorliegenden Erzählungen vor vielen Jahren von Heinrich Böll für Deutschland entdeckt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.07.2008

Tief beeindruckt zeigt sich Rezensent Wolfgang Schneider von diesem Band mit Erzählungen Norman Maneas. Er schätzt den in den USA lebenden, aus Rumänien stammenden Schriftsteller als einen der bedeutendsten rumänischen Autor der Gegenwart. Thematisch kreisen die Erzählungen dieses Bands für ihn um die traumatischen Erfahrungen in deutschen Konzentrationslagern und der Diktatur Ceausescus. Leichte Kost ist die Lektüre nicht. Gerade die frühen Erzählungen findet Schneider fast spröde. Überhaupt fordert die "stark verdichtete" Prosa des Autors, der vom Misstrauen gegen die Erzählbarkeit der Welt und die literarische Verarbeitung des Grauens geprägt ist, seines Erachtens Geduld und oft wiederholte Lektüre. Aber der Leser wird in seinen Augen entschädigt. Gerade die drei längeren Erzählungen über das Leben im absurd und surreal anmutenden rumänischen Sozialismus hält er für großartig. "Manea", urteilt der Rezensent, "spielt virtuos auf der Klaviatur der Verzweiflung und führt die Angst als Affekt der Epoche vor".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.06.2008

Von der hilflos-unbarmherzigen Vortragsart des rumänischen Schriftstellers Norman Manea ist Rezensent Hans-Peter Kunisch ebenso beeindruckt wie von dessen Erzählband "Oktober, acht Uhr". Kunisch vermutet in allen Erzählungen einen autobiografischen Hintergrund Maneas, der 1941 als Fünfjähriger mit seiner Familie in ein ukrainisches Konzentrationslager deportiert worden war und nach Kriegsende bei Verwandten aufwuchs. Der "Wirklichkeitszugriff" des jüdischen Schriftstellers erscheint ihm bemerkenswert, die vage Atmosphäre vieler Erzählungen überzeugt ihn ebenso wie das in den Texten zum Ausdruck kommende Weltverständnis Maneas. Am stärksten beeindruckt war Kunisch von der Geschichte "Wendepunkt", die "vom Fast-Ertrinken erzählt" und von dessen Folgen, aber auch die Titelgeschichte empfiehlt der Rezensent rückhaltlos.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.02.2008

Katrin Hillgruber begrüßt diese überarbeitete Neuauflage mit frühen Erzählungen von Norman Manea, die sie sehr beeindruckt haben. Der 1936 in der Bukowina geborene und heute in den USA lebende rumänische Autor ist in ihren Augen hierzulande immer noch ein Geheimtipp, während er im Ausland längst etabliert ist. Sie bescheinigt Manea, sich in seinem Werk facetten- und fantasiereich wie kaum ein anderer Autor mit der Geschichte Rumäniens auseinandergesetzt zu haben. So greifen die Erzählungen unter anderem den rumänischen Antisemitismus auf, die bedrückend- bedrohliche Atmosphäre unter der Diktatur Ceausescus, das von Misstrauen und Lügen bestimmte Alltagsleben. Sie antworten auf die harte gesellschaftliche Wirklichkeit Rumäniens mit "höhnischem Gelächter", "sarkastischen Sprachkaskaden" und "ungewohnten Bildern in der Tradition des Surrealismus". Neben der Erzählung "Der Pullover", die Maneas Traumatisierung wegen seiner Deportation als Kind schildert, hebt Hillgruber die Erzählungen "Trennwand" und "Fenster zur Arbeiterklasse" hervor, die meisterhaft die Bedrängung des großstädtischen Individuums beschreiben.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2007

Das Werk des rumänischen Autors Norman Manea ist für seine Durchdringung von eigener Erfahrung und Geschichte bekannt, weshalb es auch Thomas Grob nicht unterlässt, einen kurzen Abriss von Maneas Lebensgeschichte zu geben, der als Kind wegen seiner jüdischen Herkunft ins Konzentrationslager kam und nach schwierigen Jahren unter Ceausescu in den 1980er Jahren ins amerikanische Exil ging. Auch der Band "Oktober, acht Uhr" verarbeitet Autobiografisches, und auch wenn die Erzählungen unabhängig von einander entstanden sind, sind sie in chronologischer Abfolge geordnet, erklärt Grob. Die erste Erzählung, die im jüdischen Ghetto spielt, fand er am eindrucksvollsten, weil er hier die "surreale" Phantasiewelt des Kindes mit der historischen Realität verschränkt sieht. Grob fällt als charakteristisch für diese Geschichten insgesamt auf, dass sowohl die Erzählerfiguren als auch die geschilderte Umgebung vage bleibt, gleichzeitig aber mit großer poetischer Wucht und eindrucksvollen Bildern erzählt wird. Nicht recht einsichtig ist ihm, warum bei fast allen Situationen ohne Unterschied mit dem gleichen Pathos erzählt wird, und er warnt fast ein bisschen vor den hohen Anforderungen, die die "ambitionierten" Texte an die Leser stellen. Die Übersetzungen übrigens haben ihn nicht besonders begeistert, denn es stört Grob, dass so viele verschiedene Übersetzer am Werk waren und besonders die Übertragung von Paul Schuster hebt er als dem Original völlig unangemessen hervor.
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