Dag Solstad

T. Singer

Roman
Cover: T. Singer
Dörlemann Verlag, Zürich 2019
ISBN 9783038200659
Gebunden, 280 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Norwegischen von Ina Kronenberger. Singer ist vierunddrei?ig und hat gerade die Ausbildung zum Bibliothekar abgeschlossen, als er mit dem Zug in der Kleinstadt Notodden ankommt, um ein neues Leben zu beginnen. Er verliebt sich in Merete, eine Töpferin, und zieht mit ihr und ihrer kleinen Tochter zusammen. Im Lauf der Jahre beginnt die Beziehung zu bröckeln. Und gerade als sich das Paar scheiden lassen will, nimmt Singers Schicksal durch einen Autounfall eine unerwartete Wendung.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.10.2019

Jens Uthoff wird glücklich mit den kleinen Alltagshelden von Dag Solstads "T. Singer". Der 1999 im norwegischen Original erschienene Roman in der "kongenialen" Übersetzung von Ina Kronenberger erfreut Uthoff mit einem paranoiden Kauz der Sonderklasse. Ansonsten von großartiger Mittelmäßigkeit nimmt ihn die Figur mit in eine Kausrismäki-Welt, in der das Leben ereignislos seinen Lauf zu nehmen und alle aneinander vorbei zu existieren scheinen. Stilistisch scheint Uthoff der Autor auf der Höhe seiner Kunst, elegant und vielschichtig im Umgang mit Erzählzeit und Erzählebenen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 04.10.2019

Rezensentin Angela Gutzeit ist fasziniert von Dag Solstads Roman, der in Norwegen schon vor zwanzig Jahren und nun auch auf Deutsch erschienen ist. Wie schon in anderen Solstadt-Romanen geht es um einen abgekapselten Außenseiter, hier um T. Singer, der ein Leben voller Misserfolge führt und ein ausgeprägtes Schamgefühl hat. Gutzeit ist dabei vor allem von Solstads besonderem Erzählstil beeindruckt, den sie mit dem "genüsslich sezierenden" Blick eines Forschers vergleicht. In der Figur des verblendeten Antihelden erkennt Gutzeit den Einfluss Henrik Ibsens auf den Autor, und der Romananfang erinnert sie in seiner Eindrücklichkeit an Günter Grass oder Uwe Johnson. Schließlich bezieht die Rezensentin auch gesellschaftspolitische und biografische Hintergründe des Autors mit ein, indem sie auf das Engagement Solstads gegen den Kapitalismus verweist. Das Gesellschaftliche mit dem Individuellen zu verbinden und stilistisch zu gestalten, sei Solstad auch in diesem Roman "glänzend gelungen", schließt die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.08.2019

Mit Bewunderung liest Rezensent Wolfgang Hottner Dag Solstads großen Roman "T. Singer", den der Dörlemann Verlag zwanzig Jahre nach seinem Erscheinen endlich auf Deutsch herausbringt. Hottner hält "T. Singer" für Solstads wichtigsten Roman, er erzählt von einem verstockten Langeweiler, der sein Leben in alltäglicher Routine in Bibliotheken fristet: identitätslos, wunschlos, fantasielos. Weder Glück noch Unglück, weder Liebe noch Tod können diesen Mann aus seiner inneren Anspruchslosigkeit ziehen. Dass Solstad überhaupt ein solches Leben erzählen kann, grenzt für den Rezensenten an ein Wunder, doch hält ihn nicht nur Solstads präzise, flie?ende Prosa bei der Stange, sondern auch die sanfte Ironie, die trotz Singers Weltlosigkeit auf dem Erzählenwollen beharrt. Der Rezensent kann nur bewundern, wie elegant Solstad dem Norwegen der neunziger Jahre vorhielt, dass ein solch unpolitisches, aufs Private zurückgezogene Leben einfach nicht reicht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.07.2019

Rezensent Matthias Hannemann bedauert, dass die Übersetzungen der Romane von Dag Solstad und ihr Erscheinen auf Deutsch stets einige Jahre brauchen. Den vorliegenden Text von 1999 verschlingt er umso gieriger, wenngleich es darin vor allem um die "lähmenden Gedankenschleifen" eines in totalem gesellschaftlichem Rückzug befindlichen Bibliothekars geht. Langweilig ist es mitnichten, versichert der Rezensent, wenn Solstad einmal mehr von einem Mann am Rand des Zusammenbruchs berichtet, ohne wirklichen Höhepunkt zwar, wie Hannemann einräumt, dafür mit viel Sinn für Tragik, Lebensrollen und Identitätsfragen und mit einem einnehmenden ironischen Stil.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 29.06.2019

Rezensent Michael Opitz hat dieses Buch regelrecht verzaubert: Der Protagonist, der dem Roman auch seinen Titel verleiht, lebt seit dem Unfalltod seiner Frau in der Angst, es könne herauskommen, dass sie sich von ihm trennen wollte. Seitdem versucht er so unauffällig wie möglich zu leben, erzählt der amüsierte Kritiker. Fasziniert beobachtet Opitz, wie der Autor seine scheinbar unauffällige Figur mit winzigen neuen Informationen immer wieder davor bewahrt, vom Leser endgültig durchschaut zu werden, und damit durchaus philosophische Fragen aufwirft. Darüber hinaus bewundert der Rezensent den Stil Solstads, "dessen musikalische Sprache etwas Verführerisches besitzt", wie er findet. Er wünscht sich mehr Lesestoff von diesem Autor.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.03.2019

Aldo Keel liest Dag Solstads Roman von 1999 mit Entzücken. Die Zurückhaltung und Schamhaftigkeit, die der Text seiner Meinung nach feiert, indem er die Geschichte eines Mannes erzählt, der am liebsten unerkannt durchs Leben geht, scheint Keel als Antithese zur Bekenntnislust unserer Zeit und zum Knausgard-Kult zu taugen. Wie der Autor seinen Antihelden durch Liebes- und Ehezeiten begleitet, zwischen "ironischem Abstand und existenziellem Ernst" schwankend, findet Keel lesenswert.
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