Daniel Mendelsohn

Die Verlorenen

Eine Suche nach sechs von sechs Millionen
Cover: Die Verlorenen
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2010
ISBN 9783462041828
Gebunden, 633 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Eike Schönfeldt. Als Daniel Mendelsohn ein kleiner Junge war, begannen ältere Verwandte zu weinen, wenn er ein Zimmer betrat - so sehr ähnelte er seinem Großonkel Shmiel, der "von den Nazis ermordet" worden war. Mehr erfuhr Mendelsohn nicht über den Onkel, der mit seiner Frau und vier Töchtern in dem ukrainischen "Schtetl" Bolechow geblieben war, nachdem sein Bruder, Mendelsohns Großvater, nach Amerika ausgewandert war. Schon immer fasziniert von der Geschichte seiner Familie, machte er sich 2001, nachdem er auf alte Briefe aus Bolechow gestoßen war, auf die Suche, um herauszufinden, was mit Shmiel und seinen Angehörigen geschehen war. Das Ergebnis ist ein sehr persönlicher Bericht, ein Versuch, ganz neu über den Holocaust zu schreiben, der unter all den Schichten der Überlieferung nicht mehr zu erfassen zu sein scheint, und zugleich eine "Legende von Nähe und Distanz, Intimität und Gewalt, Liebe und Tod".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.10.2010

Geradezu unwahrscheinlich kommt es dem Rezensenten Nils Minkmar vor, mit welcher atemlosen Spannung er dieses Sachbuch Daniel Mendelsohns gelesen hat. Der erzählt darin sechs Schicksale von Vorfahren, die im Dritten Reich ermordet wurden. Das große Können Mendelsohns liege dabei darin, wie er seinen historischen Bericht angehe. Wie ein Literat nämlich, der gekonnt Stimmungen zeichnet und über die ganze Strecke einen geradezu kriminalromanartigen Spannungsbogen zu halten versteht. Dadurch trete jedes einzelne der hier durch die Recherchen rekonstruierten Schicksale plastisch vor Augen. Das besondere Verdienst des Buches sieht Minkmar deshalb darin, dass es Mendelsohn gelinge, den Holocaust "wieder in den Singular, zum Mord an diesen europäischen Juden, zu übersetzen".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.08.2010

Angela Gutzeit ist zutiefst beeindruckt von Daniel Mendelsohns groß angelegtem Versuch, das Schicksal von sechs Holocaust-Opfern, nämlicher der mit ihm verwandten Familie Jäger aus Galizien, in einer akribischen Spurensuche dem Vergessen zu entreißen. Emphatisch berichte der amerikanische Altphilologe von Rechercheglück oder Verzweiflung und mitunter sähen sich die Leser mit einer schier "erschlagenden" Fülle von Spuren konfrontiert, gibt die Rezensentin zu. Ein bisschen befremdlich erscheint Gutzeit auch, wie der Autor sich in das tragische Ende der Jägers einfühlt. Und dennoch ist dieses Buch für die Rezensentin sprachlich und von der Konstruktion her derart überwältigend, dass sie darin einen "atemberaubenden Versuch" preist, das individuelle Schicksal dieser sechs nicht nur vor dem Vergessen zu retten, sondern sie in die großen mythologischen und biblischen Erzählungen einzufügen.