Lucia Puenzo

Wakolda

Roman
Cover: Wakolda
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783803132468
Gebunden, 192 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Aus dem argentinischen Spanisch von Rike Bolte. Eine argentinische Familie im Citroën und ein alleinreisender Deutscher im Chevrolet geraten in der Einöde Patagoniens in ein Unwetter. Während der gemeinsam verbrachten Sturmnacht erregt die Kleinwüchsigkeit von Lilith, der 12-jährigen Tochter der Familie, die Aufmerksamkeit des Ausländers, der sich José nennt. Nach der Ankunft in Bariloche quartiert sich der Fremde bei der Familie als Untermieter ein und verspricht, das Mädchen zu behandeln. Als er dann sogar Liliths neugeborenen Zwillingsschwestern das Leben rettet, gewinnt er nach und nach das Vertrauen der Familie. Doch die seltsamen Skizzen in seinem Zimmer lassen keinen Zweifel zu: José und Josef Mengele, der KZ-Arzt von Auschwitz, sind ein und dieselbe Person... Lucía Puenzo greift in ihrem neuen Roman die Fakten und Mythen rund um den in ihrem Heimatland Argentinien untergetauchten Nazi-Verbrecher auf - es ist die distanzierte Annäherung an einen Besessenen. Anders als Lilith, die Mengele in kindlicher Faszination erliegt, weiß der Leser doch nur zu genau, mit welchem Scheusal sie es zu tun hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.06.2013

Einfach "grandios" findet Rezensent Kersten Knipp Lucía Puenzos im Jahr 1960 angesiedelten Roman über die unwahrscheinliche Freundschaft eines kleinwüchsigen Mädchens mit dem KZ-Arztes Josef Mengele im argentinischen Exil, in deren Verlauf das Kind, Tochter einer deutsch-jüdischen Mutter und eines argentinische Vaters, Schritt für Schritt die Vergangenheit des Arztes zu erahnen beginnt. Dennoch freundet sie sich mit ihm an, denn er hat (scheinbar) Verständnis und verspricht ihr eine Behandlung, die sie wachsen lässt. Puenzo gelingt es meisterhaft, in ihre Figuren hineinzuschlüpfen, lobt die Rezensentin, die der rätselhaften Freundschaft eine "perverse Konstellation" zugrunde liegen sieht: Wie das Kind an der titelgebenden Puppe hängt, wird das Kind für den obsessiven Arzt und dessen Forschungsinteresse zur Puppe. So ist es am Ende, schließt die Rezensentin, das nicht geringe Verdienst dieses "absolut lesenswerten" Buches, die vielfältigen Formen des Missbrauchs aufzudecken.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.12.2012

So ganz schlau wird man aus Catarina von Wedemeyers Besprechung dieses Romans nicht. Deutet sich am Anfang an, dass sie Lucía Puenzos Versuch, dem KZ-Arzt Josef Mengele literarisch nachzuspüren etwas naiv findet, attestiert sie der argentinischen Autorin, geschickt Legenden und Tatsachen um Mengele kaum verborgenes Leben in Lateinamerika nach 1945 miteinander zu verweben. Vor allem sein Verhältnis zu dem Mädchen Lilith, das ganz seltsame Formen der Komplizenschaft annimmt, findet die Rezensentin reizvoll in der Schwebe gehalten. Am Ende moniert Wedemeyer dann wieder unnötige Dramatisierungen und fehlende Subtilität.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.11.2012

Welch ein mutiges Debüt!, schwärmt Florian Borchmeyer angesichts von Lucia Puenzos Versuch, die Geschichte Josef Mengeles in Argentinien fortzuspinnen. Herausgekommen ist ein Buch, das laut Rezensent der Kolportage entkommt, indem es die Figur wohldosiert ins Groteske und diffus Gruselige übersteigert. Am Ende vergleicht Borchmeyer diesen Mengele sogar mit Nabokovs Humbert Humbert. Eine Gestalt, die schließlich von ihren eigenen Dämonen heimgesucht wird, aber ohne dass sie dem Leser dadurch sympathischer würde, wie Borchmeyer beruhigt feststellt. Im Gegenteil. Genau in dieser Balance, die die Monstrosität Mengeles im argentinischen Exil noch steigert, erkennt der Rezensent die Souveränität eines Erzählens, das gar nicht erst versucht, die Gestalt Mengeles oder ihr Umfeld historisch maßstabsgetreu darzustellen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.10.2012

Ralph Hammerthaler gibt zu, dass er zuerst das Gesicht verzogen habe, als er den Namen des KZ-Arztes Josef Mengele auf dem Buchrücken gelesen habe - zu Unrecht, verspricht er nachdrücklich. Lucía Puenzos Roman "Waldoka" sei unheimlich gut und gehöre zu dem "Gelungensten, Heikelsten und Verbotensten", das momentan zu haben sei. Mengele hat sich nach dem Krieg nach Südamerika abgesetzt, zunächst nach Buenos Aires, erklärt der Rezensent. Seine Umtriebe in Argentinien - dem Heimatland der Autorin - bilden die Grundlage der Geschichte, wobei der Übergang von Fakten und Legenden fließend ist. José, wie sich der Arzt im Exil nennt, gewinnt das Vertrauen einer argentinischen Familie, berichtet Hammerthaler. Tochter und Mutter seien von besonderem Interesse für ihn: die Tochter ist kleinwüchsig, die Mutter erwartet Zwillinge. Genetische Abweichungen haben ihn schon in Auschwitz fasziniert. Die Autorin entgehe der Gefahr, auf "billige Effekte" und "leichtfertiges Gruseln" zu setzen; der Schrecken arbeitet weniger oberflächlich, findet Hammerthaler. Lucía Puenzo arbeitet schon an einer Verfilmung des Romans, verrät der Rezensent. Es soll ein Psycho-Thriller werden.
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