Volker Hage

Zeugen der Zerstörung

Die Literaten und der Luftkrieg
Cover: Zeugen der Zerstörung
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783100289018
Gebunden, 288 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

W.G. Sebalds These, das die deutsche Literatur dem Luftkrieg, seinen Opfern und Ruinen gegenüber blind und taubgeblieben sei, hat in den letzten Jahren zu einer der wichtigsten und fruchtbarsten literarischen Debatten geführt. Volker Hage hat sich von Anfang an intensiv mit diesem Thema beschäftigt und kommt in seinem ausführlichen und abschließenden Essay zu dem überraschenden Befund, dass nicht die Literatur, sondern ihre Rezeption den Luftkrieg unterschlug. Volker Hage führte zudem zahlreiche Gespräche mit Schriftstellern über ihre traumatischen Erfahrung des Luftkrieges, die dieser Band zum ersten Mal zusammenträgt: Wolf Biermann, Dieter Forte, Rolf Hochhuth, Walter Kempowski, Alexander Kluge, Monika Maron, Harry Mulisch, Marcel Reich-Ranicki, Gerhard Roth, W.G. Sebald sowie Kurt Vonnegut.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.12.2003

Volker Hages Buch versteht sich als Antwort auf W.G. Sebald und den "Schlusspunkt" unter die von diesem angestoßene Debatte über das Schweigen der deutschen Literatur zum Luftkrieg. Hatte Sebald Recht oder nicht? Er hatte nicht unrecht, konstatiert Uwe Schütte nach der Lektüre dieser verdienstvollen Veröffentlichung, die im ersten Teil ausführliche den Bestand des literarischen Verarbeitungen des Luftkriegs aufnimmt. Ergebnis: Es gab viel, auch in deutscher Literatur, aber die Qualität war oft sehr gering, und die ausführlichsten Auseinandersetzungen mit dem Thema stehen in den Werken ausländischer Autoren. Deutsche Schriftsteller dagegen "schwiegen oft aus moralischer Scham". Aber: "Die mangelnde Präsenz des Luftkriegs in der Literatur", zitiert Schütte den Autor, "ist weniger ein Problem der literarischen Produktion, sondern eines mangelhafter Rezeption." Im zweiten Teil, informiert Schütte, schließen sich Gespräche mit Autoren - Zeitzeugen wie Nachgeborenen - an, in denen "die moralische Komplexität derartiger Kriegsführung anhand konkreter Lebensläufe deutlich" werde. Fazit: Ein aufschlussreiches und angesichts der immer häufigeren Bombardierung von Städten in der Gegenwart ein ungemein aktuelles Buch.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 27.08.2003

Überzeugend und "angenehm unrechthaberisch" findet Rezensent Gerrit Bartels diese Studie von Volker Hage über die in ihrer Kindheit durch den 2. Weltkrieg geprägten deutschen Literaten. Man könne diese Publikation als "einen Versuch" betrachten, W.G. Sebalds These "vom fast totalen Schweigen der deutschen Nachkriegsliteratur zum alliierten Bombenkrieg zu widerlegen". Dem Autor sei dies denn auch im ersten Teil des Buches durch eine nachvollziehbare "akribische Beweisführung" gelungen, findet Bartels. Bei genauerer Betrachtung stelle sich heraus, dass der "Luftkrieg" durchaus zahlreiche Spuren in der Literatur hinterlassen habe. Allerdings sieht der Rezensent die von ihm als "aufschlussreich" bewerteten Interviews mit diversen betroffenen Autoren tatsächlich als Beleg für die von Sebald aufgestellten Thesen. Zu Tage gefördert würden dabei die "Nöte mit der Erinnerung" und die "psychischen Hemmschwellen" der Literaten. Und der Rezensent zitiert Dieter Forte: "Das Trauma sei zum Tabu geworden".

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