Helmuth Kiesel

Ernst Jünger

Die Biografie
Cover: Ernst Jünger
Siedler Verlag, München 2007
ISBN 9783886808526
Gebunden, 720 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Der Schriftsteller Ernst Jünger war eine Jahrhundertgestalt. Geboren im Kaiserreich und gestorben erst nach der Wiedervereinigung, spiegelt sein Leben wie kaum ein zweites die zentralen Wendungen und Widersprüche der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Zehn Jahre nach Jüngers Tod schildert Helmuth Kiesel Jüngers Leben und Werk im Kontext seiner Zeit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.01.2008

Nicht als erster bespricht Stephan Schlak die beiden neuen Jünger-Biografien von Heimo Schwilk und Helmuth Kiesel im Vergleich miteinander. Ausdrücklich warnt er aber davor, die eine - wie es mitunter geschah - gegen die andere auszuspielen. Die Verdienste des gelegentlich als allzu trocken gescholtenen Germanisten Helmuth Kiesel dürfe man nämlich keinesfalls unterschätzen. In Kenntnis der jüngeren Forschungsliteratur, aber auch in der Fähigkeit, das Werk in die literarischen und politischen Kontexte seiner Zeit einzuordnen, mache Kiesel niemand etwas vor. Recht symptomatisch für die inzwischen eingetretene Befriedung einstiger heftiger Kämpfe um Jünger will Schlak das Verfahren Kiesels erscheinen, zu jeder skandalisierenden Äußerung des Autors eine nicht unähnliche Fundstelle bei weniger - jedenfalls des Rechtsextremismus - verdächtigen Autoren wie Walter Benjamin oder Bert Brecht zu finden. Glänzend immer wieder, lobt der Rezensent, Kiesels "Arbeit am Text", überzeugend sein Porträt des apodiktischen Autors als ständiger Textretuscheur. Ein bisschen anstrengend findet Schlak es ingesamt zwar schon, dass der Verfasser es "immer ein wenig zu gut mit seinem Helden" meint. Das darf man aber wohl als eher lässliche Sünde eines Biografen begreifen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.11.2007

Stefan Breuer hat zwei neue Ernst-Jünger-Biografien gelesen, die beide, wie er positiv vermerkt, von der verbesserten Quellenlage fast zehn Jahre nach Jüngers Tod profitieren. Helmuth Kiesel ist seine Profession als Literaturwissenschaftler deutlich anzumerken, denn er legt, bei aller Genauigkeit, was die biografischen Fakten angeht, sein Hauptaugenmerk auf das schriftstellerische Werk Jüngers. Der Autor untersuche beispielsweise die sprachlichen Bilder oder die verschiedenen Textfassungen von Jüngers wohl berühmtestem Buch "Stahlgewitter" und der Rezensent stellt mit Zufriedenheit fest, dass Kiesel die Augen auch nicht vor Problematischem verschließt. So lässt der Autor keinen Zweifel an seinem Abscheu vor der Mordlust, die beispielsweise aus einem Text wie "Der Kampf als inneres Erlebnis" spricht oder seiner Verurteilung eines Essays wie "Über Nationalismus und Judenfrage" als blanken Antisemitismus. Dies tut Kiesel allerdings mit großer Sachlichkeit und nicht nur hier erweist sich der Autor als "umsichtiger Interpret", der von vorschnellen Verurteilungen absieht und auch die sich im Lauf der Zeit ändernde politische Haltung Jüngers herausarbeitet, lobt Breuer sehr angetan.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.11.2007

Angesichts der überbordenden Forschungsliteratur müssen sich laut Rezensent Ulrich Baron neue Jünger-Biografen immer die Frage gefallen lassen, ob sie etwas bisher Unbekanntes zu dem Schriftsteller aufzubieten haben. Helmut Kiesel fördert in seiner Lebensbeschreibung Ernst Jüngers nichts Neues zutage und legt überhaupt nach Geschmack des Rezensenten zu wenig Aufmerksamkeit auf die Lebenswirklichkeit des Schriftstellers. Dafür aber biete der Literaturwissenschaftler eine durchaus erhellende Werkbiografie, die zwar kaum originelle Erkenntnisse beinhalte, dafür aber die "akademische Erschließung" von Jüngers Schriften befördere, lobt der Rezensent verhalten. Nicht anfreunden kann sich Baron mit Kiesels Einschätzung, Jünger sei gleich Thomas Mann und Franz Kafka ein "Vertreter der reflektierten Moderne", und er kritisiert diese Einordnung als viel zu unentschieden, was er dem Buch trotz durchaus scharfsinnigen Passagen insgesamt als Makel vorwirft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2007

Hier wird manches gelobt und vieles getadelt an der Biografie Ernst Jüngers. Rezensent Lorenz Jäger kann sich alles in allem nur zu den Adjektiven "respektabel und redlich" durchringen. Gleich zu Anfang legt er die Latte sehr hoch und meint, eigentlich sei es eine "unmögliche Aufgabe", Jüngers Leben zu beschreiben. Drei Kunstgriffe macht Jäger aus, mit denen Kiesel sein Material strukturiert habe. Zum einen sei es, die "kulturelle Konstellation von Jüngers Geburtsjahr 1895" zu entwerfen, zum anderen die Heranziehung einer Geschichte "des neuen Sehens" - von der Fotografie bis zur Vogelperspektive des Flugzeugs -, und als dritten Kunstgriff bezeichnet er die "Historisierung" Jüngers. Letztere hat den Rezensenten am wenigsten überzeugt. Auch wenn er davon spricht, dass das Buch "reich an Einsichten" sei, zeigt uns Lorenz Jäger im Grunde vor allem, dass er das dort Verhandelte immer ein bisschen besser weiß als der Autor.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.10.2007

Ein wenig bedauert Rezensent Michael Rutschky, dass der Heidelberger Literaturwissenschaftler Helmut Kiesel zugunsten einer ruhigen Darstellung und Interpretation von Ernst Jüngers doch Aufsehen erregendem Leben so ganz auf erzählerisches Temperament verzichtet. Die Zurückhaltung des Autors hat jedoch auch ihre Stärken, findet Rutschky, und diese liegen für ihn in der sorgfältigen, auf Spekulationen verzichtenden Herauspräparierung und Zusammenführung der Schriften und Gedankengebäude und Jüngers Werdegang. Wobei auch manches unter den Tisch fällt, wie etwa der Einfluss von Nietzsches Nihilismus auf Jünger und Carl Schmitt in den entscheidenden zwanziger Jahren oder die Lebens- und Schaffenskrise Jüngers in den Fünfzigern. Der Untersuchung des Prosastils von Jünger kann Rutschky wiederum viel abgewinnen. Er stimmt Kiesels Diagnose zu, dass sich der literarische Formwille auf hohem Niveau bewegt, während die natur- und geschichtsphilosophischen Abhandlungen im Gesamtwerk marginal bleiben.