Lizzie Doron

Ruhige Zeiten

Roman
Cover: Ruhige Zeiten
Jüdischer Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783633542185
Gebunden, 175 Seiten, 16,80 EUR

Klappentext

Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Leale, die Maniküre, arbeitet seit über dreißig Jahren im kleinen Friseursalon von Sajtschik. Nach dessen Tod bricht ihre Welt auseinander, nicht das erste Mal. "Der Krieg hat uns die Familie und die Verwandten genommen, und die Zeit, die vergeht, nimmt uns die Nachbarn und die Freunde." Die Tage der Trauer lassen Erinnerungen in ihr aufsteigen - Erinnerungen an die Menschen, die ihr Leben waren und sind: den geliebten Sajtschik, seinen von ihr weniger geliebten Freund Mordechai, der Leale nach dem Krieg aus Polen nach Israel brachte, den einzigen Sohn Etan und viele andere. So tritt die Welt ihres Tel Aviver Viertels lebensvoll vor Augen, in dem sich nach dem Krieg Menschen von "dort", Überlebende der Shoah, wiederfanden, ein neues Leben begannen, soweit das eben möglich war.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.12.2005

Bewegt berichtet Jakob Hessing von Lizzie Dorons Roman "Ruhige Zeiten", in dessen Mittelpunkt die in die Jahre gekommene Lea steht, die als Kind den Holocaust überlebt hat und aus einem polnischen Waisenhaus nach Israel gebracht wurde. Fünzig Jahre nach dem Krieg scheint sie wieder genauso einsam wie zu Beginn ihre Lebens. Ihr Mann ist seit Jahrzehnten tot, und der Sohn in die USA ausgewandert. Geborgenheit ist für Lea ebenso unerreichbar wie ihre zweite große Liebe, der Friseur Sajtschak, ebenfalls ein Überlebender. Was Hessing besonders beeindruckt, ist dass Doron die Gebrochenen für sich selbst sprechen lässt, keine allwissende Erzählerin vorschützt, sondern eine beunruhigende Intimität schafft, ohne Distanz und "Vergangenheitsbewältigung".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.10.2005

Berührt zeigt sich Rezensent Carsten Hueck von Lizzie Dorons zweitem Roman "Ruhige Zeiten", der "Innenansichten eines Traumas" vermittelt, und für den die Autorin 2003 den Preis der Gedenkstätte Yad Vashem erhielt. "Behutsam und respektvoll" schildere Doron das Schicksal einiger Überlebender des Massenmordes an den europäischen Juden, die ein "Leben mit konservierter Todeserfahrung" führen. Im Mittelpunkt sieht er die etwa sechzigjährige Leale, die Krieg und Verfolgung als in Kind in einem Erdloch überlebte, während ihre Eltern und Verwandten in Konzentrationslagern ermordet wurden. Als der Friseur Sajtschik, mit dem sie eine unausgesprochene Liebesgeschichte verbindet und in dessen Salon sie dreißig Jahre als Mitarbeiterin, Maniküre und Vertraute tätig war, stirbt, verbarrikadiert sie sich in ihrer Wohnung, und lebt in Dunkelheit und Stille. Dorons Beschreibung dieser Regression lobt Hueck als "unaufdringlich, gleichwohl anrührend". Mit großer Empathie gestalte die Autorin Leales Selbstgespräch, "die Stimme aus einer hermetischen Welt". So entstehe eine einseitige Erzählsituation, die man sich kaum bewusst mache, hält Hueck fest: "Zu fesselnd" seien die diversen kleinen Episoden und Geschichten, Dialoge und Erinnerungen, die aus Leale "hervorbrechen". Schmerz, heillose Traurigkeit, auch Liebesfähigkeit und Selbstbehauptungswille vermischten sich zu einem Erzählstrom, der den Leser mitreiße.