Gioconda Belli

Die Verteidigung des Glücks

Erinnerungen an Liebe und Krieg
Cover: Die Verteidigung des Glücks
Carl Hanser Verlag, München 2001
ISBN 9783446199767
Gebunden, 414 Seiten, 23,52 EUR

Klappentext

Gioconda Belli, eine der exemplarischen Frauenfiguren Lateinamerikas erzählt: wie sie sich am Widerstand der Sandinistischen Befreiungsfront gegen die Somoza-Diktatur Nicaraguas beteiligt, wie sie trotzdem ihre zwei Töchter großzieht und wie sie gleichzeitig mit ihren Gedichten Weltruhm erlangt. Die Schilderung eines Lebens zwischen Liebe, Widerstand und Revolution.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.07.2001

In einer Doppelrezension bespricht Kersten Knipp zwei Bücher über die nicaraguanische Revolution und die anschließende Regierung der Sandinisten. Das Motiv beider Bücher sieht er im Wunsch der Autoren, die beide dem Widerstand gegen Somoza angehörten, nach einer Bestandsaufnahme. Die sei auch nötig, weil die neoliberalen Wirtschaftreformen in Nicaragua bislang wenig fruchteten und das Land noch immer zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas zähle.
1.) Gioconda Belli. "Die Verteidigung des Glücks" (Hanser Verlag)
Gioconda Belli, so der Rezensent, erzähle sehr plastisch von ihren abenteuerlichen Jahren im Untergrund. Sie berichte beredt von heroischen Taten im Widerstand, heimlichen Grenzübertritten oder auch klandestinen Flügen nach Panama. Auch darüber, was es heißt, in ständiger Angst vor den Häschern des Systems leben zu müssen, und mit welchen Kniffen die Spitzel zu täuschen sind, werde der Leser sehr extensiv informiert. Doch Belli nimmt dem Rezensenten dabei eine viel zu verklärend-romantische, ja gar nostalgische Haltung ein. Sehr verwundert zeigt Knipp sich zudem auch darüber, dass die Autorin dem Leser recht offenen Einblick in ihr reichlich genossenes Liebesleben gewährt.
2.) Sergio Ramirez: "Adios Muchachos" (Peter Hammer Verlag)
Demgegenüber gefällt Sergio Ramirez' Buch dem Rezensenten besser. Es sei sehr viel zurückhaltender, analytischer und auch selbstkritischer geschrieben, befindet er erfreut. Ramirez komme das große Verdienst zu, die populäre Behauptung zu relativieren, der zu Folge die Wahlniederlage der Sandinisten im Jahr 1990 vor allem auf den zermürbenden Krieg gegen die von den Anhängern des Ex-Diktators Somoza gegründeten und von den USA massiv unterstützten "Contras" zurückzuführen sei. Ramirez betont, dass die Sandinisten für ihre Niederlage auch selbst verantwortlich waren, indem sie nämlich Züge einer autoritär-leninistischen Kaderpartei annahmen. Dass sie dem politischen Gegner nach der Wahlniederlage dennoch die politische Macht überließen, hält Knipp, hierin ganz d'accord mit Ramirez, für die größte Leistung der Sandinisten. Jetzt, so schließt der Rezensent zufrieden, benötige Nicaragua das Know-How fähiger Ökonomen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.06.2001

Das Leben der Belli passiert in seiner Wechselhaftigkeit noch einmal Revue, "mit Schwung und Temperament", so Eberhard Falcke, der hier auch gleich sowas wie die Bildungsgeschichte einer weiblichen Emanzipation unter schwierigen Bedingungen wittert. "Schwierig" meint hier vor allem den politischen Kampf, den die Autorin auf Seiten der Guerillos in Nicaragua führte, aber auch die privaten Turbulenzen wie Ehebrüche, Affären, Geburten. Falcke macht das Spaß, die "uneitle Offenheit" Bellis, diese Menge an Stoff, durchweg aus persönlicher Sicht erzählt. Zu einem "exzellenten Werk der Memoirenliteratur", langt es aber nicht ganz: "Manchmal formuliert die temperamentvolle Frau dermaßen glutäugig, als wolle sie sich selbst zum Klischee stilisieren."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.05.2001

