Lothar Baier

Keine Zeit

18 Versuche über die Beschleunigung
Cover: Keine Zeit
Antje Kunstmann Verlag, München 2000
ISBN 9783888972492
Gebunden, 224 Seiten, 16,36 EUR

Klappentext

In achtzehn Kapiteln rund um die Zeit erzählt Lothar Baier von dem historischen Wandel des Zeitbegriffs und des Zeitgefühls, zeigt die philosophischen und politischen Bezüge und die physikalischen und sozialen Konzepte, auf denen unser Zeitverständnis beruht. In dieser klugen und nachdenklichen Betrachtung über die Zeit steht immer die Frage im Mittelpunkt: Wie wollen wir leben? Ein brillant geschriebener Rettungsversuch der kostbarsten Ressource des Menschen, der Zeit.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.05.2001

Mit allerlei Phänomenen von Zeit und entkomprimierter Zeit hat sich der Publizist Lothar Baier in seinen Essays auseinandergesetzt. Mit der "Echtzeit" des Golfkrieges, der "Zeitwirtschaft" in Thomas Manns "Zauberberg", mit Primo Levis Wunsch während seiner Haft, außerhalb der Zeit zu sein, berichtet Gunter Hofmann. Der Rezensent sieht beim Autor keineswegs eine kulturpessimistische Sicht gegeben, eher einer kritisch-aufklärerische, wenn er die These aufstellt, dass die Beschleunigung der Zeit durch moderne Technologien eine Illusion sei. So ganz ist Hofmann mit dieser Sicht einer "buntbewimpelten Trägheit" nicht einverstanden. Die Welt der Benutzeroberfläche, hinter der Baier eine nach wie vor einfache Welt vermutet, ist für Hofmann Teil einer komplexen Entwicklung und keine Täuschung. Und auf die Frage nach der Zukunft der Demokratie gibt es für den Rezensenten keine glatte Antwort. Die gibt auch Baier nicht. Gut so, denkt Hofmann und lobt Baiers subversiven Stil, mit dem er den Leser auf eigene und eigenwillige Weise durch verschiedene Zeitverhältnisse flanieren lässt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.12.2000

Ein gut verständliches Buch hat Lothar Baier da vorgelegt, behauptet Franz Schandl, das sich - dem Thema angemessen - die Zeit nimmt, seine Thesen sorgfältig und "unaufgeregt" zu vermitteln. Denn es geht um die Zeit, von der wir nie genug haben, nie genug kriegen, ihre Be- und Entschleunigung, und zunächst mal liest sich all das, was Schandl da im Namen Baiers vorträgt, ziemlich bekannt und fast etwas altbacken. Tempo, Profitstreben und die sozialen Folgen; allzeitige Verfügbarkeit; Zeitgewinn durch Zeitverlust sind einige der Stichworte, die Schandl aufführt. Baier schweife häufiger vom selbst gestellten Thema ab, schreibt der Rezensent, der diese Exkurse jedoch mit Gewinn verfolgt hat. Baier plädiere nicht einfach für Verlangsamung des Tempos, so einfach mache er sich das nicht: einiges könnte seiner Meinung nach sogar schneller gehen, anderes eben langsamer, resümiert Schandl Baiers differenzierte Befürwortung von mehr Zeitsouveränität.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.10.2000

So ganz mag Jörg Plath nicht in Lothar Beiers Klage über die Beschleunigung einstimmen. Und das liegt nicht etwa daran, dass er Baiers These von der willkürlich erzeugten Beschleunigung auf Benutzeroberflächen wie Computern und Fernsehern nicht folgen mag. Was ihn stört ist eher, dass Baier diese These als eine Art Passepartout zu benutzen scheint, um über alle Themen zu schreiben, die ihm gerade am Herzen liegen - und sein Spektrum ist weit gespannt: Es reicht vom Reformstau bis zum Kosovokrieg. Hier vermisst der Rezensent eine theoretische und bündelnde Klammer. Die findet er höchstens in einem `durchgängigen Kulturpessimismus` Baiers, der den Autor zu wenig Differenzierungen zu treiben scheint. Ganz und gar nicht zuzustimmen mag Plath auch, wenn Baier im Börsenwahn der New Economy gleich eine den Nazis gleichzusetzende Ideologie erblickt.