Peter Esterhazy

Ein Produktionsroman

(Zwei Produktionsromane)
Cover: Ein Produktionsroman
Berlin Verlag, Berlin 2010
ISBN 9783827004079
Gebunden, 538 Seiten, 36,00 EUR

Klappentext

Aus dem Ungarischen von Terezia Mora. Ein Roman aus zwei Teilen. Teil I ist die grandiose Parodie eines "Produktionsromans", jener Gattung, in der die Autoren der kommunistischen Hemisphäre gemäß der Doktrin des sozialistischen Realismus das Leben der Arbeiterklasse optimistisch "widerzuspiegeln" hatten. Esterhazy zeigt den Tagesablauf in einem mathematischen Institut, die Irrungen und Wirrungen des Rechentechnikers Imre und seines Genossen Generaldirektor Gregory Peck, beide hin(und her-)gerissen von der blonden Sekretärin Marilyn Monroe. Aber jede Produktion, die der Titel verspricht, wird von der Papierflut überschwemmt, die die groteske Slapstick-Suche nach einer verloren gegangenen Studie auslöst. Teil II heißt "E.s Aufzeichnungen". Der Chronist Peter Eckermann (oder Peter Esterhazy?) berichtet in Anmerkungen voller Verehrung und Respekt, aber hochvergnüglich über die Umstände, unter denen Teil I vom "Meister" (Goethe?, Peter Esterhazy?) geschrieben wurde, über dessen Privatleben - in Szenen von gnadenloser Alltäglichkeit, immer wieder unterbrochen von den Kommentaren des "Meisters", seinen Reflexionen über den Roman. Nur scheinbar ein Anmerkungsteil, ist es in Wahrheit ein "Produktionsroman" im Esterhazy'schen Sinne, ein Roman über die Produktion eines Romans.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.01.2011

So ist er, der Autor, hier können wir ihn kennenlernen und sogar sein zukünftiges Schaffen ermessen. Hansjörg Graf kann das jedenfalls, wenn er diesen kuriosen Doppelroman (Roman nebst ausuferndem Anmerkungsteil nämlich) liest. Und was er da sieht, stimmt ihn froh. Peter Esterhazy scheint ihm ein Spitzbube zu sein, ein Tausendsassa und das Buch Autobiografisches, eine Physiologie der Liebe und Subversives aus der Welt ungarischer Produktionsgenossenschaften gleichermaßen spielerisch zu verarbeiten. Stilistisch reicht das laut Graf schön anarchisch von der Briefform über den Aphorismus bis hin zum Essay. Insgesamt sieht er dem Totalitätsanspruch des Autors hier Gerechtigkeit widerfahren, aufs Unterhaltsamste, wie es aussieht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.12.2010

Wenn Sie Peter Esterhazy nicht verstehen, befinden Sie sich in guter Gesellschaft: Seine Mutter hat Schwierigkeiten damit, Peter Nadas findet ihn "vertrickst" und Miklos Meszöly ärgerte sich über die "Szenesprache". Auch Rezensent Andreas Isenschmid hat Probleme. Und doch! Seine Besprechung ist eine einzige Werbung dafür, den Versuch zu wagen. Esterhazy trainiert den Gehirnmuskel wie kein anderer, verspricht der Rezensent. "Ein Produktionsroman" erschien in Ungarn 1979 und machte den Autor auf der Stelle berühmt. Die Ungarn liebten dieses Buch, das den Irrsinn der sozialistischen Bürokratie mit den vertracktesten Wortspielen und Anekdoten aufs Korn nahm, erzählt Isenschmid. Esterhazy wollte keine Gesinnungsliteratur schreiben, sondern das System mit ästhetischen Mitteln entlarven. Und das scheint ihm laut Rezensent bestens gelungen zu sein. Übersetzerin und Autorin Terezia Mora hat im Deutschen daran nicht unerheblichen Anteil und ein "fettes Sonderlob" geht an den Berlin Verlag, der den deutschen Lesern die drei Hauptromane Esterhazys zugänglich gemacht hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.11.2010

Muss man ein Buch ganz verstehen? Muss man nicht, meint Hubert Spiegel, man kann sich auch einfach dran erfreuen. Wie an Peter Esterhazys erst jetzt von Terezia Mora "fabelhaft" übersetztem "Produktionsroman" von 1979. Das Buch, so klärt Spiegel uns auf, hatte einst für jede Menge Ärger im sozialistischen Ungarn gesorgt und den Autor über Nacht berühmt gemacht. Nach der Lektüre, weiß Spiegel auch, wieso: Weil Esterhazy das literarische Genre des Produktionsromans so heftig verhöhnt, dass es Spiegel heute noch krachen hört. Literarisch aber passiert das laut Spiegel auf höchstem Niveau, mit multiplen Figuren, Handlungssträngen, Pointen, Finessen und Anspielungen zuhauf, mit ausufernden Metakommentaren und Anleihen bei Joyce. Nicht gerade produktionsfördernd im Sinne des sozialistischen Kunstbegriffs, so ein Buch, befindet Spiegel, doch erhellend in Sachen ungarische Geschichte, Familie Esterhazy und Fußball allemal.
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