Johanna Adorjan

Eine exklusive Liebe

Roman
Cover: Eine exklusive Liebe
Luchterhand Literaturverlag, München 2009
ISBN 9783630872919
Gebunden, 192 Seiten, 17,95 EUR

Klappentext

Zwei Menschen, die miteinander alt geworden sind, beschließen, sich das Leben zu nehmen. Er ist schwer krank, sie will nicht ohne ihn sein. An einem Sonntag im Herbst 1991 setzen sie ihren Plan in die Tat um. Sie bringen den Hund weg, räumen die Wohnung auf, machen die Rosen winterfest, dann sind sie bereit. Hand in Hand gehen Vera und Istvan in den Tod, es ist das konsequente Ende einer Liebe, die die ganze übrige Welt ausschloss, sogar die eigenen Kinder. Johanna Adorjan rekonstruiert den Tag des Selbstmordes ihrer Großeltern, die alles andere waren als ein gewöhnliches Paar. Sie siezten sich ihr ganzes Leben, rauchten Kette und sahen umwerfend aus. Und sie hatten eine Vergangenheit, über die sie nicht sprachen. Weil sie sich nicht daran erinnern wollten. Als ungarische Juden hatten sie den Holocaust überlebt, waren Kommunisten geworden und 1956 während des Budapester Aufstands außer Landes geflohen. In Dänemark fingen sie ein neues Leben an und blickten - scheinbar - nie mehr zurück.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.03.2009

Barbara von Becker kann nur Gutes sagen über dieses Buch von Johanna Adorjan. Humorvoll und selbstironisch, mit "großer Sensibilität und Zuneigung", findet die Rezensentin, erzählt Adorjan die Geschichte vom Leben und Tod ihrer Großeltern. Diese beiden, Vera und Istvan, ein "aristokratisch" anmutendes Paar, wie Becker mitteilt, überlebten als ungarische Juden den Holocaust, wurden zunächst kommunistisch, flohen aber 1956 nach Dänemark. Und beschlossen nach fast fünfzig Jahren Ehe - Istvan war schwer herzkrank - sich gemeinsam das Leben zu nehmen. Wiederum Jahre später schickt sich die Journalistin Adorjan an, dem stets geheimnisvoll gebliebenen Großelternpaar auf die Spur zu kommen. Hierfür, erfahren wir, hat sie Dokumentarisches verwoben mit eigenen Erinnerungen, Reflexionen und der fiktiven Rekonstruktion der letzten Stunden von Istvan und Vera. Das alles geschieht stets ohne Verklärung, bilanziert Becker, für die dieses Buch ein Dokument ist gegen das Vergessen von Schicksalsgeschichten, wie sie speziell das 20. Jahrhundert in Europa geschrieben hat".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.03.2009

Nüchtern äußert sich Christoph Bartmann zu Johanna Adorjans Buch über das Leben und Sterben ihrer Großeltern. Wegen der seit einiger Zeit extremen Popularität des Genres der Familienbiografie ist sein Interesse daran etwas erlahmt. Zwar hält er es für legitim, dass heute quasi Jedermann seine Familiengeschichte auf den Buchmarkt wirft. Aber er wünscht sich endlich wieder eine besondere Geschichte, "die uns ihrer Form und Sache nach mehr geben, als wir schon vorher wussten?. Auch Adorjans "Eine exklusive Liebe? scheint in seinen Augen diesem Kriterium nicht zu genügen. Das "literarische Ereignis?, als das sich das Buch feiern lässt, ist es in seinen Augen sicher nicht. Schlecht findet er es andererseits auch nicht, er hält es nur nicht für Literatur. Für ihn ist es in erster Linie ein journalistisches Buch in eigener Sache, das auf umfangreichen Recherchen basiert. Es wirkt auf ihn "sympathisch? und "aufrichtig?. Der Autorin bescheinigt er, den Familienstoff "anschaulich, manchmal heiter, dabei anrührend und trotzdem sachlich zu erzählen?. Allerdings vermisst er ein wenig die Reflexion. Und was das Besondere an dieser Familiengeschichte sein soll, wird für ihn nicht wirklich klar.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.03.2009

Judith Luig hat den sehr persönlich gehaltenen Essay der Journalistin Johanna Adorjan über ihre jüdisch-ungarischen Großeltern, die sich 1991 im Kopenhagener Exil gemeinsam das Leben nahmen, vor allem auf die Rolle der Frau hin gelesen, respektive die der Großmutter Vera. Entlang eines Fragenkatalogs, der durch Gespräche mit Familie und Freunden sowie eigenen Erinnerungen abgearbeitet wird, rekonstruiert die Enkelin die wechselvolle Geschichte von Vera und Istvan Adorjan. Wie die Rezensentin betont, taucht im Verlauf der Erzählung neben der außergewöhnlichen exklusiven Liebe, die das Ehepaar lebenslang miteinander verbindet, eine weitere Liebe auf, die sich zwischen Johanna und Vera entspinnt: "Hier sucht eine Enkelin am Vorbild der Großmutter nach Antworten auf die Frage nach der eigenen Weiblichkeit", konstatiert Luig, die der Autorin Respekt für ihren Mut zollt, die selbst eingenommene Frauenrolle zu überprüfen, auch wenn daraus eine gewisse Unentschlossenheit resultiere.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.02.2009

Als "berührend" lobt Ursula März das erste Buch der Berliner Journalistin Johanna Adorjan, in dem sie vom Selbstmord ihrer Großeltern schreibt, die sich nach einen halben Jahrhundert gemeinsamen Lebens und Liebens 1991 das Leben nahmen. Und es ist gerade der "gradlinig-nüchterne Stil" der Autorin, ihr selbstbewusst-respektvolles Verhältnis zum Stoff, dem dieses Buch aus Sicht der Rezensentin seine Qualität verdankt. Adorjan beginne mit der nüchternen Nachricht des Todes, und die Erzählung des Tages, den die Großeltern zu ihrem Todestag bestimmt haben, rahme die Erzählung ein, die in Exkursen immer wieder die historische und familiäre Geschichte des ungarisch-jüdischen Paares einflechte, das 1956 Ungarn verlassen und nach Dänemark ausgewandert sei. Dabei beeindruckt die Rezensentin das zwischen Dokumentation, Chronik und autobiografischer Selbstbefragung changierende Buch besonders durch die Mischung aus "moderner, mitunter zeitgeisthafter" und ironischer Saloppheit, mit der sich die Autorin ihrem Thema nähert.