Doron Rabinovici

Die Einstellung

Roman
Cover: Die Einstellung
Suhrkamp Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783518430590
Gebunden, 224 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

August Becker ist der Star unter den Pressefotografen, seine Porträts sind unverwechselbar. Im aktuellen Wahlkampf um die Kanzlerschaft erhält er von einer liberalen Wochenzeitschrift den Auftrag, den Spitzenkandidaten einer populistischen Partei zu fotografieren. Ulli Popp hetzt gegen Migranten, gegen Frauen, gegen unabhängige Medien. August Becker soll den Mann hinter der Fassade von Fürsorglichkeit entlarven, seine Brutalität, seinen Zynismus, er soll den unaufhaltsam scheinenden Siegeszug seiner Partei stoppen. August verachtet Popp, er nimmt den Auftrag an, und tatsächlich gelingt ihm ein Schnappschuss, von dem er überzeugt ist, dass er den Ausgang der Wahl entscheidend beeinflussen wird - bis sich von einem Tag auf den anderen alle Gewissheiten ins Gegenteil verkehren. Doron Rabinovici erzählt in seinem neuen Roman von einer immer stärker polarisierten Gegenwart, einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft. Es geht um die Relativierung von Fakten, die Anziehungskraft des Autoritären, die Macht der Bilder. Es geht um den Kampf eines Populisten gegen einen Fotografen, der genau weiß, dass jede Aufnahme Zeugnis einer Einstellung ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.03.2022

Rezensent Stefan Michalzik erhält in Doron Rabinovicis neuem Buch "Die Einstellung" ein scharfes Abbild einer immer stärker vom Populismus geprägten Gesellschaft. Der 1961 in Tel Aviv geborene Autor lässt dafür seinen Protagonisten, den renommierten Pressefotografen August Becker, mit dem populistischen Politiker Ulli Popp agieren - Becker soll Fotos von Popp für ein Magazin schießen, was ihm gut gelingt, denn sein Bild hat das Potenzial, Popps Wahl zu vermasseln. Doch das Magazin entscheidet sich für ein anderes Foto, und das Geschehen schaukelt sich für Becker, der nach und nach und eigentlich unbeabsichtigt immer häufiger mit Popp verkehrt, hoch, bis der Protagonist seine Arbeit und seinen guten Ruf verliert, erzählt uns Michalzik. Rabinovicis gut in die unterhaltsame Handlung eingebundenen Figuren erinnern den Rezensenten mit ihren Konturen und den modellhaften Verdichtungen an das Ensemble eines guten Theaterstücks. Und auch wenn der Kritiker Einwände gegen das stellenweise Pathos und den schwachen Schluss erhebt, erscheint ihm das Buch in seiner Süffisanz amüsant und gewinnbringend.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2022

Für den Rezensenten Andreas Kilb ist Doron Rabinovicis Roman um einen eigentlich idealistischen Fotojournalisten und seinen zweifelhaften Coup mit Auftragsfotos für einen Populisten bloß triviale Kolportage "im Breitwandformat". Das Problem des parabolisch aufgezogenen Textes sieht Kilb dabei weniger in der überdeutlichen Handlung, sprechenden Namen und wohlfeilen Bildern als vielmehr in der Erzählhaltung und der "ästhetischen Moral" des Autors. Indem Rabinovici seine Figuren nur Erwartbares äußern lässt, ihnen keine diskursive Ebene zugesteht und er plakativ die Gegenwart zu erfassen sucht, entschlüpft ihm deren Wahrheit, glaubt der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.03.2022

Rezensentin Alexandra Föderl-Schmid erkennt, dass Doron Rabinovici in seinem Roman über die unguten Verquickungen von Macht und Medien nicht nur auf österreichische Verhältnisse anspielt. Leser können das Buch zwar gern als Schlüsselroman lesen und die Figuren und Geschehnisse im Text mit Personen des echten politischen und medialen Lebens in Österreich abgleichen, meint die Rezensentin, aber der Autor zielt über das Tagespolitische hinaus auf eine grundsätzliche Erzählung über die Macht der Bilder, erklärt sie. Das findet sie größtenteils gelungen. Weniger Klischees und differenziertere Figuren hätten der rasanten Geschichte allerdings nicht geschadet, erklärt sie.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 28.02.2022

Rezensent Fabian Wolff hätte sich einen eindeutigeren Bezug zu den Auswüchsen des Rechtspopulismus in Österreich gewünscht von Doron Rabinovicis Roman. Der Autor vermeidet dergleichen aber, um seinen Text allgemeingültiger zu halten, vermutet Wolff.  Als Politroman um das Wiener Medienmilieu und den Aufstieg eines Politfaschisten geht das Buch für ihn dennoch durch. Nur bleiben die Figuren größtenteils von innen hohl, weil der Autor bloß einen Diskurs analysiert. Gut gefällt ihm der Text, wenn er die populistischen Mechanismen und ihre Effekte beschreibt und dabei nicht ins Satirische kippt.