Navid Kermani

Schöner neuer Orient

Berichte von Städten und Kriegen
Cover: Schöner neuer Orient
C.H. Beck Verlag, München 2003
ISBN 9783406502088
Gebunden, 249 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Erhellend, ernüchternd, irritierend: Navid Kermanis Reportagen machen das scheinbar Irrationale des Orients verständlich, das Fremde beängstigend vertraut. Sie führen uns zwischen Ägypten und Indonesien in all jene Regionen der islamischen Welt, die heute im Brennpunkt stehen: der Nahe Osten ebenso wie Zentralasien, Iran ebenso wie Pakistan. So präzise er einzelne Situationen und Menschen schildert, so weisen doch die Schlüsse, die er zieht, immer über den Gegenstand seiner Reportage hinaus. Es sind Analysen auch unserer Welt, die aus der konkreten Erfahrung erwachsen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.07.2003

Navid Kermanis Reportagenband "Schöner neuer Orient" hat Rezensent Gennaro Ghirardelli vollauf begeistert. Nicht nur als "genau beobachtet und fein unterschieden" sondern auch als "ebenso präzise und brillant geschrieben" lobt er den Band. Die einleitenden Betrachtungen zur Weltinnenpolitik, zu globalisierter Gegenwart und dem Nährboden für Terror und Gewalt findet er "scharfsichtig". Die Reportagen selbst, die den Leser mit Bildern aus Städten, Einschätzungen und Analysen der Politiken und des kriegerischen Geschehens und Einzelschicksalen von Ägypten über Pakistan, Tadschikistan, Indonesien, Israel, Palästina in den Iran führen, zeichnen sich nach Ansicht Ghirardellis durch ihre feine Differenziertheit aus. Anders als manch vollmundiger Orientexperte spreche Kermani nicht von "den Arabern", "den Muslimen" oder "den Islamisten". "Gestochen scharf" zeichne Kermani Situationsbilder und Lebensverhältnisse von Menschen, die in einer Welt überleben wollten, in der widersprüchliche Werte aufeinanderprallen und ökonomische Ungleichheit, Krieg, Bürgerkrieg und Repressionen herrschen. "Dieses Buch über die Städte und die Kriege", resümiert der Rezensent, "ist neben seiner intelligenten Wachheit und Lebendigkeit auch das Buch einer klugen Menschlichkeit."
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.07.2003

Navid Kermanis Band "Schöner neuer Orient", der seine Reportagen über Ägypten, Pakistan, Tadschikistan, Indonesien, Israel und Palästina sowie den Iran versammelt, hat Rezensentin Alexandra Senfft rundum überzeugt. Wie ein Reiseführer geleite Kermani den Leser sicher durch konfliktreiches Gebiet, lobt Senfft den Islamwissenschaftler. Dabei erzählt Kermani nicht nur vom früheren kulturellen Reichtum des Islam und dessen Sehenswürdigkeiten, berichtet Senfft, sondern führt dem Leser auch die Widersprüche und Ambivalenzen der islamischen Länder vor Augen. Vor allem aber geht es ihm nach Auskunft der Rezensentin um das alltägliche Leben der Menschen und ihre bedrückenden Lebensumstände. Trotz der komplexen Themen und vielen Informationen fällt es nicht schwer, dem Autor zu folgen, freut sich Senfft. Wie sie hervorhebt, belegt Kermani, dass die Moderne und islamische Traditionen miteinander vereinbar sind und Toleranz im Islam kein Fremdwort ist. Im iranischen Isfahan etwa hätten einst fünf Religionen friedlich nebeneinander existiert. Kermanis Ziel ist es, so Senfft, "die ideologischen Grenzlinien, die der Westen mit verschuldet hat, aufzuheben und sich auf ein multireligiöses, multikulturelles Konzept zurück zu besinnen". Mit seinem Buch habe er dazu einen wichtigen Beitrag geleistet.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.06.2003

Die Optik der klassischen Orientalistik hat spätestens seit Edward Saids vernichtender Kritik ausgedient, behauptet Stefan Weidner. Die Hinwendung zum zeitgenössischen Islam und das Interesse für die islamische Welt in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit verdankt sich unter anderen auch jüngeren Islamwissenschaftlern wie Navid Kermani, führt Weidner aus; Kermani habe selbst orientalische Wurzeln, und er trage zugleich seine Nachforschungen und Reportagen als Journalist in die Öffentlichkeit. Ein ganzes Buch hat Kermani dem Iran gewidmet; seine anderen Reportagen (über Ägypten, Israel, Pakistan, Tadschikistan bis Indonesien) sind nun in diesem Band versammelt, der für Weidner im Kenntnisreichtum leider nicht ganz an das Iran-Buch heranreicht. Dafür ist "Schöner neuer Orient" sehr gut für Leser geeignet, meint Weidner, die einen allgemeinen Zugang zur islamischen Welt suchen. Denn kaum ein anderer Autor vermittele ein so ausgewogenes und zugleich kritisches Bild des heutigen Islam, lobt unser Rezensent. Auch Kermanis Grenzgänge zwischen Israel und Palästina zeugten von Verständnis für beide Seiten, ohne unkritisch zu sein.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.04.2003

Mark Siemons lobt die gesammelten Reportagen Kermanis, denn sie zeigten nicht nur "im Detail das Versagen der Eliten, der Politik, ja der gesamten Kultur des Islam" in den von Kermani bereisten Regionen, sondern vor allem, "weshalb die Menschen, die Opfer dieses Versagens sind, durch die Abstraktionen des Westens ein weiteres Mal zu Opfern werden". Diese Abstraktionen des Westens, meint Siemons einleitend, beruhen auf "einer Aufteilung der Realität in zwei Zonen, die durch eine hohe Mauer voneinander getrennt sind" - in das "Villenviertel der westlichen Zivilisation" auf der einen und die "mehr oder weniger verwahrlosten Slums ringsum" auf der anderen Seite. Und "selbst die Gutwilligsten in den Metropolen des Westens" beziehungsweise deren Blick "auf die internationale Nachrichtenlage" sei mittlerweile von dieser Optik bestimmt, wie Siemons aus Kermanis Einleitung in sein Buch referiert. Demgegenüber gelinge es dem in Deutschland aufgewachsenen Iraner und Islamwissenschaftler Kermani, schreibt Siemons, "die von ihm bereisten Gesellschaften von innen und außen zugleich zu beobachten". Und wer "den Bewohnern der unheimlichen Gefahrenzone die gleiche Individualität zuerkennen kann wie der Bevölkerung des Villenviertels", meint Siemons, sei nun einmal "zu einer viel präziseren Unterscheidung der Ebenen" in der Lage.
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