Jerry Z. Muller

Professor der Apokalypse

Die vielen Leben des Jacob Taubes
Cover: Professor der Apokalypse
Jüdischer Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783633543212
Gebunden, 927 Seiten, 58,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ursula Kömen. Der Sprössling ganzer Generationen bedeutender jüdischer Gelehrter aus Osteuropa und selbst ein Rabbiner, war Jacob Taubes (1923-1987) ein bedeutender Vertreter des Judentums in der Nachkriegszeit. Sein Weg führte ihn von seiner Geburtsstadt Wien über Zürich nach Israel, von dort nach New York und West-Berlin. Taubes war ein intellektueller Impresario, dessen Leben die Konflikte zwischen jüdischem Glauben und Christentum, aber auch den Theorien der Moderne, vor allem der Kritischen Theorie widerspiegelt. So entfaltet die Erzählung der vielen Leben dieses Professors der Apokalypse, dieses Anwalts der Utopie, seiner theoretischen Entwürfe und politischen Stellungnahmen zugleich ein ganzes Panorama der Nachkriegszeit mit Theodor W. Adorno, Gershom Scholem, Jürgen Habermas, Peter Szondi, Herbert Marcuse, Susan Taubes, Carl Schmitt, Martin Buber und vielen anderen als seinen Fürsprechern wie Gegnern.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.02.2023

Rezensent Peter Schäfer begegnet in Jerry Z. Mullers Biografie über den streitbaren jüdischen Religionsphilosophen Jacob Taubes Einsichten, Abgründen, Klatsch und Tratsch. Taubes als Judaist wider Willen, als Scharlatan, der Bücher durch Handauflegen verinnerlichte, und als komplexes, widersprüchliches Genie - so zeichnet Muller ihn laut Schäfer mitunter äußerst plastisch. Ein geduldig, mit sparsamem Humor entfaltetes Lebenspanorama, das in der Darstellung der postumen Neubewertung von Taubes' Lebenswerk gipfelt, meint Schäfer.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.01.2023

Rezensent Thomas Ribi versteht gut, dass Jerry Z. Muller sich für die exaltierte Persönlichkeit des Religionsphilosophen Jacob Taubes interessiert. Taubes war ein brillanter und belesener Denker, der Menschen und Ideen zusammenbringen konnte, wie es sonst niemand gewagt hätte, erinnert Ribi: Paulus und Carl Schmitt, Gershom Scholem und Armin Mohler. Je extremer, desto besser. Aber Ribi entnimmt Mullers fairer Biografie auch, wie unangenem der hochbegabte Rabbinersohn sein konnte: Ein Hochstapler, der kein eigenes Werk zustande brachte, arrogant und intrigant. Zwei Frauen soll er in den Selbstmord getrieben haben. Einige seiner früheren Weggefährten weigerten sich, mit dem Biografen zu sprechen, erfährt Ribi, weil sie für diesen "bösen Menschen" nur Vergessen angemessen fanden. Muller kann ihm erklären, warum Taubes die intellektuelle Welt über Jahrzehnte hinweg gleichermaßen faszinierte wie enervierte. Dass er schließlich zu ihrem "tragischen Clown" wurde, registriert Ribi mit Bedauern.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.12.2022

Eine schillernde Figur war Jacob Taubes, Gelehrter, Frauenheld, Jude, Denker und noch vieles mehr, macht Jerry Mullers neue Biografie dem Rezensenten Jörg Später deutlich. Taubes habe ein sehr bewegtes, unruhiges Leben gehabt, bei dem so manche Grenze überschritten wurde, nicht nur in seinen Beziehungen zu Frauen, sondern auch mit seiner politischen Einordnung und seiner Psyche. Das intellektuelle Multitalent hat viele spannende und unterschiedliche Kontakte gehabt, liest der Rezensent gebannt, von Gershom Sholem über Susan Sontag bis hin zu Carl Schmitt, er ließ sich nie in Kategorien einteilen und ist wohl auch deshalb ein so spannendes Subjekt für eine fast tausendseitige Biografie. Muller verschweigt nicht die Problematiken, die das Leben Taubes umgeben haben, bemerkt Später anerkennend, und empfiehlt dieses "kritische Denkmal."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.12.2022

Rezensent Arno Widmann empfiehlt Jerry Z. Mullers Biografie über Jacob Taubes. Ein Buch für alle, die sich für den Umsturz der Verhältnisse erwärmen können, meint Widmann, der den Titel für entsprechend gut gewählt hält. Dass der Autor angesichts von Taubes und seinem verqueren Genie nicht hämisch wird, gefällt Widmann und regt ihn an, eigene Seminarerinnerungen mit Taubes auszugraben: Da schläft der "obskure Denker" während der Vorlesung einfach ein. Dem Leser wird das nicht passieren, versichert Widmann.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.12.2022

Wenn der Religionsphilosoph Jacob Taubes jemals die Sympathie von Rezensent Jürgen Kaube besessen haben sollte, so hat er sie schon lange verspielt. Kaube weiß und zitiert reichlich, dass auch andere von Gerschom Scholem bis Leo Strauss Taubes für einen intellektuellen Hochstapler hielten, für manipulativ und intrigant. Etliche erkannten bei Taubes auf "philosophische Ludereien", "prätentiösen Unsinn" oder "schamlosen Ehrgeiz". Warum widmet Jerry Z. Muller einem solchen Mann eine fast achthundert Seiten lange Biografie?, wundert sich der Rezensent. Denn auch wenn der charismatische Taubes an der Berliner FU viel Ehrfurcht genossen habe, sei der Glanz seiner Brillanz doch mittlerweile verblasst, vor allem weil er einfach kein Werk hinterlassen habe, aber zwei Ehefrauen in den Selbstmord getrieben. Dass Taubes einen beeindruckenden Kreis an Intellektuellen und Gelehrten um sich herum scharen konnte, und dabei sowohl mit Rechtsradikalen wie Armin Mohler, Marxisten wie George Lukacz und jüdischen Philosophen wie Martin Buber verkehrte, hebt ihn durchaus heraus, muss Kaube einräumen, in Mullers Biografie ergebe das allein ein stattliches Adressbuch.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 05.12.2022

Rezensentin Andrea Roedig ist überzeugt von dieser Biografie, die ihr einen der großen Gelehrten und Charismatiker des 20. Jahrhunderts nahebringt. Eigentlich habe Jacob Taubes ziemlich viele Leben in einem gelebt, erklärt Roedig: Rabbiner, Wissenschaftler, Hochstapler, und ein im späteren Leben bipolarer Schürzenjäger. Eigenwillig sei er gewesen, aber auch ziemlich genial und vor allem ziemlich gut vernetzt, das zeige die sehr sorgfältig recherchierte und ausführliche Biografie. Eine Lektüre, die der Rezensentin bisweilen den Atem verschlägt.