Malte Herwig

Meister der Dämmerung

Peter Handke. Eine Biografie
Cover: Meister der Dämmerung
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2010
ISBN 9783421044495
Gebunden, 368 Seiten, 22,99 EUR

Klappentext

Mit zahlreichen Fotos, Faksimiles von Tagebuchseiten sowie Zeichnungen und Skizzen. Peter Handke ist einer der umstrittensten und produktivsten Autoren der Gegenwart. Sein Bild in der Öffentlichkeit ist von Extremen geprägt: Hohepriester der Kunst, einsamer Mönch, Serbenfreund. Wie viel Wahrheit steckt hinter diesen Bildern? Auch sein Leben erscheint als ständige Gratwanderung zwischen Extremen: zwischen Einsamkeit und Liebe, Menschenscheu und Ruhmsucht, Sprache und Politik, Traum und Welt.
Der Journalist und Literaturwissenschaftler Malte Herwig legt die tief ins Leben reichenden Wurzeln dieses Werks bloß wie kein Biograf zuvor. Er führte lange Gespräche mit dem Dichter, dessen Verwandten, Weggefährten und Kontrahenten, und er erhielt Einsicht in Handkes Notizbücher und Korrespondenz.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.11.2010

Zwei- bis dreierlei macht diese Besprechung der ersten großen Handke-Biografie schnell klar. Erstens ist der Biograf Malte Herwig dem Gegenstand seines Buches prinzipiell sehr gewogen. Zweitens hält auch der Rezensent Otto A. Böhmer zweifellos Peter Handke für einen bedeutenden Autor. Und drittens kommt beides so zusammen, dass Böhmer auch Herwigs Herangehen ebenso wie das, was dabei herauskommt, mag. Er konstatiert also ein Gelingen. Nachgerade "spannend" sei, wie hier die Lebensgeschichte eines früh Begabten und auf Dauer Unangepassten erzählt wird - ja, spannender als so mancher Suhrkamp- oder Residenz-Verlag-Roman. Als entscheidendes Erlebnis im Schreiben des Dichters macht Herwig, so Böhmer, die Erkenntnis des "Nunc Stans"-Moments aus: die Erhellung des "Augenblicks in der Ewigkeit" im Schreiben über die Welt. Interessant werde es aber auch da, wo Handke entschieden Daniel Kehlmann oder Herta Müller als Kunstgewerbe verdammt. Die Gespräche, die der Biograf mit Peter Handke geführt hat, tragen zur Lebendigkeit des Bandes darum, lobt der Rezensent, Wichtiges bei.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.11.2010

Zu Lothar Müllers Bedauern hat sich Malte Herwig in seiner Biografie Peter Handkes die Sprache und die "raunenden Obertöne" des Schriftstellers derart anverwandelt, dass es die klar vorhandenen Vorzüge seiner Lebensbeschreibung zu vernebeln droht. Der Rezensent findet nämlich, dass der Autor sehr gewinnbringend recherchiert hat und somit einiges von Interesse beispielsweise aus dem Archiv des bischöflichen Priesterseminars Marianum, in das Handke für fünf Jahre eingetreten war, oder aus Familienbriefen zutage gefördert hat. Sehr genau forscht Herwig der Familiengeschichte Handkes nach und interessiert sich augenscheinlich für das Privatleben des Autors mehr als für eine "Soziologie" einer seit den 1970er Jahren steil ansteigenden "literarischen Karriere", stellt der Rezensent fest. Aber Müller hätte sich mehr kritische Distanz, eben einen "selbstbewussten Journalisten" statt eines einfühlenden Poeten gewünscht, der beispielsweise auch Handkes öffentliche Haltung zu Serbien und insbesondere zu Slobodan Milosevic kritisch kommentiert.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.11.2010

Laut Ulrich Rüdenauer geht es in der Handke-Biografie des Literatuwissenschaftlers Malte Herwig nicht zuletzt um das Beziehungsfeld von Poesie und Politik, logisch eigentlich. Zwischen Handkes romantischer Ader, seiner Sehnsucht (nah verlorener Heimat?), die Wirklichkeit in etwas Magisches verwandelt, und dem "Ruch des Unangemessenen" (der Besuch bei Karadzic) findet der Rezensent den Quell von Handkes Produktivität. Herwig folgt ihm dabei mit kritischer Empathie (für Handke), lässt jede Menge Freunde zu Wort kommen und fördert durch Bezüge zwischen Schreiben und Erfahrung zwar nichts sensationell Neues zutage, wie Rüdenauer bemerkt, versieht seine Arbeit aber geschickt genug, dass der Rezensent sogar über Kurzschlüsse und enervierende Flottheit hinwegsieht. Um schließlich auf Leckerbissen wie den bislang unveröffentlichten Briefwechsel zwischen dem jungen Handke und seinem Vater zu stoßen. Und hier erkennt Rüdenauer wieder ganz deutlich den fruchtbaren Widerspruch zwischen Übereinkunft und Einsamkeitsverlangen bei diesem Autor.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.11.2010

Sozusagen halb autorisiert ist diese erste Biografie Peter Handkes: Die Zitate sind es, ausführliche Gespräche gewährte der Dichter seinem Lebensbeschreiber auch. Was aber Handke vom Buch insgesamt hält, weiß man nicht. Felicitas von Lovenbergs Haltung dagegen ist ziemlich klar, nämlich ambivalent. Vor allem die Kapitel über die frühen Jahre findet sie dicht, informativ, interessant. Schreiben könne der Literaturwissenschaftler Malte Herwig hervorragend, kein falscher Jargon gerate ihm ins Erzählen. Insgesamt zufriedenstellend ist das Werk für die Rezensentin dennoch aus mehreren Gründen nicht. Zum einen gebe es immer wieder recht erstaunliche Auslassungen und Brüche. Zum zweiten gehe Herwig auf das Werk als solches kaum ein, nutze es nur als Steinbruch für biografische Informationen. Und zum dritten werde sehr deutlich, dass er nur mit freundlich gesinnten (und freundlich gesinnt gebliebenen) Wegebegleitern gesprochen hat. Anders als etwas einseitig positiv konnte diese Biografie dann wohl, meint von Lovenberg skeptisch, kaum ausfallen.
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