Martin Amis

Die schwangere Witwe

Roman
Cover: Die schwangere Witwe
Carl Hanser Verlag, München 2012
ISBN 9783446238480
Gebunden, 414 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Werner Schmitz. Es ist Sommer 1970, eine Gruppe junger Engländer verbringt ihren Urlaub in Italien. "Auch Frauen haben ein Recht auf fleischliche Begierde" heißt es, und der 22-jährige Keith Nearing weiß den Feminismus für seine Zwecke zu nutzen. Zwischen seiner treuherzigen Freundin Lily und der scharfen Gloria pendelnd, plant er schon akribisch den nächsten Seitensprung. Bissig, geistreich und urkomisch rechnet Martin Amis, der Bad Boy der Literatur Englands, mit den Errungenschaften der sexuellen Revolution ab. In seinem Roman erzählt er, was passierte, als man der Libido freien Lauf ließ - und er fragt sich, ob vom Karussell der Lust heute nicht mehr als eine "schwangere Witwe" übrig geblieben ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.06.2012

Tilman Urbach beginnt seine Besprechung von Martin Amis' jüngstem, auf Deutsch erschienenen Roman mit Reflexionen über die Probleme von Übersetzungen, und da merkt man schon, dass er mit der vorliegenden nicht recht zufrieden ist. Denn die Kunst der ironischen Wendung, die der britische Autor so meisterhaft beherrscht, kann man in der Übersetzung nur partiell wiederfinden, murrt der Rezensent. Erzählt wird von den erotischen Verwirrungen, Verlockungen und Enttäuschungen einer Sommergesellschaft in den 1970er Jahren, also in der Hochzeit der sexuellen Revolution, erklärt Urbach. Sehr in den Bann gezogen ist der Rezensent von den Schilderungen der Anziehung und Abstoßung der Protagonisten, wo doch das meiste in den Köpfen passiert. Zugleich ist es die Suche nach dem eigenen Ich, die nicht nur die Hauptfigur Keith, sondern auch seine Freundin Lilly und ihre höchst verführerische Freundin umtreiben, was der Roman als "formales Experiment", mit wechselnden Zeitebenen und Perspektiven der Protagonisten vorführt. Und am Ende kann Urbach in Amis' für seinen Geschmack sehr geglücktem Roman nachvollziehen, wie "schwierig", ja vielleicht unmöglich es ist, Liebe und Sex zu trennen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.04.2012

Als Sohn des Schriftstellers Kingsley Amis und Stiefsohn der Schriftstellerin Elizabeth Jane Howard, dazu eher klein von Wuchs und von einem literarisch illustren Freundeskreis von Julian Barnes bis Salman Rushdie umgeben, hat Martin Amis nicht die einfachsten Voraussetzungen, stellt Eberhard Falcke fest, will dies aber nicht wirklich als mildernden Umstand gelten lassen. Denn in seinem neuen Roman "Die schwangere Witwe", der von der sexuellen Revolution anhand einer Gruppe junger Leute erzählt, die den Sommer 1970 in einem italienischen Schloss verbringen, beweise Amis zwar einen enormen Reichtum an "grellen Handlungsideen", so der Rezensent. Dabei verliere er aber den großen erzählerischen Bogen aus den Augen, der für das Gelingen eines Romans unerlässlich sei. So fügten sich Amis' originelle Einfälle nicht zu einem stimmigen Ganzen, sondern blieben bloße "Effekthascherei".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.03.2012

Martin Amis' neues Buch "Die schwangere Witwe" ist nicht nur ein meisterhafter Roman, sondern auch eine durchaus provokative Streitschrift, meint Rezensentin Lena Bopp. Vordergründig erzähle Amis die Geschichte des zweiundzwanzigjährigen Londoner Literaturstudenten Keith, der mit seiner Freundin Lily und drei weiteren Freunden im Sommer 1970 einen mehrwöchigen Urlaub in einem einsamen italienischen Schloss verbringt und nach anfänglichen Vorbehalten bald den Reizen der freizügigen Sheherazade erliegt, die ihm schließlich zum Verhängnis wird. Die Kritikerin liest dahinter aber auch die Frage nach der sexuellen Freiheit und den Gefahren eines rein hedonistischen Lebens, die der Autor nicht nur mit zahlreichen Verweisen auf Ereignisse der siebziger Jahre wie die Antibabypille oder den Kampf für legale Abtreibungen unterlege, sondern auch durch Anspielungen auf englische Klassiker wie etwa Jane Austen oder Charlotte Bronte. Dennoch sollte man Amis' Buch nicht auf einen "reaktionären" Kommentar zu gesellschaftlichen Entwicklungen reduzieren, so die Kritikerin, die hier insbesondere einen sprachgewaltigen, herausragend konstruierten und mitreißenden Roman gelesen hat.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.02.2012

Ach, diese siebziger Jahre! Keine wirtschaftlichen Probleme, keine beruflichen Sorgen, dafür lange Urlaube in Italien und viel Sex! Um diese beneidenswerte Zeit geht es in Martin Amis' neuem Roman "Die schwangere Witwe", über den Jörg Magenau recht beeindruckt schreibt, ohne jedoch ein klares Urteil zu fällen. Amis schreibt über eine Gruppe von Freunden um den Literaturstudenten Keith Nearing, die in Italien zusammen ein Schloss mieten und sich nun alle gegenseitig in die Kiste ziehen. Allerdings warnt Magenau auch davor, sich von der heiteren Oberfläche nicht blenden zu lassen, denn unter ihr verberge sich eine tiefe Trauer. Was Magenau hier ziemlich genau herausgearbeitet findet, ist der Punkt, an dem sich Sex und Liebe voneinander trennten - ein Moment so einschneidend wie die Trennung von Verstand und Gefühl im 17. Jahrhundert.
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