Aki Shimazaki

Tsubaki

Roman
Cover: Tsubaki
Antje Kunstmann Verlag, München 2003
ISBN 9783888973222
Gebunden, 120 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Bernd Wilczek "Es gibt Grausamkeiten, die man nie vergisst. Für mich waren das weder der Krieg noch die Atombombe." In dem Brief, den eine Nagasaki-Überlebende ihrer Tochter hinterlässt, enthüllt sich die Geschichte einer unmöglichen Liebe, ein Familiendrama im Schatten einer noch größeren Tragödie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.09.2003

Ziemlich unwirsch verfährt Irmela Hijiya-Kirschnereit mit diesem Roman einer Nachgeborenen der Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki - die Autorin entstamme einer Generation, die jene Ereignisse nicht selbst erlebt hat, benutze aber dieselben klischeehaften Bilder, die sich in der Literatur über die Bombenabwürfe als Standard durchgesetzt haben. Wie Hijiya-Kirschnereit die Handlung fasst, erhält eine Frau einen nachgelassenen Brief der Mutter, die darin ein Geheimnis mitteilt, das die Bombe von Nagasaki mit den vielen Menschenleben ausgelöscht hatte. Aber was lernt die Tochter daraus, fragt sich die Rezensentin und beklagt sich über "unwahrscheinliche Wendungen und Widersprüche", über "penetrante Gutmenschen-Attitüde", vor allem aber über den von der Autorin eingebauten Diskurs über "persönliche und überpersönliche Schuld" und über die Verbindungen zwischen geschichtlichen Ereignissen aus verschiedenen Jahrhunderten - denn dazu fehle ihr "schlicht die schriftstellerische Fähigkeit".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.05.2003

In Aki Shimazakis Roman verknüpft sich die Weltgeschichte mit dem Mikrokosmos einer Lebensgeschichte auf eine Art, die der westlichen Literatur fremd geworden ist, schreibt Rezensent Hubert Winkels. In der Tat wird die Kamelie, deren rote Blüten "intakt" bleiben, auch nachdem sie abgefallen sind, zur Allegorie, zur Chiffre eines Frauenlebens zwischen Nagasaki und dem Verrat ihres untreuen Mannes. Dieser stirbt, so Winkels, von seiner rächenden Tochter umgebracht, in genau dem Moment, als die Atombombe fällt. Diesem Zusammenfallen von großer Geschichte und dem Leben im Kleinen haftet für den Rezensenten etwas Mythisches an. "Dicht" und "ohne Umschweife" werde die Handlungsfolge erzählt, in vollkommener Zurücknahme des Lyrischen oder des Psychologischen. Dies müsse dem europäischen Leser zwangsläufig fremd erscheinen, da Winkels' Meinung nach in der europäischen Literatur eine solch "skrupellose Synchronisierung der Schauplätze" undenkbar sei. Bei Shimazaki gebe es keine "rätselhaften Leerstellen", keine "ambivalenten Zeichen", sondern "geölte Bühnenbilder, in denen vorbürgerliches Schicksal inszeniert wird, fatal, falsch, faszinierend".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.03.2003

Aki Shimazakis Roman um ein Familiendrama vor dem Hintergrund des amerikanischen Atombombenabwurfs in Nagasaki 1945 hat den "L.L." zeichnenden Rezensenten zwar einigermaßen verwirrt, aber nicht wirklich überzeugt. Er hält fest: Der Hauptfigur, der an den Folgen des radioaktiven Fall-out schließlich sterbenden Mutter der Ich-Erzählerin, verhelfe die Katastrophe in Analogie zu dem, was die Psychoanalyse eine "Deckerinnerung" nenne, zu einer Art Deckereignis: "Der Vater der Mutter, der seine Frau betrogen und seine Mutter um die Liebe zu ihrem Halbbruder gebracht hat, scheint der Bombe zum Opfer gefallen zu sein", berichtet der Rezensent. Seiner Ansicht nach "ziemlich viel Gepäck" für den engen Raum des Romans; zudem "ein wenig verwirrend". Der Rezensent ist dementsprechend "unsicher, ob die atomar-familiär-erotische Parallelaktion geglückt ist."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.03.2003

Esther Röhr preist die "Kamelie" - das bedeutet Tsubaki - als "überraschend und vielversprechend". Sie wünscht sich eine baldige deutsche Übersetzung von Band zwei und drei der auf fünf Teile angelegten Serie über "das Geheimnis" - die Atombombe - möglichst in der gleichen Qualität wie der vorliegenden. Mit kurzen Sätzen und "grauer Grammatik" erzähle die Wahlkanadierin Shimazaki ein Familiendrama vor der Kulisse der nuklearen Katastrophe von Nagasaki. Ihre Themenwahl macht sie einzigartig in der zeitgenössischen japanischen Literatur, weiß Röhr, während sie beim Stil ein Vorbild ausgemacht hat: die Ungarin Agota Kristof. Wenig Szenerie, kein Gesicht, wenige Namen, keinerlei Ablenkung: "Kargheit und Geradlinigkeit regieren" in der Kamelie, was aber bei Shimazaki nicht zu Eintönigkeit, sondern "Schlichtheit von beachtlicher Komplexität, Dichte und Transparenz der besten Art" führt, wie die Rezensentin jubelt. Und sie attestiert der Autorin obendrauf noch "viel Feinsinnigkeit und nicht wenig Mut".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.03.2003

"Zu schlicht" heißt das Stichwort dieser Rezension von Martin Z. Schröder. Dabei verhandelt die seit zwanzig Jahren in Kanada lebende japanische Autorin, die auf Französisch schreibt, eine ziemlich komplizierte Mutter-Tochter-Geschichte. Die Mutter hat den Atombombenabwurf auf Nagasaki erlebt, spricht jedoch nie darüber. Ihre Tochter erfährt erst nach Tod der Mutter durch einen Brief die Wahrheit über diesen Tag, an dem die Atombombe fiel, und die Mutter ihren Vater vergiftete, was bei so vielen Toten nicht weiter auffiel. Die Geschichte wird sehr zügig ausgebreitet, so Martin Z. Schröder, die Sprache verfahre sehr knapp. Äußerlichkeiten kämen kaum vor. Ob es nun am französischen Original oder an der deutschen Übersetzung liegt, mag er nicht sagen, aber für Schröder wird ständig ein poetischer Ton angedeutet, aber nicht eingelöst. "Aki Shimazaki arbeitet zu schlicht mit dem Symbol: mal sind die Blumen vorhanden, mal fehlen sie. Das Vertrauen, das die Autorin in das starke Symbol wie in den großen Stoff setzte, wird enttäuscht", resümiert Schröder.
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