Marco Carini

Fritz Teufel

Wenn's der Wahrheitsfindung dient
Cover: Fritz Teufel
Konkret Literatur Verlag, Hamburg 2003
ISBN 9783894582241
Kartoniert, 248 Seiten, 15,00 EUR

Klappentext

"Wenn's der Wahrheitsfindung dient" - als der Angeklagte Fritz Teufel im November 1967 mit diesem Satz der Aufforderung eines Berliner Richters nachkommt, sich zu erheben, löst der damals 23-Jährige in der antiautoritären Bewegung ein befreiendes Lachen aus - befreiend vom autoritären Muff der Justiz. Die 68er Studentenbewegung treibt ihrem Höhepunkt entgegen und Teufel, angeklagt des Steinwurfs auf Polizeibeamte, ist eine ihrer bekanntesten Persönlichkeiten. Fritz Teufel: Behütet aufgewachsen in der schwäbischen Provinz, in der "Frontstadt" Berlin in der Studentenbewegung politisiert, Mitbegründer der legendären Kommune 1, Kultfigur der APO, radikalisiert durch die Schüsse auf Benno Ohnesorg und Rudi Dutschke, immer wieder verhaftet und verurteilt, abgetaucht in die Illegalität und schließlich angeklagt, als Mitglied der "Bewegung 2. Juni" an der Ermordung des Kammergerichtspräsidenten Günter von Drenckmann und der Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz beteiligt gewesen zu sein.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.01.2004

Marco Carinis Biografie Fritz Teufels wirkt "bisweilen oberflächlich", liest sich aber andererseits "spannend wie ein Roman", urteilt Ute Kätzel unentschieden. Teufel habe keine bürgerliche Existenz gewollt: Er schmiss sein Studium, ging 1973 nach einer Phase der "Politclownerie" in den Untergrund und wurde als "terroristischer Rädelsführer" gesucht, angeklagt und 1980 freigesprochen, wie die Rezensentin berichtet. Fritz Teufels Weigerung, mit dem Autor über sein Buch zu sprechen, hat es dem nicht leichter gemacht. Aber Carini könne sich zugute halten, "das bisher vorliegende Material über Fritz Teufel erstmals in Buchform gebracht zu haben", würdigt die Rezensentin das Vorhaben des Autor. Herausgekommen ist für sie immerhin "eine Art linke Widerstandsgeschichte der Zeit von 1964 bis 1981, ein Who is Who der antiautoritären Linken und der 'Stadtguerilla'". Die Rezensentin bemängelt die fehlenden Quellenangaben und findet Teufels Jugend und Kindheit "unterbelichtet". Carinis Buch lässt "viele Frage offen", meint die Rezensentin und erhofft sich viel von einer anstehenden Autobiografie Teufels, an der er arbeiten solle, wie sie gehört habe.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.01.2004

Etwas enttäuscht zeigt sich Rezensent Lorenz Beckhardt von Marco Carinis Biografie über Fritz Teufel, dem Mitbegründer der Kommune Eins, der bei der 68er-Revolte gegen die Autorität von Staat und Justiz mit allerlei humoristischen Einlagen glänzte. Doch wirklich Spaß hat Beckhardt das Lesen nicht gemacht: "Über weite Strecken" findet er Carinis Buch über den Star der Spaßguerilla "nicht mal ansatzweise unterhaltsam", geschweige denn "lustig". Was, so Beckhardts Vermutung, auch damit tun haben mag, dass Teufel, der heute zurückgezogen in Berlin in bescheidenen Verhältnissen lebt, dem Autor nicht zur Verfügung stand. Beckhardt rekapituliert Teufels Vita, wobei er insbesondere auf die diversen Prozesse gegen Teufel eingeht, die ihn jahrelang unschuldig hinter Gitter brachten. In der Schilderung dieser Prozesse sieht Beckhardt denn auch das "Herzstück des Buches", das in Wahrheit keine Biografie, sondern ein Geschichtsbuch der 68er sei. Er hält dem Buch zu Gute, dass es Leser, die über 68 und die Folgen noch wenig wissen, "faktenreich" informiert, und dass der Autor manches "längst Vergessene" ausgegraben hat. "Aber wer die lebendige Biografie eines durchaus aufrechten Charakters erwartet", resümiert Beckhardt, "wird enttäuscht."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.01.2004

Gottfried Oys Rezension setzt den Schwerpunkt auf die Wiedergabe der wichtigsten Ereignisse im bewegten Leben Fritz Teufels, dessen Biografie jetzt vorliegt. Als "allseits bekannter Politclown", der sich unter anderem für seine Proteste gegen den Schah-Besuch 1967 vor Gericht verantworten musste, machte Teufel das letzte Mal 1982 in einer Talkshow von sich reden. Seine Öffentlichkeitsscheu begründe den Mangel an "überraschenden neuen Details". Dennoch gelinge es Autor Marco Carini, "markante Eckpunkte bundesrepublikanischer Protestgeschichte zusammenzufassen". Ob es um die Rehabilitierung Teufels geht, der einst nach fünf Jahren in Untersuchungshaft die Bundesanwälte mit einem Alibi verblüffte oder um eine Preisverleihung - Teufel schaffte es immer, "einen Strich durch die Rechnung" zu ziehen, wie unser Rezensent durchaus bewundernd anmerkt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.10.2003

Wiglaf Droste hatte sich schon Sorgen gemacht: Allerorten und insbesondere bei Zeit, Spiegel und Merkur werde ja das "Einprügeln auf die 68er" als "Volkssport" betrieben - man hätte sich nicht wundern müssen, wenn Fritz Teufel dem "wild um sich schlagenden deutschen McCarthyismus" zum Opfer gefallen wäre. Dem ist nicht so, denn Marco Carini sympathisiert mit Teufel, wenn er auch, bedauert Droste, seiner Sympathie weder durch neue Informationen noch durch einen überzeugenden Gebrauch der deutschen Sprache Ausdruck verleihen konnte. Aber immerhin: Er ist der erste Biograf eines Lebens, "das ein Antidot war und ist gegen den trostlosen autoritär fixierten deutschen Charakter". Vor allem durch Humor: "Humor ist eine Waffe, eine Haltung zur Welt" und - so wie ihn Fritz Teufel betrieben habe - "ein Beitrag zur Zivilisierung dieses Landes", schreibt Droste.