Georg Klein

Miakro

Roman
Cover: Miakro
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2018
ISBN 9783498034108
Gebunden, 336 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Die Männer, die im Mittleren Büro ihren Dienst versehen, arbeiten, Pult neben Pult, am weichen Glas. Am Ende des Tages marschieren sie geschlossen zum aktuellen Nährflur, wo die bleiche Wand eine Speise für alle bereitstellt. Danach schlüpft jeder in seine Ruhekoje. Dort aber liegt Büroleiter Nettler seit einigen Nächten wach. Ein rätselhafter Binnenwind zieht ihm das Gestern, Heute, Morgen ungezählter Arbeitsjahre neu herbei. Allmählich geraten die Selbstverständlichkeiten des Bürolebens ins Wanken. Es hat den Anschein, die guten Tage seien gezählt. Gemeinsam mit drei mehr oder weniger vertrauenswürdigen Kollegen passiert Nettler die Schleuse, den einzigen Weg, der hinausführt aus dem Mittleren Büro. Draußen aber wird, was die Männer für ihre Arbeitsheimat hielten, bereits mit heller Wachsamkeit beobachtet. Fachleutnant Xazy, die leitende technische Agentin, hat begonnen, sich furchtlos um die Zwielichtzone des Natürlichen, um den Grenzbereich zwischen Außen- und Innenwelt, zu kümmern. So führt Georg Klein seine Figuren einem großen Gegenspieler in die Arme. Nicht alle werden den Frühlingsmorgen dämmern sehen. Aber das Licht des Phantastischen leuchtet hell über die Grenzen des Erwartbaren hinaus.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.03.2018

Rezensent Steffen Martus findet die detailreiche Welt, die Georg Klein in seinem phantastischen Roman "Miakro" entwirft, geradezu meisterhaft geschildert: Nettler ist Leiter des "mittleren Büros", eine Art organisches Gebäude, das lebt, wächst, sich ständig verändert und aus den Wänden Nahrung absondert. Zusammen mit einigen Kollegen bricht er auf, um zu erkunden, was außerhalb dieses Kosmos' liegt. Eine zweite Expedition, die von der ersten nichts weiß, arbeitet sich parallel dazu von außen nach innen vor, informiert der Rezensent. Nach ihm frönt Klein in diesem Roman einer "literarischen Ökonomie der Verschwendung", deren Fülle an Anspielungen ebenso wie Kleins sprachlicher Einfallsreichtum bespiegele, was "Miakro" selbst darstelle: ein überbordendes "Unding" wie das lebendige Büro selbst, das sich alles einverleibt und einen eigenen Kosmos darstellt. Damit zeugt das Buch vor allem von der Kraft und Dynamik der Poesie, staunt der beeindruckte Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.03.2018

Rezensent Thomas Steinfeld hat Georg Kleins Roman "Miakro" daran erinnert, wie er als Jugendlicher mit heißen Ohren Science Fiction und Abenteuerromane gelesen hat. Er staunt er das Fantastische, das bei Klein vor allem biologisch scheine: Die Figuren in "Miakro" leben und arbeiten im sogenannten mittleren Büro, das sie zugleich nährt, schützt und einschließt, was den Kritiker an eine große Gebärmutter denken lässt. Aber auch, wenn der Roman für den Rezensenten mit dem faszinierenden Fremden aufwartet, das für beide Genres so typisch ist, geht er nicht in ihnen auf, findet der Rezensent. Einerseits liege das daran, dass er Allegorienbildung ebenso konsequent einfordere wie sie wieder verpuffen zu lassen (Die Gebärmutter als Sozialstaat? Der Roman selbst als belebte Landschaft, die den Leser nährt?). Andererseits stelle hier die Sprache selbst das befremdliche Abenteuer dar, weshalb man sich zwar wie ein Jugendlicher auf "Miakro" einlassen müsse, sich ihm aber doch mit dem Verstand eines Erwachsenen nähern sollte: Dass Klein gerade mithilfe der Dichtung eine völlig andere Wirklichkeit erschafft, mache diese beglückend gegenwärtig, schließt Steinfeld.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.03.2018

Jens Uthoff rät zur andauernden Skepsis beim Lesen von Georg Kleins neuem Roman, ein Buch, das laut Rezensent mehr mit David Lynch zu tun hat als mit Franz Kafka oder Gelehrtenprosa. Das Ding, den "sperrigen Klotz", deutet Uthoff als Dystopie über die Zukunft der Digitalgesellschaft, in der Emotionen und Sex nur noch am Rand vorkommen. Wenn der Autor ihn in die sonderbare Welt des Mittleren und des Höheren Büros führt, wo die (menschlichen) Wesen versonnen über Glasoberflächen streichen, ist Uthoff beeindruckt von der dichten Sprache, dem gekonnten Wechsel der Erzählperspektiven und einer nur mit Mühe zu folgenden Dramaturgie. Umso toller, dass Klein mit diesem Text für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert ist, findet der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.03.2018

Rezensent Jan Wiele hat den Verdacht, dass Georg Klein nur spielen will. Den Ekel, den die Lektüre bei ihm oft verursacht, hat er da schon runtergeschluckt, ist über die Vorstellung, dass in Kleins Sci-Fi-Welt elastische Bürowände ihre Insassen verspeisen können und der Angestelltenroman vom Autor reichlich frei besiedelt und mit Wurmszenen ausgestaltet wird, weitergeeilt zum sprachschöpferischen Aspekt des Ganzen. Das Ganze eine einzige Sprachkritik? Möglich, meint der Rezensent. Aber ebensogut scheint ihm das Buch als Parodie auf das Humboldt-Forum durchgehen zu können.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.03.2018

Für Rezensent Philipp Theison ist Georg Klein einer der Meister des fantastischen Erzählens. Denn Klein vermag geschickt Okkultes mit Analyse zu verknüpfen, fährt der Kritiker fort, der sich von dem Autor in dessen neuen Roman "Miakro" mit in einen unterirdischen, lebenden Gebäudekomplex nehmen lässt, in dem fünf Gestalten hausen, während oberirdisch eine Naturkontrollagentin nach ihnen fahndet. Wie der Autor hier Reales und Imaginäres in einem dichten Referenznetz verwebt, dabei die "Entstehung des Kosmos aus der Sprachsubstanz" feiert, ringt dem Rezensenten größte Anerkennung ab. "Halluzinogene Prosa" vom Feinsten, meint er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.03.2018

Rezensentin Judith von Sternburg bekommt mit Georg Kleins neuem Buch das prächtigste und schaurigste Ding des Frühjahrs. Was der Autor hier vorlegt, ist Sternburg gar nicht ganz klar. Irgendetwas nahe am fantastischen Roman muss es sein, ahnt sie, denn was im Text eigentlich vorgeht und mit wem, kann die Rezensentin nur vermuten. Es gibt eine Außensonne und eine wilde Welt, Männer, die eine Arbeit verrichten, aber keine Sexualität und keinen Tod, einen Riesenpilz und etwas, das wächst. Hm. Wie der Autor das entwirft, auf der Mikroebene sehr detailliert nämlich, mit Sinn für Perspektivwechsel, aber ohne Psychologisierung und Erklärungen, findet Sternburg beeindruckend, beklemmend und ziemlich aufregend.