V.S. Naipaul

Jenseits des Glaubens

Eine Reise in den anderen Islam
Cover: Jenseits des Glaubens
Claassen Verlag, München 2002
ISBN 9783546003193
Gebunden, 608 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Monika Noll und Ulrich Enderwitz. "Im Ursprung ist der Islam eine arabische Religion. Jeder Muslim, der kein Araber ist, ist folglich ein Bekehrter." Was passiert mit Menschen, die die Abkehr von ihrer alten Welt vollziehen und Teil der Geschichte Arabiens werden? Was hat der arabische Islam mit der Geschichte von Indonesien, dem Iran, Pakistan und Malaysia gemacht? Wie sehen die konvertierten Völker ihre Vergangenheit? Und wie ihre Zukunft? Schon einmal hatte Naipaul vier nichtarabische Länder besucht, in denen Muslime leben, und seine Erfahrungen in dem Reisebericht "Eine islamische Reise" festgehalten. Sechzehn Jahre später bereiste er sie noch einmal, um dort anzuknüpfen, wo er damals aufgehört hatte. "Jenseits des Glaubens" beschreibt die Facetten des islamischen Glaubens, sein revolutionäres und fundamentalistisches Potenzial, das die Gesellschaften von Bekehrten zwangsläufig bergen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.12.2002

Dieses Buch, bemerkt der Rezensent Hanns-Josef Ortheil, ist "ein hoch aktuelles Buch" und nicht nur das: "Seine Lektüre ist ungemein anregend und spannend?. Denn V. S. Naipaul "vergesse nie den Leser" und nenne sich nicht umsonst einen "Organisator von Geschichten". In der Tat sind auch diese Reiseberichte in gewisser Hinsicht organisiert, erklärt Ortheil, denn Naipaul hat die bereisten Länder zweimal, im Abstand von fünf Jahren bereist, um "zu begreifen, wie der Einfluss des Islams diese Länder verändert hat". Diese Fragestellung lasse "langatmige und historisch erörternde Antworten" befürchten. Naipauls Antwort jedoch sei nichts davon, beteuert der Rezensent. Er nähere sich den Ländern und Menschen mit einer mediumartigen "Empathie" und scheine, sein Ich "auszulöschen" um sich völlig in die Begegnungen zu "vertiefen". Er beobachte genau und lasse "Gesten, Worte und Bilder für sich selbst sprechen", und genau das mache das Besondere dieser Reiseberichte und die Meisterschaft Naipauls aus.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.11.2002

Naipaul macht kein Geheimnis aus seiner Ablehnung des Islams, berichtet Burkhard Müller, gesteht ihm jedoch zu, gewichtige Gründe dafür zu haben. Ihm gefällt, dass Naipaul nicht interessiert, was "wir" vom Islam zu halten haben, sondern was er für die Menschen bedeutet, die mit ihm oder unter ihm leben. Naipaul hat vier islamische Länder besucht - Iran, Indonesien, Pakistan und Malaysia -, alles vier Länder, denen der Islam per Eroberung übergestülpt worden ist, wie Müller weiß. Offensichtlich habe der Nobelpreisträger ein Händchen dafür, mit den richtigen Leuten zu reden, erzählt der Kritiker, und offensichtlich verfügt Naipaul auch über ausgefeilte Gesprächstechniken, denn Müller schwärmt davon, wie sich in den persönlichen Gesprächen Affekte mitteilten, persönliche und historische Wahrheiten jäh erschlössen. Das Gegenteil eines "Peter-Scholl-Latour-haften Bescheidwissens", lobt Müller. Am meisten hat ihn das Pakistan-Kapitel beeindruckt, worin es Naipaul gelinge, die besondere Verbindung von Kastensystem, Feudalismus und islamischen Rigorismus zu analysieren, die es in der Form nur in Pakistan gibt, über das Naipaul ein hartes Urteil fällt: "restriktiv, grausam und einfältig". Aber auch seine Grenzen wären Naipaul klar, sagt Müller; er verstehe, wenn er etwas nicht versteht.
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