Amir Gudarzi

Das Ende ist nah

Roman
Cover: Das Ende ist nah
dtv, München 2023
ISBN 9783423290340
Gebunden, 416 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Während der Proteste im Iran 2009 ist der Student A. gezwungen, sein Land zu verlassen. Die Erinnerungen an eine Kindheit und Jugend voll Gewalt nimmt er mit. Aus einem Künstler wird ein Flüchtling in Österreich, der offen verachtet wird und in Lagern und Heimen nicht nur Einsamkeit und Verzweiflung, sondern auch Hunger und Demütigung ertragen muss. In Wien trifft er auf Sarah, die sich Hals über Kopf in ihn verliebt. A., der sich nicht öffnen kann, ist für sie Studienobjekt und Halt zugleich, obwohl er selber Halt sucht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.10.2023

Rezensent Martin Lhotzky liest den beeindruckenden Debütroman von Amir Gudarzi, der im Iran geboren wurde und vor der Gewalt und Unterdrückung dort nach Österreich floh. Lhotzky liest das Buch trotz gegenteiliger Versicherungen des Autors auch autobiografisch. Der Roman spielt um 2009, der Ich-Erzähler A. ist gerade nach Österreich gekommen, sein Aufenthaltsstatus ist unklar, der Wunsch, der Gewalt zu entkommen, erfüllt sich nur teilweise, sie nimmt hier andere Formen an, erfahren wir. A. ist dabei zwischen den verschiedenen Welten hin- und hergerissen, das spiegelt sich auch in der Sprache wider, die mal stakkatohaft abgehackt wirkt, mal poetische Stücke und Elemente aus dem Farsi integriert, so der Kritiker. Immer wieder lacht er bei Gudarzis feinsinnigem Humor auch auf, bei der geschilderten Gewalt weint aber nicht nur der Protagonist, gibt er zu diesem "ziemlich lesenswerten Buch" zu verstehen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.10.2023

Einen beeindruckenden wie bedrückenden Roman stellt Rezensentin Jolinde Hüchtker mit Amir Gudarzis Debüt vor. Wie auch der Autor ist der Protagonist aus dem Iran nach Österreich geflohen, vor Terror, Gewalt und physischen wie psychischen Verletzungen, die aber in Österreich weitergehen - wenn auch in anderer Form, Gudarzi vergleiche das nicht, versichert die Kritikerin. Ihr wird dennoch klar, dass sich Gewalt nicht nur in Terrorregimen ereignet. Sie kann auch in der Gleichgültigkeit gegenüber Flüchtlingen bestehen, das vermittelt ihr Gudarzi in "klarer, angenehm unprätentiöser Sprache", die ihre Kraft auch durch eingewobene Redewendungen erhalten, die der Autor aus seiner Muttersprache Farsi übernommen hat. Für die Kritikerin wirkt das manchmal fast wie eine weitere Flucht - eine Flucht in die Sprache, wie sie resümiert. Dass der Autor am Ende in Österreich angekommen zu sein scheint, nimmt sie erleichtert zur Kenntnis.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 07.10.2023

Anfangs lässt sich der Rezensent Maximilian Mengeringhaus hochinteressiert auf das Buch ein. Es handelt sich um einen autobiografischen Roman, der Protagonist scheint von seinem Autor nicht so weit entfernt zu sein, und seine Geschichte ist interessant: Er erzählt von seinen Schwierigkeiten als Dramatiker im Iran, wo er vor drohender Folter fliehen muss, und vom traurigen Ankommen im feindseligen Österreich. Dann aber legt der Rezensent den Roman doch entnervt zur Seite, zuviel Kunsteitelkeit, Geschwätzigkeit und Selbstverliebtheit des Autors verderben ihm das ambitionierte Romanprojekt. Als Roman, schließt der Rezensent, muss sich so ein Buch eben trotz aller Relevanz auch ästhetischer Beurteilung beugen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.10.2023

