Matthias Waechter

Der Mythos des Gaullismus

Heldenkult, Geschichtspolitik und Ideologie 1940-1958
Cover: Der Mythos des Gaullismus
Wallstein Verlag, Göttingen 2006
ISBN 9783835300231
Gebunden, 508 Seiten, 46,00 EUR

Klappentext

Charles de Gaulle ist die überragende politische Gestalt Frankreichs im 20. Jahrhundert. Als Leitfigur des Widerstands gegen Deutschland im Zweiten Weltkrieg, Chef der ersten Nachkriegsregierung und Begründer der V. Republik hat er die Grundsteine des modernen Frankreich gelegt. Zugleich ist er der Ausgangspunkt einer eigenen politischen Tradition sowie eines Mythos, der auf unterschiedliche Weise in den vergangenen 60 Jahren wirksam geworden ist.
Matthias Waechter untersucht die Geschichte des De-Gaulle-Mythos, ausgehend von den Kriegsjahren, in denen der zunächst fast unbekannte General schrittweise zum Gegenstand einer populären Verehrung und zum Symbol der vorbildgebenden Traditionen Frankreichs wird. In der Nachkriegszeit wirkt der Mythos um de Gaulle zunächst einheitsstiftend innerhalb der tief zerrissenen französischen Gesellschaft. Schnell aber rückt der General in das Zentrum heftigster politischer Konflikte, als er seine eigene Partei begründet und den Kampf gegen die IV. Republik aufnimmt. Für seine Anhänger wird de Gaulle zum Gegenstand eines bewußt betriebenen Heldenkults; seine Feinde, allen voran die Kommunisten, erheben ihn dagegen zum Anti-Mythos.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.10.2006

Matthias Waechter hat die erste umfangreiche Studie zum De-Gaulle-Mythos geschrieben, und eine "sehr lesenwerte" dazu, meint der Rezensent Cornelius Wüllenkemper. Anstatt sich auf instrumentalisierende Verwendungen des Mythos einzulassen, untersuche Waechter de Gaulles Wirkung innerhalb Frankreichs und zeige chronologisch die Aspekte und Ereignisse auf, die ihn zu einem nationalen Mythos erhoben haben. Als "Grundstein zum Mythos" identifiziere Waechter den schon legendären Widerstandsaufruf vom 18. Juni 1940, den de Gaulle aus dem Londoner Exil an das besetzte Frankreich ergehen ließ. Waechter stelle jedoch klar, dass die Nachkriegs-Identifikation de Gaulles mit der Resistance eher im Gegenzug auf den Personenkult um Marechal Petain erfolgt sei. De Gaulle habe es verstanden, "gezielte propagandistische Strategien" einzusetzen, um seinen Mythos zu stärken, indem er stets die nationale Symbolik bemühte und sich als "Prophet des französischen Schicksals" darstellte. Auch Waechters Fazit ("Der Gaullismus ist tot, aber der De-Gaulle-Mythos lebt.") kann sich der Rezensent nur anschließen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.09.2006

Rundum gelungen findet Rezensent Joseph Jurt diese Studie über die mythologische Dimension des Phänomens des Gaullismus, die Matthias Waechter vorgelegt hat. Er bescheinigt dem Autor, die Bedeutung mythologischer Elemente im Gaullismus in der französische Geschichte des 20. Jahrhunderts überzeugend aufzuzeigen. Ausgehend von einem pragmatischen Mythos-Begriff stelle Waechter den de-Gaulle-Mythos zunächst als Antwort auf den Petain-Mythos dar. Anschließend gehe er der Frage nach, wie de Gaulles im Widerstand erworbenes Charisma zur Grundlage einer langfristigen legitimen Herrschaft werden konnte. Schließlich untersuche Waechter die zwölf Jahre vom Rücktritt des Generals bis zur Rückkehr an die Macht im Mai 1958. Deutlich wird für Jurt dabei insbesondere das zentrale Problem de Gaulles, die Frage nach der Legitimität.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.06.2006

Rezensent Wilfried Loth begrüßt Matthias Waechters Darstellung des "Mythos des Gaullismus", auch weil Charles de Gaulle hierzulande nicht allzu bekannt ist. Wie er unterstreicht, zeichnet der Autor nicht nur de Gaulles Aufstieg zum ersten Präsidenten der V. Republik nach. Auch den Mythos um diesen Ausnahmepolitiker nimmt er unter die Lupe, der sich während seiner Zeit im Londoner Exil seit 1940 gebildet hatte. Zudem werden Wirkungen und Wandlungen dieses Mythos bis zur Beauftragung de Gaulles mit der Regierungsbildung im Mai 1958 untersucht. Waechters Rekonstruktion dieses Mythos' findet Loth "luzide", die Darstellung insgesamt "umsichtig". Er attestiert dem Autor, die Grundelemente von de Gaulles Machtstellung aufzuzeigen. Etwas unterbelichtet bleibt zu seinem Bedauern, dass sich de Gaulle oft als Retter zur Lösung von teilweise selbst verursachten Problemen präsentierte.
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