Christian Füller

Sündenfall

Wie die Reformschule ihre Ideale missbrauchte
Cover: Sündenfall
DuMont Verlag, Köln 2011
ISBN 9783832196349
Gebunden, 256 Seiten, 18,99 EUR

Klappentext

Viele gute Ideen haben wir der Reformpädagogik zu verdanken. Doch die Fähigkeit zur Selbstkritik scheint ihr bisweilen zu fehlen mit fatalen Folgen für die ihr anvertrauten Schützlinge. Die Odenwaldschule galt fast hundert Jahre lang als das reformpädagogische Vorzeigeinternat und war doch Schauplatz eines unheimlichen Lehrstücks. Während man den Schulleiter Gerold Becker als charismatischen Superlehrer feierte, ließ dieser alle Formen sexuellen Missbrauchs zu und beging sie selbst. Christian Füller stellt in "Sündenfall" die entscheidende Frage: ob nicht der Missbrauch die Achillesferse der Reformpädagogik ist. Nur wenn sich die Reformpädagogen mit der Nähe zwischen Lehrern und Schülern aufrichtig auseinandersetzen, können sie ihre Integrität zurückgewinnen und Schüler geschützt werden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.03.2011

Warnschilder wie dieses Buch kann es laut Jörg Schindler schon darum nicht genug geben, weil nicht jeder aus Schaden klug wird, wie er schreibt. Weil ihm die Versuche, etwa Hartmut von Hentigs, den Fall Odenwaldschule zu verharmlosen und die Reformpädagogik in Schutz zu nehmen, unheimlich erscheinen. Dass der taz-Journalist Christian Füller sich mit seiner Nachlese zum "System Odenwaldschule" dieser Warnung verschreibt, indem er bis heute unbeantwortete Fragen, so die nach einem etwaigen ursächlichen Zusammenhang von Reformpädagogik und Pädokriminalität, eindringlich stellt, hält Schindler für höchst anerkennenswert. Auch wenn Füller nicht jede Frage auch beantworten kann, meint Schindler, so biete das Buch doch genug neue Einsichten, beispielsweise darüber, wie Gerold Becker seinen Kopf immer wieder aus der Schlinge ziehen konnte, die den Skandal noch ungeheuerlicher machen. Dahinter steckt der Hang zum Selbstbetrug, zum Schweigen und Wegsehen, lernt der Rezensent, und der ist noch immer weit verbreitet.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.03.2011

Nicht ganz leicht zu verknusen war für Gunter Hofmann dieses Buch des taz-Bildungsredakteurs Christian Füller, der darin den Missbrauchsskandal an der Odenwaldschule aufzuarbeiten versucht. Füller widmet den Erfahrungen der missbrauchten Schüler breiten Raum, diskutiert die alles duldende Atmosphäre in der taz und stellt sich selbst in Frage, da er beim Aufkommen der ersten Berichte über den Missbrauch 1999 nicht reagierte. Soweit geht Hofmann noch d'accord. Die Vorwürfe, die Füller jedoch gegen das liberale Vorzeigemilieu erhebt, zu dessen Galionsfiguren die Reformpädagogen Hartmut von Hentig, Gerold Becker und Hellmut Becker, aber auch Zeit-Herausgeberin Marion Dönhoff gehörten, die will Hofmann so nicht gelten lassen. Dass es sich hier um eine "Täterlobby" handele, die sich zum Teil aus ostpreußischen Adelsgesellschaften oder George-Kreisen kannte und eine autoritäre Elitenerziehung unter liberalen Vorzeichen plante, das geht Hofmann zu weit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.03.2011

Hoch anrechnen möchte Rezensent Tanjev Schultz dem Autor seine offene Auseinandersetzung mit dem Missbrauch an der Odenwald-Schule, die auch vor der Verstrickung von ehemaligen taz-Kollegen nicht halt macht. Den aus langen Gesprächen mit Betroffenen entstandenen Report findet Schultz so packend wie informativ (etwa betreffend die Reformpädagogik und ihre Akteure oder die Studentenzeit Gerold Beckers). Allerdings weiß Schultz auch um die Begrenztheit der Leserschaft für so ein Buch. Interessant sei es für die Betroffenen und Menschen, die mit der Odenwaldschule zu tun hatten oder haben. Den schmalen Grat zwischen Aufklärung und Retraumatisierung der Opfer begeht der Autor nach Schultz' Dafürhalten allerdings recht geschickt, so dass der Band dem oben erwähnten Leserkreis zu empfehlen ist.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.03.2011

Warnschilder wie dieses Buch kann es laut Rezensent Jörg Schindler schon darum nicht genug geben, weil nicht jeder aus Schaden klug wird, wie er schreibt. Weil ihm die Versuche, etwa Hartmut von Hentigs, den Fall Odenwaldschule zu verharmlosen und die Reformpädagogik in Schutz zu nehmen, unheimlich erscheinen. Dass der taz-Journalist Christian Füller sich mit seiner Nachlese zum "System Odenwaldschule" dieser Warnung verschreibt, indem er bis heute unbeantwortete Fragen, so die nach einem etwaigen ursächlichen Zusammenhang von Reformpädagogik und Pädokriminalität, eindringlich stellt, hält Schindler für höchst anerkennenswert. Auch wenn Füller nicht jede Frage auch beantworten kann, meint Schindler, so biete das Buch doch genug neue Einsichten - beispielsweise darüber, wie Gerold Becker seinen Kopf immer wieder aus der Schlinge ziehen konnte - die den Skandal noch ungeheuerlicher machen. Dahinter steckt der Hang zum Selbstbetrug, zum Schweigen und Wegsehen, lernt der Rezensent, und der ist noch immer weit verbreitet.

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