Sabahattin Ali

Die Madonna im Pelzmantel

Roman
Cover: Die Madonna im Pelzmantel
Dörlemann Verlag, Zürich 2008
ISBN 9783908777380
Gebunden, 255 Seiten, 19,80 EUR

Klappentext

Aus dem Türkischen von Ute Birgi-Knellessen. In Ankara kennt man Raif Efendi als unscheinbaren, duldsamen Mann, der weder die Eskapaden seiner Töchter noch die Verleumdungen am Arbeitsplatz meistert. Kaum jemand ahnt, wer sich hinter der Maske stummen Gleichmuts verbirgt. Ein eng beschriebenes Schulheft, das Jahre in der Dunkelheit seines Schreibtischs überdauert hat, lüftet endlich sein Geheimnis. Die Aufzeichnungen führen in das Berlin der zwanziger Jahre. Arbeiter und Bohemiens heben in miefigen Absteigen die Gläser auf eine ungewisse Zukunft, und eine geheimnisvolle junge Malerin die "Madonna im Pelzmantel" kreuzt wie zufällig Raifs Wege. Als er sie eines Abends in einem Nachtklub singen hört, weiß er, daß ihrer beider Schicksal untrennbar verwoben ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.01.2009

Rezensentin Angela Schader begrüßt die Publikation dieses bereits 1973 im Original erschienenen Buchs in deutscher Sprache. Zwar empfiehlt sie, den eigenen historischen Standpunkt zu vergessen, wenn man ganz in den Genuss der verhandelten Fragen kommen möchte. Doch wem dies gelingt, dem verspricht die Rezensentin tiefe Einblicke in das komplexe Verhältnis von Männern und Frauen nach der Gründung der Türkischen Republik. In deren Gründungsjahr 1923 nämlich spiele das Buch des 1907 geborenen Autors, weshalb die verschiedenen historischen Schichten beim Lesen aus ihrer Sicht doppelt dringlich zu vergegenwärtigen sind. Es geht, lesen wir, um einen jungen, zaudernden Mann, der einer ungleich stärkeren Frau verfällt. Neben Einblicken in die atatürksche Gesellschaft sieht die Rezensentin mitunter aber auch ein paar Sätze über die Liebe "wie Juwelen" in die heutige "Lust- und Spassgesellschaft" fallen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.10.2008

In Deutschland ist Sabahattin Ali, dessen zweiter Roman nun in Übersetzung vorgelegt wird, weitgehend unbekannt. In der Türkei ist das anders, wie die Rezensentin Christiane Schlötzer feststellt. Das hat durchaus mit seinem Lebenslauf zu tun. Ali war als Atatürk-Kritiker oft in Bedrängnis und kam 1948 beim Versuch, die Türkei zu verlassen, unter ungeklärten Umständen ums Leben - es scheint gut möglich, dass ihn die Geheimpolizei ermordete. Die Umstände der hier erzählten Liebesgeschichte sind durchaus autobiografisch. In Berlin (Ali hatte in Potsdam Deutsch gelernt) verliebt sich der türkische Protagonist Raif in die Jüdin Maria, geschildert wird das von einem Ich-Erzähler, der den in die Türkei zurückgekehrten Raif als "Sonderling" kennenlernt. Das melancholische "Hüzün"-Gefühl deute bereits auf die heraufziehende Tragödie in Deutschland voraus, meint die Rezensentin. Das Liebesdrama findet sie "ergreifend".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.10.2008

Rezensentin Maike Albath ist in den Bann gezogen von diesem Roman Sabahattin Alis, der ursprünglich 1940 als Fortsetzungsgeschichte in einer türkischen Zeitung erschien. Die sich Stück für Stück aufbauende Dramaturgie findet die Rezensentin sehr überzeugend für dieses Psychogramm eines Mannes, der scheitert. Die Rahmenhandlung, die Albath als "Büroroman" bezeichnet, sei ein gelungener Kunstgriff, um die Außenperspektive auf die Hauptfigur von seinem Innenleben zu trennen. An besagten Büroroman schließt sich eine ihrer Meinung nach sehr komplexe, wirkungsvolle Erzählung an, die gleichzeitig "große Liebesgeschichte, Charakterstudie und Metropolenporträt" ist - im Mittelpunkt steht das Berlin der Zwanziger Jahre. Albath gefällt der Ton des Autors, der "ebenso diskret und spröde wie der Charakter seines Helden ist."
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