Doris Dörrie

Das blaue Kleid

Roman
Cover: Das blaue Kleid
Diogenes Verlag, Zürich 2002
ISBN 9783257063196
Gebunden, 192 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Florian hat seinen Geliebten durch den Tod verloren, Babette ihren Mann. Die Suche nach dem blauen Kleid bringt beide zusammen. Geteiltes Leid ist halbes Leid? Wenn es nur so einfach wäre...

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.11.2002

Einen schalen Nachgeschmack empfand Susanne Messmer nach Lektüre von Doris Dörries neuem Roman, so als habe sie zu lange in der "Brigitte" geschwelgt oder bei einem Herbstspaziergang in hell erleuchtete Fenster geschaut und "schön schemenhaft" fremdes Leben erspäht, schreibt sie. Viel zu unscharf sind ihr nämlich die Figuren aus dem Roman, als dass sie wirklich Leben annehmen könnten, einerseits zu brav und andererseits penetrant "spritzig witzig", eine Kombination, die Messmer eh nicht einleuchten will. "Das blaue Kleid" erzählt von einem Mann und einer Frau, denen jeweils der Partner gestorben ist und die darüber zusammen- und später wieder auseinanderfinden. Hier vermutet Messmer einen Sympathieeffekt vor allem bei den Leserinnen, die wissen, dass Dörries Mann gestorben ist (ähnlich wie für Herbert Grönemeyers "Mensch"). Das Ende des Romans sei außerdem versöhnlich gehalten, verrät Messmer, es kehrt unerwartet Liebe ein - Mensch, Doris!

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.10.2002

Mit dem neuen Roman der Autorin und Filmemacherin, deren Bücher er anscheinend noch nie leiden konnte, geht Stephan Maus hart ins Gericht. Er echauffiert sich wortreich über die "rührselig inszenierte" Geschichte von Babette, Thomas und Florian und sehnt sich nach betäubenden Getränken, um die Lektüre zu überstehen. Maus macht sich ausgiebig lustig über dieses "Beziehungsdreieck aus Trauerklößen", dem er jegliche Originalität abspricht und wirft der Autorin vor, nur mit den "billigsten Effekten" zu jonglieren. Weder Handlung noch Stil überzeugen den Rezensenten im Mindesten, und er findet, dass Dörrie, der er den boshaften Beinamen "Tante Kummerkasten" verleiht, zu Unrecht ein besseres Image als Schriftstellerinnen wie Hera Lind hat. Nachdem er in beißendem Spott das Buch stilistisch mit einem "rührseligen Spot für Darmkrebsvorsorge" verglichen hat, lässt er noch mal seinen ganzen Zorn auf die Autorin niederprasseln. Er geißelt es als "empörend", dass Dörrie in ihrem Roman nicht das geringste Risiko eingeht und stattdessen lieber nach bewährtem "Strickmusterchen" ihre filmkompatiblen Ideen abspule. Deshalb rät er ihr auch am Schluss auch bissig, doch das Bücherschreiben ganz sein zu lassen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.08.2002

"Einen dunklen, ernsten Ton" hat "die Mutter der deutschen Beziehungskomödie" nach Ansicht von Rezensent Wilhelm Pauli in ihrem neuen Buch über zwei Witwen angeschlagen, das ihm recht gut gefiel. Vor ein paar Jahren ist Doris Dörries' Mann gestorben, informiert er uns, "und es wird sie gedrängt haben, sich - so gut es geht - die Ratlosigkeit vor dem Unausweichlichen von der Seele zu erzählen". So jedenfalls würden es die Protagonistinnen des Buches tun, Witwen und Verlassene "im Austausch ihrer Liebes- und Leidensgeschichten". Zwischendurch wird für den Rezensentengeschmack etwas zu locker mit dem Thema Tod umgegangen und auch das Happy End für die Witwen verläuft wohl einen Hauch zu sehr "nach Art deutscher Unterhaltungsware". Im Ganzen gefällt Pauli aber offensichtlich gerade die versöhnliche Haltung der Autorin dem Tod gegenüber.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.08.2002

Dass Doris Dörries Roman eher dem "delectare" als dem "prodesse" zugeneigt ist, verzeiht die Rezensentin Hannelore Schlaffer der Autorin gerne. Für sie ist diese "Auferstehungsgeschichte" der Überlebenden nach dem Tod ihrer Partner ein "heiteres Buch voller ermunternder Szenen", in der Dörrie mit "Bravour" die eher "absehbare Entwicklung" der Erzählung mit allerhand Unerwartetem und "Unvorhersehbarem" zu spicken weiß. Auch hat der Rezensentin gefallen, wie sich Dörrie ironisch von ihrem "symbolstiftenden Metier" distanziert, wenn sie zum Beispiel die beiden überlebenden Partner, die schließlich Liebhaber werden, genüsslich ein Skelett aus Zuckerguss aufessen lässt. Die Protagonistin ist weder "Witwe von Ephesus" noch "Eurydike", befindet die Rezensentin, und so kann auch nichts "Elegisches" dabei herauskommen, was den Roman "ein bisschen banal" macht, "aber dafür umso heiterer".
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