Magazinrundschau - Archiv

Denik N

2 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 12.10.2021 - Denik N

Die Abwahl des von vielen Affären belasteten Premiers Andrej Babiš mit seiner Partei ANO ist - so logisch sie erscheinen mag - in Tschechien doch eine kleine Sensation. Gesiegt hat das konservativ-liberale Wahlbündnis Spolu, während die Sozialisten und Kommunisten, die die populistisch-oligarchische Regierung gestützt hatten, gnadenlos abgestraft wurden und den Wiedereinzug ins Parlament nicht schaffen. Viele tschechische Kommentatoren äußern in der ersten Reaktion eine noch vorsichtige Euphorie. Martin M. Šimecka etwa sieht in Deník N zunächst einmal ein Signal der Hoffnung für ganz Mitteleuropa: "Die nächste tschechische Regierung wird mit größter Wahrscheinlichkeit eine demokratische, prowestliche sein. (…) Die tschechischen Wahlen könnten auch die polnische und ungarische demokratische Opposition dazu ermuntern, nach dem tschechischen Beispiel ein Wahlbündnis zu schließen, um die populistischen Anführer zu besiegen." Im selben Magazin äußert Jakub Zelenka auch gemischte Gefühle: "Dass sich nun eine zum großen Teil konservative Regierung bilden wird, kann in verschiedener Hinsicht eine gute Nachricht sein, allerdings nicht für die Lösung der Klimakrise und für die Ehe für alle."

Magazinrundschau vom 29.06.2021 - Denik N

Der Publizist Jiří Pehe bedauert, dass die tschechische Regierung sich kurz vor dem EU-Gipfel nicht dem Brief der 17 Länder angeschlossen hat, der das neue ungarische Anti-LGBT-Gesetz verurteilt. "Babiš begründete das Zögern der Tschechischen Republik damit, dass man das Gesetz erst einmal genauer analysieren müsse. Was im Politsprech gewöhnlich bedeutet, dass wir nichts zu tun beabsichtigen." Für Jiří Pehe ein generelles Symptom: "In den fünfzehn Jahren nach Fall des Kommunismus hatte Tschechien den Ruf eines Landes, das zwar keinen Wertemaßstab in Form irgendeiner Religion oder starker Traditionen besitzt, aber doch einen starken Wertekompass, der für die Einhaltung von Menschenrechten auf der Welt stand. Seine Außenpolitik knüpfte an das Vermächtnis der Dissidenten aus der Zeit vor 1989 an. Doch nach dem Abtreten Václav Havels als Präsident ist der Kampf für Menschenrechte nach und nach abgeflaut und hat einem zynischen Pragmatismus Platz gemacht."
Stichwörter: Tschechien, Lgbt, Havel, Vaclav