Julius Meier-Graefe

Kunst ist nicht für Kunstgeschichte da

Briefe und Dokumente
Cover: Kunst ist nicht für Kunstgeschichte da
Wallstein Verlag, Göttingen 2001
ISBN 9783892444121
Gebunden, 574 Seiten, 40,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben und kommentiert von Catherine Krahmer u. a.. Julius Meyer-Graefe, Spross einer oberschlesischen Industriellenfamilie, entwickelte sich vom schreibenden Bohemien im Berlin der 1890er Jahre zum einflussreichsten Kunstkritiker und -historiker zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Er war Mitbegründer der Zeitschrift PAN, zwischenzeitlich Initiator eines Unternehmens, das die Kunst industrialisieren sollte, und verfasste im Lauf der Jahre zahlreiche Monografien. Meier-Graefe korrespondierte zwischen 1894 und 1935 mit Künstlern wie Edvard Munch, Max Beckmann und Lovis Corinth, hatte Kontakt zu einflussreichen Persönlichkeiten des Kulturlebens wie Paul Cassirer, Harry Graf Kessler, Benno Reifenberg, dem Dreigestirn der "Insel" Bierbaum, Heymel und Schröder, den Verlegern Fischer und Piper und tauschte sich mit zahlreichen Schriftstellern aus, u. a. mit Franz Blei, Richard Dehmel, Gerhart Hauptmann, Hugo von Hofmannsthal, Franz Werfel und Thomas Mann.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.02.2002

In Zeiten postmoderner Unordnung ist der dem Ordnungsbewusstsein der Moderne verpflichtete Kunstkritiker Julius Meier-Graefe fast gänzlich vergessen. Dabei war er um die Jahrhundertwende und danach bei der Durchsetzung der Impressionisten, aber auch Delacroix', van Goghs und vieler anderer an vorderster Front dabei. Er wusste, mit den Worten des Rezensenten Christian Lenz zu sprechen, "stupende Kennerschafft, künstlerischen Sinn für Form" und "Schärfe des Intellekts" miteinander zu verbinden. Kein Wunder also, dass die Lektüre der bisher unveröffentlichten 214 Briefe Lenz ein offenkundig einzigartiges Vergnügen bereitet hat. Nicht nur schreibe Meier-Graefe "außerordentlich lebendig", er lasse es auch an "Ironie, Humor und Sarkasmus" nicht fehlen. Der Band ist außerdem vorzüglich ediert, so der Rezensent, die Kommentare und Kurzbiografien der Briefpartner (von Munch bis Tschudi, von Hofmannsthal bis Harden) und ein "informativer Bildteil" runden das Bild ab.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.02.2002

Einen "faszinierenden Einblick" in ein Leben voll leidenschaftlicher Konflikte und beglückender Erfahrungen hat dieser voluminöse Brief- und Dokumenteband dem Rezensenten gewährt. Die Vermittlerrolle des Kunsthistorikers Julius Meier-Graefe zwischen der französischen und der deutschen Kultur, sein Engagement für die französische Moderne, scheint Thomas W. Gaehtgens aus den enthaltenen Schriften und Briefwechseln mit so prominenten Zeitgenossen wie Edvard Munch oder Hugo von Hofmannsthal anschaulich geworden zu sein. Wie beschwerlich diese Rolle zu spielen war indessen, belegen laut Gaehtgens z. B. die "scharfen Angriffe" Meier-Graefes auf seine Gegner oder ein von ihm entworfener Fragebogen, der "das Nationalgefühl in ästhetischen Fragen" erheben sollte. Dieser Fragebogen, so der Rezensent, habe an Aktualität bis heute nichts verloren. Genau wie die von Gaehtgens aus der "klug ausgewählten, gelehrt kommentierten" Edition herausgehörte Aufforderung Meier-Graefes, "sich mit offenen Augen um die Kultur des Nachbarn zu bemühen".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.10.2001

Franz Zelger ist von diesem Band mit Briefen und Dokumenten des Kunstkritikers nebst eingehendem Kommentar und Register völlig begeistert. Er vermittele nicht nur einen Einblick in die Persönlichkeit Meier-Graefes, so der Rezensent erfreut, sondern zugleich ein "facettenreiches Bild" der Zeit. Dabei erschließt das Buch zu seiner Freude "Neuland", weil es vornehmlich bis dahin unerschlossene Texte aus Archiven zusammengetragen hat. Durch den weitgestreuten Kreis an Briefpartnern, der von Künstlern über Schriftsteller bis zu einflussreichen Kunstsammlern der Zeit reicht, wird für den Rezensenten eine intellektuelle Auseinandersetzung und auch Entwicklung Meier-Graefes eindrucksvoll dokumentiert. Den wissenschaftlichen Anmerkungsapparat rühmt er zudem als eine "Fundgrube" an wertvollen Hinweisen und auch das Register mit biografischen Angaben zu den Korrespondenzpartnern preist er als außerordentlich nützlich.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 01.09.2001

Der Band setzt sich aus einer Vielzahl recht heterogener Texte des Kunstkritikers Julius Meier-Graefe zusammen. Was sich ergibt, ist aber, wie der Rezensent Michael Grus befindet, die Illustration eines "ganz erstaunlichen Lebenswerks." Grus erzählt viel davon nach, von den frühen Bohème-Jahren des Industriellensohns, über die zehn Jahre in Paris, die zunehmende Reifung zum "gewieften Agenten und Strippenzieher" im Kunstbetrieb. Den Löwenanteil des Buchs machen bisher zum großen Teil nicht veröffentlichte Briefe aus, es gibt aber auch "Aufrufe und einen literarischen Essay". Besonders hervorgehoben wird vom Rezensenten der "überaus ergiebige" Stellenkommentar, die einzige etwas kritische Anmerkung gilt der Anordnung der Schriftstücke: eine rein chronologische Abfolge wäre, mutmaßt Michael Grus, weniger verwirrend gewesen als die zu Wiederholungen führende thematische Ordnung.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.06.2001

Der Herausgeberin des Bandes gratuliert Hansjörg Graf zu einer "Glanzleistung sui generis". Das Buch, so schreibt er, mache Meier-Graefes Rang in einem Netzwerk der literarischen und künstlerischen Moderne sichtbar und zeige, dass seine "Existenz-und Ausdrucksformen ... sich nicht auf einen Begriff fixieren lassen." Der Mann hat nämlich viel geschrieben: an Freunde, Sammler, Händler und Museumsleute. Er "reagiert auf die geschichtlichen Ereignisse hellhörig und spontan", lässt erkennen, "dass die Kunst des Kritikers unmittelbar mit der Kunst des Lesens zu tun hat" und, siehe da, erfreut dennoch gerade auch den Laien unter den Lesern. Der, meint Graf recht zuversichtlich, ziehe Gewinn aus der Lektüre insofern, als es immer wieder auch um Meisterwerke von Weltrang gehe, um "Entwicklungsgeschichten", die den komplizierten Weg eines Kunstwerks aus Privatbesitz über den Händler in das Museum dokumentierten. Der Leser könne so an einem "imaginären Museum der Moderne" teilhaben.
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