Martina Kieninger

Die Leidensblume von Nattersheim

Roman
Cover:  Die Leidensblume von Nattersheim
Liebeskind Verlagsbuchhandlung, München 2005
ISBN 9783935890304
Gebunden, 288 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Die Metzgereifachverkäuferin Emma Lochmüller hat nicht nur in Nattersheim ihre Anhänger, nein, im ganzen Landkreis weiß man von ihren Visionen, in Fleinheim, Dorfmerkingen und auch in Ebnat. Seit zwei Jahrzehnten ernährt sich die Emma von nichts anderem als der heiligen Kommunion, heißt es, außerdem zeigen sich an ihren Händen die Wundmale Christi, und zwar täglich, mit Ausnahme an Feiertagen. Was Pfarrer Humpf sehr gelegen kommt, werden die Gläubigen doch busweise nach Nattersheim gebracht, damit die Emma für sie beten kann. Nur der Bischof, der ist skeptisch und betraut einen gewissen Pater Dankward mit der Überprüfung der sogenannten Nattersheimer Phänomene, ausgerechnet ein Franziskaner, der als kritischer Geist bekannt ist...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.02.2006

Alexandra Kedves stockt schier der Atem angesichts der irrwitzigen "Passionsgeschichten", die die gebürtige Stuttgarterin in ihrem Debütroman entfaltet. Wahrscheinlich müsse man, um so über "Schwierigkeiten und Schmierigkeiten einer urschwäbischen Unkenexistenz" schreiben zu können einen großen Abstand haben, mutmaßt die Rezensentin, die es deshalb nicht wundert, dass die Autorin in Uruguay lebt. Im Mittelpunkt des Buches stehen eine an ihre Erwähltheit glaubende 80-jährige Metzgereiverkäuferin und ein Schachspieler, die beide mit "Stigmata" und Heilkräften gesegnet sind, der einen zur Freud, dem anderen zum Leid, erzählt die Rezensentin. Hier wird Heiliges und Profanes "auf die Schippe" genommen und in "frech verzerrten, aber selten falschen Tönen" fabuliert, so Kedves hingerissen, die sich während der Lektüre "über weite Teile" des Romans hervorragend amüsiert hat. Es ist ein "rechter katholischer Karneval", den Kieninger da inszeniert, und dazu gehören eben auch "derbe Kalauer", so die Rezensentin einsichtig, die es dem Roman gern verzeiht, dass er sich am Ende nach all dem "wilden Treiben" doch ein bisschen "verläuft".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.01.2006

Den Rezensent Christoph Haas stimmt dieser Roman skeptisch. Zwar stecken seiner Meinung nach in der Geschichte über Heiligenkulte, die gleichzeitig eine "Satire auf die schwäbische Provinz" ist, durchaus "einige witzige Details" und einige stimmungsvolle Momente. Doch alles in allem hat sich die Autorin Martina Kieninger mit der Geschichte übernommen. Haas meint, dass der Stoff außer Kontrolle geraten ist und bezeichnet das Buch, wenig schmeichelhaft, als "Ergebnis einer bloßen Wucherung; allzu willkürlich, zu wenig reflektiert ist der Umgang mit den Figuren und der Handlung".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.11.2005

Eine gewisse Hartnäckigkeit ist schon vonnöten, will man das "sprachliche und literarische Knäuel" in Martina Kieningers neuem Buch entwirren, meint Rezensent Gerrit Bartels. Belohnt wird man dafür aber mit einem "kleinen Wunderwerk", das sogar ein Stück Religions- und Wissenschaftssatire enthält. Kieninger schickt den Leser in ein schwäbisches Provinznest, in dem eine von Stigmen und Visionen geplagte Frau lebt. "Voller Lust fabulierend" lässt die Autorin ihre Protagonistin aus den Wundmalen bluten und sie von Luft und Hostien leben. Dazu kommen dann noch ein paar andere "skurrile" Figuren, wie etwa ein - ebenfalls blutender - russischer Schachspieler oder ein Unternehmer, der Leichenköpfe tiefkühlt. Allesamt "manchmal aufdringlich eigenartige Figuren", denen Bartels aber durchaus Sympathie entgegenbringt. Besonders gelungen findet der Rezensent auch die Art, in der Kieninger die Kombination aus schwäbischer Rückständigkeit und Fortschrittsglauben dokumentiert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.09.2005

Der Rezensent Ulrich Rüdenauer ist ein bisschen genervt von dieser überdrehten Satire, auch wenn es an dieser Geschichte über den Aberglauben auf der schwäbischen Alb in seinen unterschiedlichen Inkarnationen durchaus viele "Details" gibt, die "verzaubern" können und die potenziellen Unterhaltungswert haben. Auf jeden Fall hat Rüdenauer den Eindruck, dass "sich die Autorin im beschriebenen schwäbischen Milieu und als Chemikerin auch mit der Wunschproduktion und den Allmachtsfantasien der wissenschaftlichen Zunft gut auskennt". Trotzdem funktioniert die Geschichte nicht richtig, weil sie einfach unglaublich überfrachtet ist: "Selbst die Satire verliert an Charme, wenn sie ihre Mittel überreizt." So driftet die Geschichte oft ins Absurd-Slapstickhafte ab. Der "doppelte Boden" fehlt nach Meinung des Rezensenten, dem Leser wird eine bestimmte Rezeption der Lektüre aufgedrängt: "Man hat es längst verstanden, bekommt aber immer wieder neue groteske Wendungen präsentiert."