Peter von Matt

Die Intrige

Theorie und Praxis der Hinterlist
Cover: Die Intrige
Carl Hanser Verlag, München 2006
ISBN 9783446207318
Gebunden, 504 Seiten, 25,90 EUR

Klappentext

Intrigen gehören zu unserer Zivilisation, und das schon seit Adam und Eva. Peter von Matt hat sich dieses Phänomens angenommen und führt uns die zahlreichen Facetten der Intrige anhand von wunderbaren Beispielen aus der Weltliteratur vor: das Kuckucksei und das trojanische Pferd, Lady Macbeth und die Marquise de Merteuil, der durchtriebene Fuchs, Mr. Ripley und viele mehr. Es geht um die Täter, ihre Helfer und die Opfer und das Wesen der Intrige. Und dabei erklärt Peter von Matt auch gleich noch das Wesen ihres Hauptakteurs: des Menschen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.05.2006

Wie gerufen kommt diese Literaturgeschichte angesichts der jüngsten Debatten zwischen Emphatikern und Gnostikern in der Kritikerszene, meint Martin Lüdke. Was als kulturgeschichtliche Rekonstruktion der Intrige daherkommt, fügt sich glücklich, "wenn auch hinterrücks" zu einer anregenden und überzeugenden "Theorie". Mit größter Sachkenntnis, "enspannter Systematik" und einer klug angelegten "Selbstbeschränkung" weist diese Studie über sich hinaus, so der Rezensent. Etwa indem sie ihren Gegenstand nicht stereotyp auf eine anthropologische Konstante reduziert, sondern als zivilisationsgeschichtliche soziale Figuration in Umbruchzeiten begreifbar macht. Mit von Matt versteht der Rezensent die Intrige als spielerisches Element, das von blinder Schicksalshörigkeit entlasten kann. Wie die Notlüge auch, verkörpere sie eine moralische Doppelnatur: Lug und Trug einerseits, rationaler Rettungsversuch aus Notsituation andererseits. Diese Studie, freut sich Lüdke, ist selbst "so listig konzipiert, dass sie sich mit gleichermaßen großem Vergnügen und Gewinn auf verschiedenen Ebenen lesen lässt".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 25.03.2006

Erst einmal weist der Rezensent Andrew James Johnston darauf hin, dass Titel und Untertitel des Buches verschweigen, dass es hier ausschließlich um die Intrige in der Literatur geht, nicht um die Intrige schlechthin. Das ist selbst eine Hinterlist, findet Johnston, aber eine verzeihliche, denn aus diesem Band hat er doch so manches gelernt. Der Literaturwissenschaftler Peter von Matt verfolgt die Intrige durch die abendländische Literaturgeschichte und stellt einen engen Zusammenhang von Subjektbildung und Intrigenfähigkeit her. Nur das handlungsmächtige Subjekt intrigiert - und mit der Moderne, die so ihre Zweifel an diesem Subjekt hat, kommt denn die Intrige in der Hochliteratur aus der Mode. Von Matt freilich verfolgt sie weiter, bis zu Patricia Highsmith oder Graham Greene - und stellt dabei manch subjektphilosophisches Dogma in Frage. Der Rezensent zeigt sich sehr einverstanden mit den Thesen des Autors - und freut sich, dass er die populäre Literatur so Ernst nimmt, wie sie zu nehmen ist.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.03.2006

Einen Mangel findet Fritz J. Raddatz am Ende dann doch bei Peter von Matt: Er sei "nicht anmaßend genug, Antworten auf alles zu geben". Das war?s dann aber auch schon mit den Einwänden. "Die Intrige" nennt Raddatz eine "Achterbahn des intellektuellen Vergnügens", ganz undeutsch in ihrem Denkspaß. Matt erweist sich Raddatz zufolge als "Flaneur im besten Sinne des Wortes", und das heißt offenbar: "bildungssatt und erkenntnishungrig". Offensichtlich hat dieser "Kenner wie Könner" es geschafft, intellektuelle Leidenschaft in Raddatz zu entfachen, durch die "leichthändige Souveränität", mit der er Nietzsche, Benn und Heine mit Dante, Balzac und Odysseus mit Orchideen, Filmen und dem Fliegenwurz zusammenführt. Am Ende bleibt dem Rezensenten da nur noch eines zu sagen: "Da capo."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.03.2006

Wie schon in früheren Büchern geht der emeritierte Schweizer Literaturwissenschaftler Peter von Matt mit seiner Studie über die Intrige "aufs Ganze", denn er begnügt sich nicht mit ein paar Bemerkungen von literaturhistorischer Relevanz, stellt Jens Bisky bewundernd fest. Die Neigung zur Intrige beschränke der Autor nicht auf die Literatur, sondern er mache sie vielmehr schon in der Natur aus, wenn er auf Mimikry und Verstellung im Tier- und Pflanzenreich hinweist. Damit zeichnet sein Buch eine "Unbescheidenheit" aus, die den eigentlichen "Reichtum" dieser Untersuchung ausmacht, findet der Rezensent. Genauso gefällt Bisky ausnehmend gut, dass von Matt nicht ein Schema der Intrige zugrunde legt, sondern stattdessen immer wieder die Abweichung, die "besonderen Fälle" von Intriganten ins Visier nimmt. Deutlich wird, dass dem Intriganten die "Sympathie" des Autors sicher sei, weil hier "mit Verstand, nicht mit Magie" gearbeitet werde, betont der Rezensent, der in der Analyse von Lessings "Attacke" gegen Corneilles "Rodogune" das "Glanzstück" des Bandes ausmacht. Für den begeisterten Bisky ist die Lektüre dieses Buches wie ein "Gespräch in gehobener Seelenlage", das sich zwar kaum nacherzählen lässt, das man aber "nur unwillig beendet". Viele zitierfähige Sätze hat der Rezensent gefunden und zudem beeindruckt es ihn nachhaltig, wie "souverän" Matt die aktuelle Forschung zum Thema ignoriert.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.02.2006

Mit großer Begeisterung hat Rezensent Roman Bucheli diese Studie über "Theorie und Praxis der Hinterlist" gelesen, die Peter von Matt vorgelegt hat. Wie er darlegt, widmet sich der Autor anhand zahlloser Beispiele aus der Literaturgeschichte - von der Bibel, Homer und Ovid über Dante hin zu Thomas Mann, Philip Roth und Patricia Highsmith und vielen anderen Autoren - der Theorie und Praxis der Intrige, die er als "zivilisationsgeschichtliches Schlüsselereignis" deutet. Die List erscheine danach als Sinnbild des logischen Handelns, als "praktizierte Hybris der Vernunft", mit der sich der Verstand über das blinde Schicksal hinwegsetze. Fasziniert folgt Bucheli der Darstellung der großen Intriganten der Geschichte der Literatur, um ihn ihnen den "zivilisatorischen Prozess der Modernisierung, der Entzauberung und Verwissenschaftlichung" (von Matt) zu erkennen. Bucheli lobt die Arbeit als spannend und kurzweilig, den Autor als "begnadeten Erzähler", dem es gelinge, die losen Enden aller Geschichten und aller Theorie am Ende erkenntnisreich zusammenzuführen. Bewundernd hält er fest, dass von Matt auf 500 Seiten keine Zeile Sekundärliteratur zitiert, vielmehr alles aus den Quellen gewinnt. "Das ist kein Zeichen von Überheblichkeit", so der Rezensent, "aber Zeugnis der Souveränität des freien Denkens".

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