Hartmut Pogge von Strandmann

Imperialismus vom Grünen Tisch

Deutsche Kolonialpolitik zwischen wirtschaftlicher Ausbeutung und
Cover: Imperialismus vom Grünen Tisch
Ch. Links Verlag, Berlin 2009
ISBN 9783861535010
Kartoniert, 526 Seiten, 49,90 EUR

Klappentext

Wenn von deutscher Kolonialgeschichte die Rede ist, dann wird zumeist Leben und Herrschaft der Deutschen in Afrika, China oder der Südsee thematisiert. Unberücksichtigt bleibt, dass die Richtlinien der Kolonialpolitik in Berlin ausgearbeitet und dann den Kolonialbeamten vor Ort übermittelt wurden. Eine der wichtigsten Institutionen für einen solchen Imperialismus vom Grünen Tisch war der 1891 gegründete Kolonialrat. Dort debattierten Unternehmer, Missionarsvertreter und Koloniallobbyisten alle die Kolonien betreffenden Fragen und legten in Abstimmung mit der Regierung die Prioritäten der deutschen Kolonialpolitik fest. Dabei dominierten eindeutig wirtschaftliche und machtpolitische Interessen. Für eine zivilisatorisch bedingte Politik gegenüber der Kolonialbevölkerung blieb nur wenig Raum. Nach der zunehmend lauter werdenden Kritik im Reichstag wurde der Kolonialrat 1907/08 aufgelöst, 1911 und 1913 aber erneut in anderer Form einberufen. Hartmut Pogge von Strandmann stellt nun erstmals den Kolonialrat ins Zentrum einer wissenschaftlichen Untersuchung und analysiert auf der Basis bisher nicht ausgewerteten Quellenmaterials die Auseinandersetzungen und Entscheidungen dieses für die Kolonialpolitik wichtigsten Beratergremiums.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.09.2010

Dass der Autor Hartmut Pogge von Strandmann die Perspektive der Opfer nicht berücksichtigt, ist eigentlich ein Ding. Schließlich geht es um Kolonialpolitik vom grünen Tisch. Da wurde Sklaverei verhandelt! Michael Epkenhans hält den Blickwinkel des Autors dennoch für interessant. Über Bismarck-Deutschlands Interessen in Afrika (politisch, wirtschaftlich, was sonst) wird er bei Pogge prägnant informiert. Und mehr noch: der Autor nimmt sich den wenig bekannten Kolonialrat und seine Debatten vor. Und dass ist dann doch beklemmend zu lesen für den Rezensenten.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.03.2010

Laut Thomas Speckmann zeigt die "luzide" Studie des Oxforder Historikers Hartmut Pogge von Strandmann, wo die Triebfedern für eine deutsche Kolonialpolitik lagen. Am Beispiel des Bürgertums kann der Autor dem Rezensenten zeigen, wie sehr das British Empire dafür als Rollenmodell funktionierte und wie stark die nationale Akzeptanz für Deutschlands koloniale Ambitionen vor dem Ersten Weltkrieg wirklich war. In einem "überaus erhellendem" Kapitel des Bandes erfährt der Rezensent, wo die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen kaiserlichem und nationalsozialistischem Imperialismus lagen, etwa betreffend die militärische Strategie oder die Rolle deutscher Unternehmen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.10.2009

Andreas Eckert macht einen Trend zur Wiederentdeckung der deutschen Kolonialgeschichte seit ungefähr zehn Jahren aus, in die sich auch das Buch von Hartmut Pogge von Strandmann einfügt. Der bereits vor einigen Jahren emeritierte Professor für Geschichte in Oxford widmet sich in seiner Studie besonders gründlich dem bisher nicht systematisch erforschten Kolonialrat, einem 1891 gegründeten Beratungsgremium, und stellt dessen Geschichte dar, erklärt der Rezensent. Daneben gewinnt die Kolonialpolitik zwischen wirtschaftlichen und zivilisatorischen Interessen Kontur, stellt Eckert fest. Allerdings fällt ihm auf, dass sich der Autor kaum für kulturgeschichtliche Aspekte geschweige denn für die Praxis in den Kolonien und für die Kolonisierten selbst interessiert, und er hat nach eigenem Bekunden der Lektüre nicht wirklich neue Erkenntnisse entnehmen können. Vielleicht scheint Eckert deshalb diese Studie bei allem Kenntnisreichtum und der gründlichen Auswertung der Quellen auch historiografisch das "Parfüm der sechziger und siebziger Jahre" auszuströmen, auch wenn sich der Rezensent grundsätzlich interessiert zeigt.
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