Charles Lewinsky

Johannistag

Roman
Cover: Johannistag
Haffmans Verlag, Zürich 2000
ISBN 9783251004874
Gebunden, 319 Seiten, 19,94 EUR

Klappentext

"Die Welt ist tausend Schritte lang." Diese Welt heißt Vortillon und ist ein kleines, verschlafenes Dorf im Süden Frankreichs. Hier gibt es nur zwei Straßen, einen Bürgermeister, der zweimal in der Wochen für eine halbe Stunde in der mairie residiert, einen gewesenen Richter, "noch aus dem 19. Jahrhundert", wie er selbst sagt, außerdem den Hof des Pferdebauern und einen Bahnhof, an dem seit Jahren kein Zug mehr hält und wo jetzt der alte Bahnwärter Charbonnier mit seiner Frau und der 15jährigen Tochter, die immer eine Zigarette in ihrem Engelsgesicht hat, zur Miete wohnt. Da wären außerdem der dicke Jojo, den man glücklich machen kann, wenn man eine Streichholzschachtel für ihn dabei hat, und der Polizist Deschamps. Genau in der Mitte wohnt Mademoiselle Millotte, eine kokette Greisin im Rollstuhl, die das Dofleben überwacht. Jetzt soll auf einer Weise, wo der Fluss am nächsten ist, ein großer Freizeitpark entstehen. Es kommt zum Streit. Alte, sehr alte Geschichten werden wieder lebendig. Es ist wie ein Feuer, das um sich greift. Ein aus der Kontrolle geratenes, gewaltiges Johannisfeuer.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.02.2001

Alexander Kissler gesteht, dass er dem Autor ein "derart fulminantes Werk" eigentlich nicht zugetraut hätte. Zwar hat er an der ein oder anderen Stelle etwas auszusetzen. So findet er etwa die "Spannungsdramaturgie lehrbuchmäßig" und auch die "mechanische Abfolge von Liebesleid und Spürsinn" hat den Rezensenten nicht direkt begeistert. Doch dafür entschädige Lewinsky den Leser mit einer äußerst gelungenen Zeichnung gleich einer ganzen Anzahl von unverwechselbaren Charakteren, einer einfühlsamen Schilderung dörflicher Katastrophen und Beziehungen sowie dem Scheitern und dem Selbstbetrug des Lehrers, der seine eigene Vergangenheit idealisiert. Hier sieht Kissler offenbar einen Wink an die 68er-Generation, die "Revolutionen erhoffte und Selbstgerechtigkeit erntete". Nicht zuletzt erweist sich Lewinsky in diesem Buch, wie Kissler begeistert feststellt, als "sprachmächtiger und kluger Romancier".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.09.2000

Ein großes Lob von Manfred Papst für Lewinsky, den "Quotenmatador" des Schweizer Fernsehens, der durch seine beliebten Sitcoms "Fascht e Familie" und "Fertig luschtig" jedem Kind ein Begriff ist. Aber nicht dafür lobt ihn Papst, das Lob gilt dem "sensiblen, umsichtigen und eigenständigen Erzähler" dieser Geschichte. Darin geht es um ein Dorf, dessen Menschen und politische Konflikte der Held, ein wegen einer Liebesgeschichte mit einer Schülerin entlassener Lehrer, in Briefen an seine Geliebte beschreibt. Und obgleich irgendwann Handlung und Kriminalistisches die Erzählung übernehmen, zeigen, so Papst, die ersten 90 Seiten, was Lewinsky "wirklich kann", nämlich eine kleine Welt voll tiefer, böser Erinnerung handwerklich, sprachlich und dramaturgisch überzeugend zu schildern. Sein Urteil: Lewinsky ist "auf dem Weg zur großen Form".