Detlef Linke

Die Freiheit und das Gehirn

Eine neurophilosophische Ethik
Cover: Die Freiheit und das Gehirn
C.H. Beck Verlag, München 2005
ISBN 9783406528743
Gebunden, 272 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Glaubt man einigen renommierten Vertretern der Hirnforschung, dann ist die Überzeugung von der grundsätzlichen Denk- und Handlungsfreiheit des Menschen eine zwar nützliche Vorstellung, aber eben doch nicht mehr als eine Illusion. Eine Ansicht, der Detlef B. Linke mit seinem neuen Buch entgegentritt. Danach gilt jenes Modell vom Gehirn, das längst entschieden habe, bevor uns ein Gedanke bewusst wird, keineswegs für alle Vorgänge des Denkens. Vor allem nicht bei den Reflexionsprozessen, die langfristigen Lebensentscheidungen und begründetem Handeln vorangehen. Mag das Gehirn auch "selbst" rasch entscheiden, ob wir einen Fuß heben oder den Kopf einem Geräusch zuwenden. Bei allen längerfristigen Fragen und in der Zukunft liegenden Zielen - z.B. denen nach dem richtigen Weg zu unserem individuellen Glück, nach den Normen und Werten unseres Handelns - befindet sich das Denken keineswegs außerhalb der individuellen Kontrolle. Sobald sich größere Zeitfenster auftun, besitzen wir die Fähigkeit, eine Szenerie verschiedener Denkinhalte und Handlungsalternativen zu entwerfen, zu korrigieren und gegebenenfalls auszuführen. Menschliche Kreativität ist in diesem Sinne der beste Beleg für die menschliche "Denk- und Handlungsfreiheit".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 12.07.2005

Zurückhaltend äußert sich Rezensent Bruno Preisendörfer über Detlef B. Linkes Buch "Die Freiheit und das Gehirn". Er hebt hervor, dass sich Linke im Unterschied zu vielen anderen Neurowissenschaftlern nicht von Konzepten wie Freiheit und Vernunft verabschieden möchte, sondern zu verteidigen sucht. Es sei, zitiert er den Autor, "überzogen, allein mit den Argumenten der Hirnforschung eine Entscheidung über Freiheitsbegriffe erzwingen zu wollen". Wie Preisendörfer berichtet, interessiert sich Linke vor allem für das Phänomen der Kollision zwischen verschiedenen Neuronenimpulsen. Dass er bei der Erläuterung dieses Phänomens auf eine poetische Metapher Hölderlins zurückgreift, verunklart nach Preisendörfers Ansicht allerdings das neurologische Problem. "Dieser Bezug", urteilt er, "ist genau genommen ornamental und bloß dem Wunsch geschuldet, den von den Hirnforschern arg gebeutelten Geisteswissenschaftlern freundlich zuzunicken." Generell findet Preisendörfer die Argumentationen Linkes in vorliegenden Buch "weniger linear" als "lianenhaft", ja "dschungelartig".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.03.2005

Als einen der "profiliertesten Grenzgänger zwischen Neurowissenschaften und Philosophie" würdigt Rezensent Michael Pauen den kürzlich verstorbenen Bonner Neurologen Detlef B. Linke, dessen Buch "Die Freiheit und das Gehirn" nun vorliegt. Die Problematik der Willensfreiheit ist nach Auskunft Pauens aber nur eines der vielen Themen, die das Buch anschneidet. Daneben gehe es um Kreativität und Liebe, um Individualität, die Neurotheologie und die Neuroökonomik und um eine "schwer fassbare" "Ethik des Denkens". Im Blick auf die Thematik der Willensfreiheit mache Linke darauf aufmerksam, dass Freiheit auch in einer determinierten Welt möglich sei; er plädiere für eine vorsichtige Interpretation der Libet-Experimente und verweise auf den Unterschied von Gründen und Ursachen. Dabei betone er, dass ein Freiheitsbegriff zu kurz griffe, würde er sich allein auf die menschliche Fähigkeit stützen, aus Gründen zu handeln. Zu Pauens Bedauern erschwert Linke mit seinen "oft unklaren Formulierungen" die Auseinandersetzung mit seinen Thesen zur Willensfreiheit. Für "problematisch" erachtet er zudem Linkes Einwand gegen Descartes? Dualismus von räumlichem Körper und raumlosem Geist. Auch Linkes Überlegungen zur Bedeutung des Katholizismus für Wolf Singers Freiheitsskepsis sieht Pauen skeptisch. Insgesamt findet er in Linkes Buch dennoch "viele treffende Bemerkungen". "Wer aber eine weiterführende Auseinandersetzung mit dem Problem von Freiheit und Hirnforschung sucht", resümiert Pauen, "der ist hier weniger gut aufgehoben."
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