Olga Tokarczuk

Die Jakobsbücher

Roman
Cover: Die Jakobsbücher
Kampa Verlag, Zürich 2019
ISBN 9783311100140
Gebunden, 1184 Seiten, 42,00 EUR

Klappentext

Aus dem Polnischen von Lisa Palmes und Lothar Quinkenstein. Mit historischen Abbildungen. Den einen galt er als Weiser und Messias, den anderen als Scharlatan und Ketzer. Eine der bedeutendsten Figuren des 18. Jahrhunderts ist er allemal: Jakob Frank, 1726 im polnischen Korolówka geboren, 1791 in Offenbach am Main gestorben. Als Anführer einer mystischen Bewegung, der Frankisten, war Jakob fest entschlossen, sein Volk, die Juden Osteuropas, endlich für die Moderne zu öffnen; zeit seines Lebens setzte er sich für ihre Rechte ein, für Freiheit, Gleichheit, Emanzipation. Tausende Anhänger scharte Jakob um sich, tausende Feinde machte er sich. Und sie alle, Bewunderer wie Gegner, erzählen hier die schier unglaubliche Lebensgeschichte dieses Grenzgängers, den es weder bei einer Religion noch je lange an einem Ort hielt. Es entsteht das schillernde Porträt einer kontroversen historischen Figur und das Panorama einer krisenhaften Welt an der Schwelle zur Moderne. Zugleich aber ist Olga Tokarczuks Roman ein Buch ganz für unsere Zeit, stellt es doch die Frage danach, wie wir uns die Welt als eine gerechte vorstellen können.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.12.2019

Für Judith von Sternburg ist Olga Tokarczuk die ideale Literaturnobelpreisträgerin. Wie die Autorin in ihrem Roman dem Tod trotzt und stets den Witz und das Vergnügen noch im Schrecken entspannt beschreibt, scheint ihr bemerkenswert. Sympathisch sind Sternburg nicht nur die mannigfachen Figuren (am wenigsten noch der titelgebende Frankistenmessias Jakob), sondern auch der Umstand, dass Tokarczuk keinen historischen Roman vorlegt. Stattdessen schreibt sie laut Sternburg tatsächlich einen Text über jede Zeit, idealerweise eine, in der das Fremd- und Befremdetsein gefeiert wird, so die Rezensentin. Tokarczuks große erzählerische Geste und barocke Weitschweifigkeit bedeuten nicht, dass die Geschichte weniger konkret ist oder Überflüssiges enthält, versichert die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.10.2019

Rezensentin Marta Kijowska rät dazu, Olga Tokarczuks Roman langsam zu studieren, nicht auf einmal zu lesen. Dem Leser erschließt sich auf die Art ein an Details der polnischen und der polnisch-jüdischen Geschichte überreiches literarisches Gemälde, auch ohne Kenntnis der Judaistik, meint sie. Die Gliederung in Bücher, Teile und Kapitel unterstützt diese Lesart laut Kijowska, die sich Tokarczuks "mühelosem" magischen Realismus ebenso gerne überlässt wie sie die kultur-, politik- und religionsgeschichtlichen Informationen im Text aufsaugt und darüber Bezüge zur Gegenwart herstellt.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 29.10.2019

Nach Meinung Sabine Adlers hat Olga Tokarczuk den Literaturnobelpreis 2018 verdient. Die Autorin hält sie für eine fabulierfreudige, fantasiebegabte und geschichtsinteressierte Schriftstellerin, die in der Lage ist, dem Leser ein differenziertes Bild von Polens Geschichte zu vermitteln. Der vorliegende von Lisa Palmes und Lothar Quinkenstein laut Adler "exzellent" übersetzte Roman über die multiethnische polnisch-litauische Adelsrepublik überzeugt die Rezensentin darüber hinaus mit empathisch gezeichneten lebendigen Figuren und farbigen Schauplätzen und einer turbulenten Handlung.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.10.2019

Obwohl die altertümelnde Aufmachung dieses Buchs den Rezensenten Fabian Wolff zunächst eher abgeschreckt hat, wurde er beim Lesen eines Besseren belehrt: Die gerade mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnete Olga Tokarczuk nimmt den historischen Mystiker Jakob Frank - charismatischer Kopf einer von Kabbalisten und Sabbatianern inspirierten jüdischen Bewegung - zum Anlass, an das verdrängte jüdische Erbe Polens zu erinnern, erklärt der Kritiker. Niemals überzeichnend, egal, ob sie von den Christen oder Juden in Polen-Litauen berichtet, macht sie aus der Geschichte der Frankisten einen "sensiblen, zärtlichen, trauererfüllten" Roman, lobt Wolff. Für Tokarczuk der Roman Teil eines polnischen Erinnerungsprojekts, hat sie laut Rezensent im New Yorker erzählt. Hier zeigt sie, dass die polnische Juden immer zu Polen gehört haben, egal, welche Sprache sie sprachen und ob sie sich selbst als Polen sahen, erklärt Wolff, den dieser Roman sichtlich tief beeindruckt hat.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 12.10.2019

Rezensent Martin Sander beschreibt Olga Tokarczuks "Jakobsbücher" als großartigen historischen Roman mit wertvollen Bezügen zur Gegenwart: Während die derzeitige nationalkonservative polnische Regierung die polnisch-litauische Adelsrepublik des 18. Jahrhunderts als "goldenes Zeitalter" idealisiere, zeige Tokarczuks Buch über den Mystiker Jakob Frank, wie unmenschlich die Vertreter von Adel und Klerus zu dieser Zeit agierten. Mit ausschweifenden Nacherzählungen einzelner Handlungspassagen versichert der Kritiker, dass die Autorin, gerade frisch mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet, ihre präzisen historischen Kenntnisse und fantasiereichen Einfälle zu einer spannungsreichen Geschichte über das Leben eines fanatischen Charismatikers verflochten hat, die auch mit Anklängen an den magischen Realismus geschmückt sei. Großes Lob geht auch an Lisa Palmes und Lothar Quinkenstein für ihre kongeniale Übersetzung. Das Fazit des Rezensenten: ein lehrreiches Lesevergnügen.