Roberto Bolano

Die wilden Detektive

Roman
Cover: Die wilden Detektive
Carl Hanser Verlag, München - Wien 2002
ISBN 9783446201255
Gebunden, 684 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Heinrich von Berenberg. Liebesgeschichten und Todesfälle, Morde und Fluchten, Irrenhäuser und Universitäten, Figuren, die verschwinden, und solche, die mirakulöserweise stets von neuem auftauchen: Alles kommt in diesem Roman des Chilenen Bolano vor.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.06.2002

In seinem dreiteiligen Roman ist Roberto Bolano ein "monumentaler, hinreißender Literaturbetriebs-Roman" gelungen, schreibt Hans-Peter Kunisch begeistert und erzählt kurz den Inhalt: Der siebzehnjährige Juan Garcia Madero beschreibt in seinem Tagebuch das Treiben im neugegründeten Literatenkreis, der sich dem "viszeralen Realismus", nach Vorbild von Cesarea Tinarejo, verpflichtet hat. Darauf folgt eine Art Generationenrevue, die sich über zwanzig Jahre erstreckt, in denen ein Dutzend Figuren über zwei dieser "eingeweiderealistischen" Dichter, Madero und Belano, räsonieren und dabei das "Selbstporträt einer Generation von Dichtern als zerlumpte Christusse" zeichnen. Zuletzt begeben sich "die wilden Detektive" Madero, Belano und Lima auf die Suche nach Cesarea Tinarejo, die verehrte Dichterin, die sie schließlich auch finden. Ein Road Movie, das in einem Mexiko-Western-Showdown ein würdiges und "brillantes" Ende findet, erklärt der Rezensent. Dem vielzitierten Vergleich mit Döblins "Alexanderplatz" und Cortazars "Rayuela" kann Kunisch allerdings nicht viel abgewinnen: Bolanos Hauptfigur mache sich nichts aus der Stadt, sondern sei eigentlich nur an Literatur und Sex interessiert. Vielmehr stellt Kunisch den Roman in eine zweisträngige Tradition: den lässigen Avantgardismus eines Borges einerseits und "den Hang zur Opulenz und zum vitalen Größenwahn" eines Garcia Marquez andererseits. Die äußere Ähnlichkeit des Buches mit der wuchtigen Statur der verehrten Dichterin und die innere Anlehnung an ihr ästhetisches Konzept zeigen für den Rezensenten, wie sehr "sich das Leben und die Buchstaben mischen" - was übrigens auch in der augenzwinkernden Namensassonanz zwischen Autor und Romanfigur aufleuchte. Brillanter Witz, ironische Zitate: "Die wilden Detektive" sind "ein verrückter Schelmenroman", ruft Kunisch.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.05.2002

Für seinen Mammutroman "Die wilden Detektive" über den Werdegang einer Gruppe mexikanischer wilder Literaten von den siebziger bis in die neunziger Jahren erntet der 49-jährige Exilchilene Roberto Bolano von Rezensentin Maike Albath allerhöchstes Lob. Dem Leser verspricht die Rezensentin "eine ungeheure Spannung" von der ersten bis zur letzten Zeile. Der Roman, für Albath eine "Mischung aus Entwicklungsroman, Satire und Stadtporträt", stecke voller Geheimnisse, die ihm eine "erzählerische Schubkraft" verliehen, wie es die Rezensentin selten erlebt habt. "Leicht und schwebend", mit "gewieften Konstruktionen", komischen wie mythischen Passagen präsentiere Bolano, der heute in der Nähe Barcelonas lebt, eine verschlungene Geschichte, angesiedelt auf vielen erzählerichen Ebenen. Einiges hat Albath an Jorge Luis Borges erinnert, anderes an Cortazars "labyrinthischen Bohemeroman "Rayuela", trotzdem aber trage "Die wilden Detektive" die ganz eigene, von einer "ungewöhnlichen Energie" gezeichnete Handschrift Bolanos, notiert die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.04.2002

Der umfangreiche neue Roman des 1953 in Santiago geborenen Chilenen Roberto Bolano aus dem Jahr 2000, jetzt "schön" von Heinrich von Berenberg ins Deutsche übersetzt, veranlasst Andreas Breitenstein zu einer ausführlichen Besprechung, in der er seiner Begeisterung für Bolano Luft macht. Seit 1976 lebt der Autor in der Nähe von Barcelona, für "Die wilden Detektive" hat er bereits den "bedeutendsten lateinamerikanischen Literaturpreis", den "Romulo Gallegos" sowie den "renommierten spanischen "Premio Herralde" erhalten, informiert der Rezensent, der im folgenden eine Art Preisrede auf Autor und Werk hält. Bolano hat seinen Roman in Mexiko-Stadt angesiedelt, wohin er Anfang der siebziger Jahre mit seinen Eltern zog. Dort versucht eine Gruppe von jungen wilden Literaten, die "Realviszeralisten", eine neue Literatur und Lebensphilosophie zu etablieren, berichtet ein ob Plot und Stil paralysierter Breitenstein. In einer "berückenden Verbindung" aus Realem, Parodie, Ironie, Verzweiflung, Komik, Wahn und Trauer präsentiere Bolano ein Kaleidoskop, bestehend aus der Megastadt, einer "verlorenen Generation", einer "road novel", einer Satire auf den Literaturbetrieb und auch noch aus einer Abhandlung über die "utopische Ermattung", schwärmt der Rezensent. Von dieser literarisch brillanten Bestandsaufnahme über das Ende der Utopien und Ideologien, aber nicht über das Ende der Kunst, können europäische Schriftsteller und Leser viel lernen, ist Breitenstein überzeugt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.04.2002

Mit seinem Roman "Die wilden Detektive" hat Roberto Bolano nach Einschätzung der begeisterten Rezensentin Diemut Roether sein "Opus magnum" vorgelegt. In der als "skurrile Farce" beginnenden abenteuerlichen Geschichte um die Irrfahrt der beiden Jungliteraten und Begründer der Bewegung des "Realviszeralismus" Arturo Belano und Ulises Lima erblickt Roether das Porträt einer "verlorenen Generation lateinamerikanischer Intellektueller", das der Autor mit "hinreißend bösartigen Skizzen mehr oder weniger gescheiterter Schriftstellerexistenzen" gespickt hat. Roether hebt hervor, dass Bolano jede seiner Figuren mit einer eigenen Redeweise und einem eigenen Slang versieht, was dem Buch ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit verleihe. Auch der Übersetzer Heinrich von Berenberg hat hier nach Ansicht der Rezensentin gute Arbeit geleistet, gelingen ihm doch "überzeugende Entsprechungen" für die Vielfalt von Redeweisen und Slangs. Einen kleinen Wermutstropfen sieht Roether in diesem Zusammenhang in einigen Bezugsfehlern, die dem Übersetzer in der ersten Hälfte unterlaufen seien. Doch das nimmt sich nicht viel. In Bolanos Roman findet die Rezensentin den Gedanken, dass der moderne Mensch keine Biografie hat, dass sich seine Identität aus vielen schwer zusammenzufügenden Teilen zusammensetzt, konsequent umgesetzt in eine Form, die "Die wilden Detektive" zu einem "grandiosen und beunruhigenden Leseabenteuer" macht.