Gert Loschütz

Dunkle Gesellschaft

Roman in zehn Regennächten
Cover: Dunkle Gesellschaft
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783627001292
Gebunden, 220 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Thomas, den Binnenschiffer, hat es von den Flüssen weg in die niedersächsische Provinz verschlagen, wo das Land weit ist und der Himmel tief hängt und ihn nachts die Unruhe aus dem Haus treibt. In zehn Regennächten erinnert er sich an phantastische Begebenheiten, an Stationen seiner Reise, auf die ihn das Leben geschickt hat. Immer wieder ist er dabei einer Gruppe von schwarzgekleideten Leuten begegnet, deren Auftauchen Unheil und Katastrophen ankündigt, eben jener dunklen Gesellschaft, vor der ihn schon sein Großvater gewarnt hatte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.10.2005

Beklommenheit und Glücksgefühl empfindet Christoph Schröder bei der Lektüre des jüngsten Romans von Gert Loschütz, den er als "literarisches Virtuosenstück" preist. In "zehn Regennächten", wie es im Untertitel heißt, begleitet der Roman den ehemaligen Binnenschiffer Thomas, der sich auf Spaziergängen an wichtige Situationen seines Lebens erinnert, fasst der Rezensent zusammen. In diesen Erinnerungen spielt die "dunkle Gesellschaft", die ihm begegnet, ganz gleich, wo er sich befindet, eine rätselhafte und unheimliche Rolle, denn in ihrem Gefolge passieren Morde und seltsame Unglücke, so Schröder weiter. Die einzelnen Episoden sind "kleine Meisterstücke", die eine "Atmosphäre des Unbehagens" erzeugen und gleichzeitig von einer äußerst präzisen und nüchternen Erzählweise geprägt sind, meint der Rezensent, der das Ergebnis dieses "formal-ästhetischen Widerspruchs" beeindruckend findet. Mit seiner "dunklen Gesellschaft" greife Loschütz den literarischen Topos des "Geisterschiffs" auf, der in der Gegenwartsliteratur nicht "gepflegt wird" und dem der Autor zwar die Mystik, nicht jedoch das Geheimnis entziehe. Übrigens erweist sich der Roman auch als "dunkle Liebesgeschichte", dazu will der Rezensent aber weiter nichts verraten. Dafür betont er, dass dieses Buch "vom ersten Satz an elektrisiert und irritiert" und auch nach Zuklappen noch Wirkung zeigt. Dieser Roman ist ein "wahrer Glücksfall", so Schröder enthusiastisch.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.10.2005

"Ehre und Ruhm" gebührt dem "fulminanten" Erinnerungsroman von Gerd Loschütz, meint Rezensentin Maja Rettig. Darin geht es um eine "dunkle Gesellschaft", schwarzgekleidete Gestalten, nach deren Anblick sich der Protagonist zahlreichen Katastrophen ausgesetzt sieht. Wer diese Gestalten sind, lässt der Autor im Dunkeln, die Rätsel, die sich dem Leser auftun, bleiben "unaufgelöst und unkommentiert". Und sie regen die Hauptfigur an, sich zurückzuziehen, Erinnerungen nachzuspüren und sich ihnen "mit Melancholie" hinzugeben. Besonders schön findet die Rezensentin, dass Loschütz zwar Tod und Schrecken beschreibt, sein Buch aber dennoch eine witzige Note und gewisse "Leichtigkeit" aufweist. Vor allem seine Sprache, die nicht "nebulös, sondern sehr genau und knapp" ist, erzeuge diese "leise Komik". Seine Bilder, dessen ist sich die Kritikerin sicher, werden "unvergesslichen Eingang ins Lesergedächtnis" finden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.10.2005

Trotz der Klarheit und Prägnanz der Sprache in diesem Roman von Gert Loschütz bleiben die Handlung und die darin auftauchenden Figuren "schemenhaft" wie "Wasserzeichen", stellt Ralf Berhorst fasziniert fest. Strukturiert wird das Buch durch zehn Regennacht-Wanderungen, während derer sich der Ich-Erzähler, Schiffer, der sein Steuermannspatent verloren hat, an verschiedene Stationen seines Lebens erinnert. Im Mittelpunkt aber steht eine ominöse "dunkle Gesellschaft", schwarz gekleidete Männer und Frauen auf einem Schiff, die immer wieder im Verlauf des Buches auftauchen und stets Unglück nach sich ziehen, erklärt der Rezensent. Das ganze aber einfach als "surreal" zu bezeichnen würde an der "luziden Unwirklichkeit" des Buches vorbeiführen. Auffallend ist der in jedem Kapitel wiederkehrende Spannungsaufbau mittels Verschwörungen, ungelöster Mordfälle oder rätselhafter Komplotte. Nichts von dem wird jemals aufgeklärt, was den Rezensenten ein wenig unbefriedigt zurück lässt. Und trotzdem, versichert Berhorst eingenommen, entwickelt dieser Roman "durchaus eine Sogkraft".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2005

Martin Krumbholz findet durchaus Gefallen daran, wie Gert Loschütz die Unsicherheit und das Rätselhafte unserer Existenz in diesen zehn, durchaus eigenständigen Erzählungen ausbreitet. Der ehemalige Flussschiffer Thomas denkt im niedersächsischen Exil, wo es ihm "gehörig ins Gemüt schifft", wie sich der Rezensent ausdrückt, über mysteriöse Begegnungen und Begebenheiten der Vergangenheit nach. Spannung entstehe dabei durch das "(schwarz)romantische" Szenario, das durch einen "stocknüchternen, ein wenig altdeutschen" Tonfall kontrastiert wird. Die ständige Möglichkeit des Irrtums begleitet den Protagonisten, aber auch den Leser von Anfang an. "Gezielt" werde er verwirrt und verunsichert, und wer noch glaubt, sich auszukennen, wird spätestens durch die "komplizierte Rückblendentechnik" ins Spekulative gedrängt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.09.2005

Hans Christoph Buch ist ganz dem "Sog" dieses Romans in zehn miteinander verflochtenen Geschichten erlegen und er beteuert, dass er dieses Buch "in einem Atemzug verschlungen" hat. Er preist die "sprachliche Dichte" und die poetische Kraft der darin evozierten Bilder, wobei es ihm besonders gefällt, dass der Text nicht ins "Vage verschwimmt", sondern durchaus "nüchtern-pragmatisch" daherkommt. Im Roman geht es um einen Flussschiffer, der auf den Flüssen in Europa und Nordamerika unterwegs ist und auf seinen Fahrten in verschiedenen Liebesbeziehungen und an verschiedenen Orten immer wieder "Schiffbruch erleidet", erklärt der Rezensent. Buch erkennt hier eine "metaphorische Verschlüsselung" der Schriftstellerexistenz, beeilt sich aber zu versichern, dass Gerd Loschütz diese "fast schon aufdringliche Symbolik" dennoch nicht in ein fantastisches "Niemandsland", sondern vielmehr an reale, sehr genau beschriebene Orte verlegt. Der Rezensent kann sich der Sogwirkung des Romans nicht entziehen, er beschwört die "knisternde Erotik" und die "kriminalistische Spannung", betont aber gleichzeitig, dass es sich weder um eine Sex-Geschichte noch um einen Krimi handelt, sondern eher um so etwas wie die "postmoderne Version der Sintflut".
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