Anthony C. Grayling

Die toten Städte

Waren die alliierten Bombenangriffe Kriegsverbrechen?
Cover: Die toten Städte
C. Bertelsmann Verlag, München 2007
ISBN 9783570008454
Gebunden, 414 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Thorsten Schmidt. War die alliierte Bombardierung von Hamburg, Dresden oder Hiroshima ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Diese Frage gehört zu den großen moralischen Disputen über historisches Geschehen. Denn obgleich die Debatte um Schuld und moralische Rechtfertigung immer noch starke Emotionen weckt, ist es 60 Jahre später endlich möglich, auch die Besiegten als Opfer wahrzunehmen. Es geht Grayling nicht um eine Aufrechnung mit den unvergleichlichen Verbrechen des Naziregimes. Doch Schuld bleibt Schuld. Die Angriffe gegen Städte und Zivilbevölkerung haben die Moral nicht geschwächt und den Krieg nicht verkürzt. Sie sind durch nichts zu rechtfertigen. In diesem Buch werden sie zum ersten Mal von englischer Seite verurteilt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.08.2007

Anerkennend äußert sich Rezensent Rolf-Dieter Müller über A. C. Graylings Buch über den britischen Bombenkrieg gegen Deutschland. Neben einer Schilderung des Bombenkriegs, wie man sie auch aus anderen Büchern kennt, und einer Beschreibung der Erfahrungen der Bombardierten findet er in dem wie eine Gerichtsverhandlung angelegten Buch auch eine Auseinandersetzung mit den Befürwortern und den Gegnern der Bombenangriffe, die er für seine Sorgfalt und Fairness lobt, sowie eine moralische Beurteilung der Flächenangriffe. Müller unterstreicht, dass Grayling die Bombenangriffe auf militärisch und wirtschaftlich bedeutsame Ziele für gerechtfertigt hält, da die Alliierten einen gerechten Krieg geführt hätten. Im Blick auf die Flächenoffensiven gegen die deutsche Zivilbevölkerung halte der Autor die Berufung auf Notwehr und Kriegsnotwendigkeiten für nicht überzeugend und verurteile sie als "Verbrechen im moralischen Sinne". Müller gibt allerdings zu bedenken, nachträglich lasse sich immer leichter urteilen. Gleichwohl hält er fest, dass die "sehr gut lesbaren" und "interessanten" Überlegungen des Autors Beachtung verdienen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.07.2007

Einige Bedenken hat Rezensent Ulrich Teusch bei A.C. Graylings Buch über den alliierten Bombenkrieg gegen Deutschland, das auch eine "moralphilosophische" Beurteilung der Bombenangriffe geben will. Zwar bescheinigt er dem Autor, seine Kernaussagen, der Krieg der Alliierten gegen Nazi-Deutschland sei legitim gewesen, die Flächenbombardements gegen die Zivilbevölkerung hingegen nicht, durchaus gut zu begründen. Aber überzeugen kann ihn das Werk alles in allem dennoch nicht. Ihn stört vor allem Graylings Inszenierung seiner Auseinandersetzung mit den Flächenbombardements "nach Art einer Gerichtsshow", bei der der Autor nicht nur die Rollen von Ankläger und Richter übernehme sondern auch die Argumente der Verteidigung antizipiere und - natürlich - widerlege. Zudem scheinen ihm die theoretischen Grundlagen von Graylings Argumentation bisweilen zweifelhaft, insbesondere der Rückgriff auf die mittelalterliche Lehre vom "gerechten Krieg". Schließlich hält er ihm vor, den "moralischen Grauzonen" seiner Thematik nicht wirklich gerecht zu werden.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.03.2007

Als kritisch und klug bezeichnet Stefan Reinecke A. C. Graylings Analyse des britischen Bombenkrieges. Dass sich der Autor der geschichtspolitischen Sensibilität des Themas bewusst ist und "ohne Polemik" dialektisch zu einem Urteil gelangt, hält er für eine wichtige Voraussetzung. "Präzise" erscheint ihm Graylings Einschätzung des Bombenkrieges als "moralisches Verbrechen", weil es 1945 keine völkerrechtlich verbindlichen Normen über den Luftkrieg gegeben habe. Das Buch schätzt Reinecke als Beitrag zur "historischen Selbstaufklärung der Briten" und als Verständnishilfe: Den Schrecken des gezielten Angriffs auf die Zivilbevölkerung verstehe man nach dieser Lektüre besser.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.02.2007

Rezensent Rudolf Walther lobt dieses Buch des britischen Philosophen und Publizisten über den Bombenkrieg, das seinen Informationen beinahe zeitgleich mit der britischen Ausgabe von Jörg Friedrichs "Der Brand" erschien. Doch anders als Friedrich, dessen apologetische Thesen für den Geschmack des Rezensenten zu larmoyant, pathetisch und kitschig daherkommen, besticht ihn Anthony C. Graylings mit sorgfältiger Abwägung der Argumente. Das britische Bombardement deutscher Städte habe damals keine völkerrechtlichen Normen verletzt, wohl aber sittliche, so der Befund. Obwohl Graylings Verständnis für die historische Situation des Krieges gegen Hitlerdeutschland zeige, entziehe er mit enormer historischer Detailkenntnis und Akribie jeder Rechtfertigung des Flächenbombardements der deutschen Städte den Boden. Zwar hätten, gibt der Rezensent Graylings zentrales Argument wieder, die Alliierten einen gerechten Krieg geführt, wären aber in wichtigen Aspekten "moralisch genauso tief wie ihre Gegner" gesunken. Der Autor rechne dabei keine Verbrechen gegeneinander auf, rege aber eine längst fällige Debatte über erlaubte und verwerfliche Formen der Kriegsführung an.

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