Rolf Surmann (Hg.)

Das Finkelstein-Alibi

'Holocaust-Industrie' und Tätergesellschaft
Cover: Das Finkelstein-Alibi
PapyRossa Verlag, Köln 2001
ISBN 9783894382179
Broschiert, 180 Seiten, 14,32 EUR

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.05.2001

In einer Mehrfachbesprechung setzt sich Heribert Seifert mit drei Bänden auseinander, die sich mit der Debatte um Norman Finkelsteins Buch "Die Holocaust-Industrie" und seiner Behauptung, der Holocaust werde von jüdischen Organisationen politisch instrumentalisiert, beschäftigen.
1.) Rolf Surmann (Hrsg.): "Das Finkelstein-Alibi" (PapyRossa Verlag)
Haupttenor in diesem Band ist nach Seifert die These, Finkelsteins Polemik habe dazu geführt, dass die Berliner Republik nun eine Position einnehme, "die bisher der radikalen Rechten vorbehalten" war. Dies ist nach Seifert eine schwerwiegende Behauptung, und seiner Ansicht nach bemühen sich die Autoren hier "denn auch redlich, diese starke These zu beweisen". Doch insgesamt scheint dies nicht zu seiner Zufriedenheit gelungen zu sein. Einige Aufsätze leiden seiner Diagnose nach zu sehr unter der "apologetischen Rhetorik", die darauf hinausläuft, jegliche Kritik an jüdischen Organisationen "gleich mit der Antisemitismus-Keule niedermachen" zu wollen. Seifert kritisiert dabei, dass die Autoren sich mit Finkelstein nur unzureichend auseinandersetzen. Vielmehr wird er den Eindruck nicht los, dass Finkelsteins Buch lediglich als "Vehikel für den Frontalangriff auf die 'ideologisch-politische Verfasstheit in diesem Land'" dient. Die Argumentationen in diesem Buch findet er größtenteils viel zu undifferenziert.
2.) Ernst Piper (Hrsg.): "Gibt es wirklich eine Holocaust-Industrie?" (Pendo Verlag)
Auch bei diesem Band registriert Seifert "starke Gesten" und den weit gehenden Verzicht auf eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Finkelsteins Buch. Doch immerhin kommen nicht nur Finkelsteins Gegner hier zu Wort, so der Rezensent, sondern auch er selbst und einige seiner Verteidiger. Insgesamt findet Seifert jedoch auch diesen Band zu undifferenziert und stört sich an dem überstrapazierten und "dürftigen Argument vom 'Beifall von der falschen Seite'". Seiner Ansicht nach entsteht hier geradezu der Eindruck, als ob Finkelsteins Buch allein deshalb schon indiskutabel sei, weil es auch auf Internetseiten Rechtsradikaler angeboten wird. Kritik übt Seifert darüber hinaus am Vorwort des Bandes, in dem der Eindruck erweckt werde, der Piper-Verlag habe das Erscheinen des Buchs behindern wollen, indem er Autoren seines Buchs zum selben Thema nicht erlaubt habe, ihre Beiträge auch für diesen Sammelband zur Verfügung zu stellen. Ein Blick in beide Bücher zeige jedoch, dass davon keine Rede sein könne: Es gibt mehrere Überschneidungen, so Seifert.
3) .Petra Steinberger (Hrsg.): "Die Finkelstein-Debatte" (Piper Verlag)
Dass es auch differenzierter geht, beweist nach Seifert dieser Band, der versucht, den Streit um das Finkelstein-Buch wiederzugeben. Zwar gefallen dem Rezensenten auch hier nicht alle der Beiträge (so findet er Leon de Winters Text "unangenehm psychologisierend" und Jakob Augsteins Beitrag erscheint ihm wie ein "peinliches Betroffenheitsstück"). Doch insgesamt wird seiner Ansicht nach deutlich, worum es bei Finkelsteins Provokation in Wirklichkeit gehen könnte: nämlich weniger um die Frage von möglicherweise zu Unrecht verschafften Geldern der JCC, sondern um die Art und Weise, in der "künftig der Mord an den europäischen Juden erinnert werden soll". Seifert begrüßt es sehr, dass durch Bücher wie dieses destruktive "Denk- und Publikationsblockaden" sowie die "Rhetorik des Verdachts" nicht fortgeführt werden, da diese - wie er findet - im Allgemeinen keine Lösungswege eröffnen.