Ricardo Piglia

Brennender Zaster

Roman
Cover: Brennender Zaster
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783803131553
Gebunden, 192 Seiten, 17,38 EUR

Klappentext

Aus dem argentinischen Spanisch von Leopold Fedemair. Dies ist die wahre Geschichte der Verbrecherbande um Nene Brignone, Gaucho Dorda, Cuervo Mereles und Malito, die vor einiger Zeit die Menschen in Buenos Aires und Montevideo in Angst und Schrecken versetzt hat. Das Geschehen ist kurz und blutig: Vier bedingungslos aufeinander eingeschworene Verbrecher mit engen Verbindungen zu Polizei und Politik rauben einen Geldtransport aus, rasen durch Buenos Aires, schießen auf alles, was sich bewegt, entkommen über den Rio de la Plata nach Montevideo, verschanzen sich dort in einer Wohnung und werden von der Polizei sechzehn Stunden lang belagert. Diese Belagerung und ihr ungeheuerliches Ende vor den Augen einer fassungslosen Zuschauermenge sind der apokalyptische Höhepunkt dieses Romans.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.01.2002

Unglaublich spannend muss "Brennender Zaster" von Ricardo Piglia sein, jedenfalls vermittelt die Rezension von Aimée Torre Brons überzeugend diesen Eindruck. Die Tatsache, dass der Stoff authentisch ist, verstärkt sicherlich diesen Effekt, "die Autorität des Dokumentarischen" wird jedoch von der "kraftvollen, bildgewaltigen Sprache" unterstützt, lobt die Rezensentin. Piglias Buch ist für Torre Brons jedoch nicht nur ein überaus spannender Krimi und Zeitdokument, für sie hat es darüber hinaus ein sozialkritisches Element. Es betrachte das Thema "Gewalt und Gegengewalt", erklärt sie. Der Roman sei die "Geschichte eines radikalen Aufbegehrens und einer radikalen Verweigerung", führt sie aus. Eine Bande Krimineller erkläre ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für sich selbst "der ganzen Gesellschaft den totalen Krieg". Das Schicksal des einzigen Überlebenden der Bande, das bis heute im Dunkeln liegt, eigne sich hervorragend für eine Romanfortsetzung, regt Torre Bons abschließend an.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.08.2001

Auch wenn in diesem Buch "die Grenze zum Rebellenkitsch, zur Verbrecherromantik" bisweilen überschritten wird, meint Rezensentin Katharina Döbler, so handelt es dennoch um ein lesenswertes Buch. Nicht nur habe der Leser Gelegenheit, sich einen Eindruck von der argentinischen Gesellschaft dieser Zeit zu machen, in der ein marodes Justizsystem, Nationalismus, kriminelle Bürger und auch Politiker den Alltag weitgehend bestimmten. Piglia sei es darüber hinaus auch gelungen, die psychopathischen Verbrecher dem Leser so nahe zu bringen, dass es geradezu zu einer "Identifikation mit den Monstren" kommt. Döbler weist auch darauf hin, dass Piglia sehr genau recherchiert hat und genaue Angaben zu Uhrzeiten, Räumlichkeiten und Ähnlichem macht. Doch darüber hinaus seien die Szenen "üppiger". Besonders die "blindwütige, wahnsinnige Innenwelt" der Verbrecher geht demnach offenbar fast ausschließlich auf die Vorstellungskraft Piglias zurück, was Döbler jedoch keineswegs als Schwäche auslegt, im Gegenteil. Lediglich mit der Übersetzung zeigt sich Döbler etwas unzufrieden, diese sei nicht immer zeitgemäß.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.06.2001

Diemut Roether zeigt sich ausgesprochen angetan von diesem auf einer realen Geschichte basierenden Roman. Sie weist darauf hin, dass der Autor nicht nur eine Geliebte eines der Banditen zu den Geschehnissen befragen, sondern auch "Einblick in Gutachten und Verteidigungsschriften" nehmen konnte. Herausgekommen sei dabei eine "nüchtern erzählte Reportage", bei der sich der Autor Spekulationen und Wertungen enthält. Besonders bemerkenswert findet die Rezensentin dabei, dass Piglia nicht nur die Verbrechen der Desperados detailgenau schildert, sondern auch einen Blick auf die argentinische Gesellschaft und Politik dieser Tage wirft, wobei sichtbar wird, so Roether, dass auch der Staat Gewalt auf seine Bürger ausgeübt hat. So haben, wie der Leser erfährt, beispielsweise Politiker Terroristen mit Waffen versorgt, Gefangene seien gefoltert worden usw. Hier handelt es sich nach Roether keineswegs um einen "sozialromantischen Heldenroman", sondern vielmehr um ein "Lehrstück über den Kapitalismus".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.05.2001

Ein Gangsterstück, ja. Nur sei das eben nicht die ganze Geschichte, erklärt Eberhard Falcke, vielmehr führe der Autor den Leser mitten hinein in eine neuralgische Zone der argentinischen Gesellschaft, "in den Schattenbereich von Korruption, Gewalt, Armut und Unterdrückung." Und dann ist da noch etwas: Piglia nämlich hat diese Geschichte nicht erfunden, sondern sie über einem realen Geschehen aus dem Jahr 1965 als Tatsachenroman konstruiert. Für Falcke ein Gewinn, weil das Buch durch die genauen Recherchen des Autors eine "eigentümliche Vielschichtigkeit" erhält. Der Leser bekommt einen Krimi, eine soziale Fallgeschichte und eine "verstörende Parabel, die ein Ganovenstück zum nihilistischen Exzess steigert." Für diese "interessante Entdeckung" ist unser Rezensent dem Wagenbach Verlag richtig dankbar.
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