Beeindruckt ist Rezensentin Petra Pluwatsch von Amir Gudarzis Roman, der in unmissverständlicher Klarheit von der schwierigen Situation von Asylbewerbern in Europa erzählt. Gudarzis Alter Ego A. ist, wie der Autor, aus dem Iran geflohen und in Österreich gelandet, wo ihm Bürokratie und die Fremdenfeindlichkeit der Mehrheitsgesellschaft zusetzen, lesen wir. Es geht laut Kritiker auch um die Erinnerung an die brutale, männlich dominierte Welt, die er im Iran hinter sich gelassen hat, sowie um die gleichfalls oft hassgeprägten Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Volksgruppen in den Asylunterkünften. Eine Liebesgeschichte mit einer deutschen Studentin bleibt ein kurzer Hoffnungsschimmer. Die Rezensentin ist von der rasanten, oft die Erzählperspektive wechselnden Prosa auch in stilistischer Hinsicht angetan. Ein hartes, schonungsloses Debüt, so ihr positives Fazit.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.09.2023

Statt in Kanada ist der Protagonist dieses Romans im österreichischen Traiskirchen gelandet, erklärt Rezensent Thomas Hummitzsch die Prämisse von Amir Gudarzis Buch. Autor wie Figur sind aus dem Iran geflohen und müssen sich nun unter härtesten Bedingungen in Sammelunterkünften durchschlagen. Demütigungen, Gewalt und gähnende Langeweile gehen Hand in Hand, Gudarzi fügt dem aber noch weitere Perspektiven hinzu, erzählt der Kritiker: Sein Protagonist hat Zukunftsträume, eine sich anbahnende Beziehung scheitert aber, die Frau nimmt sich das Leben und soll im Roman mit Briefen rehabilitiert werden - ein Erzählstrang, der für den Kritiker nicht recht funktioniert. Gelungen findet er hingegen die Verbindungen der traumatischen Erfahrungen im Iran mit den schwierigen Bedingungen, unter denen A. jetzt lebt - Schwarzarbeit und rassistische Gewalt sind nur ein Teil davon. Ein Buch, das zum Nachdenken und zum Hinterfragen sozialer Gegebenheiten anregt, meint der überzeugte Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.08.2023

Gern liest Rezensent Moritz Baumstieger Amir Gudarzis autobiografischen Roman. Die Erzählung setzt im Iran und 15 Jahre in der Vergangenheit ein. Die Hauptfigur A. schreibt religionsskeptische Fernsehdrehbücher, so Baumstieger, und blickt auf eine von Armut und Gewalt geprägte Jugend zurück. Reflektiert wird hier unter anderem, so Baumstieger, die schon seit langem schwelende Frustration in der iranischen Bevölkerung, die bei vielen in eine Ablehnung des Islam umgeschlagen ist. Hauptsächlich spielt der Roman jedoch im österreichischen Exil. Dort, lernen wir, hat sich A., wie auch im echten Leben Gudarzi, eine Karriere als Dramatiker aufgebaut. Besonders überzeugen den Rezensenten jedoch Gudarzis Beschreibungen des alltäglichen Rassismus der österreichischen Mehrheitsgesellschaft.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 25.08.2023

Rezensentin Shirin Sojitrawalla liest mit Amir Gudarzis "Das Ende ist nah" ein eindringliches wie "dringliches Debüt" über einen Flüchtling und seinen sozialen Aufstieg, der zugleich ein "seelischer Absturz" ist. Einiges von dem, was sein Ich-Erzähler berichtet, hat der im Iran geborene Autor selbst erlebt, lesen wir. Doch Sojitrawalla zufolge zeugen die bedrückenden Schilderungen jener doppelten Ohnmacht und Haltlosigkeit, die der Flüchtling erlebt, nicht nur von erzählerischem Können. Nein, so schreibt nur jemand, der selbst erfahren hat, wie es sich anfühlt, weder hier noch dort ein Zuhause zu haben, weder hier noch dort willkommen zu sein, weder hier noch dort Wirksamkeit zu erleben, etwas tun zu können - gegen die Gewalt, gegen den Hass, für die Gesellschaft und für sich selbst. Gudarzi erzählt davon auf formal vielfältige und raffinierte Weise, in einem klaren, simplen - manchmal vielleicht etwas allzu simplen Ton. Das größere Problem jedoch ist eine Frauenfigur, deren Gedanken und Gefühlen Gudarzi viel Platz einräumt, die in dem filigranen Roman-Gewebe jedoch letztlich durchfällt. Die Dringlichkeit dieses Romans geht dadurch jedoch nicht verloren, versichert die Rezensentin.