Philippe Garnier

Über die Lauheit

Essay
Cover: Über die Lauheit
Liebeskind Verlagsbuchhandlung, München 2001
ISBN 9783935890038
Gebunden, 173 Seiten, 17,50 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Elisabeth Edl. Die Lauheit lähmt jeden Versuch des Lobes. Niemand will über sie sprechen, es sei denn, um sich über sie lustig zu machen. Auf halbem Wege seines Verlangens, seiner Begierden und seiner Überzeugungen stehen zu bleiben ist, darüber sind wir uns einig, wahrlich eine merkwürdige Art von Verworfenheit. Aber was ist die Lauheit, wenn nicht die Temperatur des Lebens selbst. Ein mittlerer Wert, zu dem alle Lebewesen unaufhörlich zurückkehren. Ein neutraler Punkt zwischen der Erhitzung bei Erregungszuständen und der Kälte des Todes. Vom Konformismus des Engagements umzingelt, äußert sich die Lauheit auf tausend kleine, skurrile, unpassende, von Natur aus belanglose Arten, die nur schwer wahrzunehmen sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.05.2002

Als einen betont unangestrengten und unmethodischen Essay bezeichnet Silvia Henke Philippe Garniers Traktat über die Lauheit. Das Thema gefällt ihr, denn der Begriff der Lauheit ist doppelt besetzt: Als körperliche Empfindung findet man sie angenehm, paraphrasiert Henke den Autor, aber der Begriff werde negativ besetzt, sobald er sich auf Temperamente richte: Laue Charaktere sind nicht gefragt. Allerdings ist Henke nicht ganz zufrieden mit Garniers Behandlung des Themas: Unentschlossen schwanke der Autor zwischen Verteidigungsstrategie, Bestandsaufnahme und Plädoyer hin und her. Auch kritisiert sie die Verschmelzung persönlicher Lebensphilosophie mit gesellschaftlichem Zeitgeist. So könne Garnier abfällig von der "Lauheit unserer Zeit" sprechen, um dann von der Lauheit als persönlicher Lebensführung zu schwärmen. Laut Henke aber ist die Lauheit eine Figur der Anpassung, die überall auf halbem Weg stecken bleibt und sich mit allen zufrieden gibt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.05.2002

Philippe Garnier macht sich rein gar nichts aus der erlebnishungrigen Spaßgesellschaft. Totalen Müßiggang findet er ebenfalls zu anstrengend. Garnier liebt es lauwarm, schreibt Joseph Hanimann, der in seiner Besprechung für diese Haltung sehr viel Sympathie zeigt. "Sanft" ist das Wort, das er am häufigsten im Zusammenhang mit Garnier verwendet. So ist dieser "originelle" Essay auch kein kraftstrotzendes Manifest, bemerkt Hanimann, sondern eher eine "lose Bestandsaufnahme" einer Lebensgefühls, das heutzutage mit so hässlichen Worten wie "Halbherzigkeit, Mittelmäßigkeit, Willensschwäche, Feigheit, Zaghaftigkeit, Kleinlichkeit" bedacht werde. Alles Schnelle, Laute, Tragische, Fanatische ist Garnier unheimlich. Er liebt, darin Michel Houellebecq nicht unähnlich, meint Hanimann, schallschluckende Teppichböden und den Gottesdienst, sofern danach der "sonntägliche Lammbraten" folgt. Kurz: Er verteidigt "Konformismus und Konvention". Selbst im Sprachstil, erklärt Hanimann bewundernd, schlägt sich das nieder: Garnier vermeide Brillanz und suche stattdessen den "Mattglanz der passenden Wendung". Dennoch findet Hanimann in diesem Essay manchmal "eine Tiefe", die ihn an Cioran erinnert, nur abgedunkelter daherkommt. Ein Lob geht auch an Elisabeth Edl, die den eleganten Fluss der Sprache in ihrer Übersetzung bewahrt habe.
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