Gar nicht beeindruckt ist der Rezensent Uwe Stolzmann von der Autobiografie Gioconda Bellis, einst "Ikone der sandinistischen Revolution" und junge, revolutionärer Lyrikerin, heute Schriftstellerin in Kalifornien. Ihr spätes Werk bezeichnet der Rezensent als "peinliche Verse". Eine "Seifenoper" nennt er ihre Lebensgeschichte, das Buch ein "Selbstporträt einer entwurzelten Frau, die sich zurücksehnt in jene ferne Zeit, in der sie jung, begehrt und wichtig war", fast bemitleidenswert findet er ihre Art der Selbstdarstellung. Auch ihrem Schreibstil kann Stolzmann wenig abgewinnen: langweilig und literarisch uninteressant, lautet sein Urteil. Zudem kritisiert er die Autorin dafür, dass sie den Verlag gewechselt hat - seiner Einschätzung nach aus markttechnischem Kalkül.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.04.2001

Christina Nords Kritik an den Memoiren der Bestsellerautorin und ehemaligen Öffentlichkeitsarbeiterin der nicaraguanischen Befreiungsbewegung ist zwiespältig. Einerseits lobt sie die Autorin dafür, dass sie im Gegensatz zu Autoren wie Thomás Borges und Omar Cabezas "ungewohnt offene Töne" anschlägt und auch nicht an Kritik an der Sandinistische Befreiungsfront spart. Auch ihre Zurückhaltung bei "Ausschweifungen der militanten Literatur" lobt die Rezensentin als "großes Verdienst" der Lebenserinnerungen. Doch dann hagelt es scharfe Kritik: das Buch habe das stilistische "Niveau eines Arztromans" und spare nicht an Klischees und Plattheiten, moniert Nord, die sich besonders über den "differenzfeministischen" Unsinn aufregt, den Belli ausbreitet. Dabei fällt ihr auf, dass viele Motive aus den Romanen der Autorin in ihren Memoiren wieder auftauchen, was sie zu der Vermutung bringt, dass Belli sich ihr Leben in der Rückbesinnung auch ein wenig "veredelt" hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.04.2001

Klara Obermüller zeigt sich geteilter Meinung über dieses Buch. Einerseits weiß sie es sehr zu schätzen, dass die Autorin - anders als männliche Kollegen, wenn sie über Revolutionen in Lateinamerika schreiben - auch von Konflikten und dem Scheitern offen erzählt. So kritisiere Gioconda Belli an der sandinistischen Revolution durchaus offen die Ignoranz der Revolutionäre dem "Glück des Einzelnen" gegenüber und gehe auch auf ihre eigenen Schwierigkeiten als Frau unter den Revolutionären ein. Andererseits stört sich die Rezensentin ganz erheblich an der Eitelkeit der Autorin, "die bisweilen schwer erträglich sei". Ausgiebig kann man nach Obermüller nachlesen, wie gebildet Belli, wie begehrt in der Männerwelt und wie erfolgreich sie damit ist, ihren interessanten Beruf mit der Familie in Einklang zu bringen. Die Autorin werde "nicht müde", all ihre Erfolge immer wieder im Buch auszubreiten, und das bis "an die Grenze zum Kitsch", wie Obermüller moniert. Gut gefällt ihr wiederum, dass Belli in ihrem Buch geschickt zwei Zeitebenen verwendet - die des "revolutionären Aufbruchs" und die des Rückblicks.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.03.2001

Sybil Wagener sieht durch diese Autobiografie der nicaraguanischen Schriftstellerin mit der "Legenden der Kämpferin" aufgeräumt, als Belli in den siebziger Jahren weit über die Grenzen ihres Landes hinaus berühmt geworden ist. Das Buch mache deutlich, dass die Autorin entgegen ihrem Ruf so gut wie nie ein Gewehr in den Händen gehalten habe und "historiografisch relevante" Einzelheiten über die Sandinistische Revolution enthalte es auch nicht. Die Rezensentin moniert, dass die Autobiografie vieles nur andeutet und nicht wirklich reflektiert wird, dass Belli die Revolution lediglich als "Luxus betrieben hat". Gleichzeitig aber findet sie trotzdem, dass es eine "spannende" Lektüre ist, die eine "weibliche Erfolgsstory" zwischen der "Liebe, den Kindern, der Poesie und der Weltgeschichte" aufspannt.
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