Martin Kluger

Abwesende Tiere

Roman
Cover: Abwesende Tiere
DuMont Verlag, Köln 2002
ISBN 9783832178215
Gebunden, 1040 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Ein aberwitziges Reich voller Rätsel - hinter der Ordnung von Parkwegen, Käfigen und Verwaltungsgebäuden öffnet sich ein Kosmos eigenwilligster Figuren und kaum auszulotender Abgründe: Kein Welttheater - ein Weltzoo. Dem gottgleichen Oberhaupt der Anlage ist die Frau abgehauen. Er rettet sich in die Entwürfe seines "Neuen Nachttierhauses", in wilde Eskapaden und immer bizzarere Wochenparolen, mit denen er sein Reich regiert. Der Professor für Schmerzforschung ist sein finsterer, unergründlicher Gegenspieler, der in seinem Privatlabor geheime Versuche an den "Augenkranken Tieren" anstellt. In den Einzelgänger verliebt sich Dorothee Matthes, die als angehende Zoologin eine Stelle im Garten antritt, um über Großkatzen zu forschen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.01.2003

Ein "grandioser", "herausragender" Roman ist das, ein "fantastisches literarisches Paralleluniversum", ein "schillerndes Panoptikum der conditio humana", ein spätromantisches Kunstwerk" - die Liste ließe sich fortsetzen, doch man merkt schon: für Martin Klugers Roman "Abwesende Tiere" ist der begeisterten Rezensentin Dorothea Dieckmann höchstes Lob gerade gut genug. Schauplatz des Buches ist der deutsche Zoo, außer von Tieren auch von lauter normalverrückten Figuren bevölkert, wie Dieckmann notiert, Prototypen der realen Welt und zugleich Allegorien der göttlichen Komödie. Die Handlung tanze rasant auf der Stelle, ein jeder folge seinen Obsessionen, Täter und Opfer wechseln ihre Positionen, Zukunft und Vergangenheit drehen sich im Kreis. Und wem dann auch der Hinweis auf Klugers "frappierende Sprachkunst", auf seinen ebenso zarten wie kräftigen Erzählfluss noch nicht genügt, dem erklärt Dieckmann, dass Kluger mit "Abwesende Tiere" außerdem "eine der schönsten und traurigsten" Liebesgeschichten der neueren Literatur geschrieben habe.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.12.2002

Burkhard Müller hat sich bei der Lektüre dieses Romans, der in einem Zoo spielt, nicht wenig geärgert und er kritisiert insgesamt, dass ihm etwas "seltsam Nachzüglerisches anhaftet". Die vielen Tiere bleiben "ebenso flach" wie die Protagonisten dieses Buches, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Figuren, ob Mensch oder Tier, nur durch Beschreibungen ihres Aussehens charakterisiert werden, moniert der Rezensent. Sich über Tierfilmer und Zoodirektoren lustig zu machen, sei längst nicht mehr komisch und gehöre in die Sphäre der 80er Jahre genauso wie die an Pynchon geschulte dekontruktivistische Erzählhaltung, wettert Müller weiter. Auch die Dialoge geben seiner Ansicht nach nichts her und sind so sterbenslangweilig wie banal. Und "keiner seiner Akteure hat es je eilig", stöhnt der Rezensent in zunehmender Verzweiflung. Einzig die Figur der spanisch-litauischen Halbjüdin Jali, die mit dem Vogelpfleger verbandelt ist, gewinnt Kontur, meint der Rezensent, und ihre Sprache ist ihm sogar mal ein kleines Lob wert. Müller äußert die Vermutung, dass der Roman nur deshalb so furchtbar lang geraten sei, weil den Autor der sportliche Ehrgeiz getrieben habe, die Tausend-Seiten-Marke zu überschreiten. Außerdem vermutet er etwas boshaft, dass nur die Erleichterung, das Buch auch durchgelesen zu haben, manchem Kritiker "Anlass zu feierlicher Stimmung" gegeben habe. Sein abschließendes Urteil fällt dann auch vernichtend aus: für diese vielen Seiten hat das Buch einfach nicht genug Tiefgang, schimpft er, und 40 Euro sind zudem "deutlich mehr" als er für ein "Stück Unterhaltungsliteratur" zu zahlen bereit ist.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.11.2002

Wilhelm Pauli ist hingerissen von diesem Zoo-Roman. In seiner schwungvollen Zusammenfassung des Inhalts gibt er einen Eindruck von der Fülle und der Originalität der Einfälle Klugers, wobei er ihm dennoch attestiert, sich "gezügelt zu haben". Neben der vor "Intelligenz, Schlagfertigkeit und Bösartigkeit" funkelnden Chronik des Zoolebens, die fast ein ganzes Jahrhundert umfasst, enthält der Roman auch eine bittersüße Liebesgeschichte zwischen einem Vogelpfleger und einer litauisch-spanischen Halbjüdin Jali, "wie man sie selten bekommt", schwärmt Pauli. Ihm gefallen auch die stilistischen Variationen in Ton und Tempo, und er meint, dass dadurch die Vielfalt der Ideen und der große Textumfang "erfrischt und stabilisiert" wird. Begeistert rühmt er die Mischung des Romans aus "Poesie, Zärtlichkeit und rüden Ausbrüchen" und er preist dieses Buch als ein Werk, das endlich mal wieder die Bezeichnung "Roman" verdient hat.
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