Bernd Leineweber, Christian Schneider, Cordelia Stillke

Trauma und Kritik

Zur Generationengeschichte der Kritischen Theorie
Cover: Trauma und Kritik
Westfälisches Dampfboot Verlag, Münster 2000
ISBN 9783896917034
Gebunden, 48 Seiten, 116,06 EUR

Klappentext

Den Todesbescheinungen Sloterdijks zum Trotz zeigt die Kritische Theorie überraschender (?) Weise, dass ihre Bedeutung bis heute anhält. Diese Wirkung ist aus dem Zusammentreffen der "negativen" Philosophie Adornos mit den Protestmotiven der "zweiten Generation" der "Kinder der Täter" zu erklären. Dieses Buch macht den Versuch, mit der Wirkung der Theorie auch ihre logische Struktur aus dem Zusammenhang und den Brüchen zwischen den Generationen der Lehrer und Schüler zu verstehen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.04.2001

Etwaiges Misstrauen des Lesers, wenn's um den Begriff der Generation geht, will der Rezensent vorab zerstreuen. Im Falle dieses Buches, schreibt Lothar Baier, sei es unberechtigt, die Autoren seien sich der Problematik ihres Themas durchaus bewusst und konzentrierten sich bei ihrem Blick auf die Geschichte der Kritischen Theorie ganz auf die Übergänge zwischen und innerhalb von Generationen. Auf differenzierte und anregende Ausführungen stößt Baier im Zusammenhang mit den didaktischen Schwierigkeiten Adornos und Horkheimers im traumatisierten Nachkriegsdeutschland. So rekonstruiere der Band "nüchtern, mit Empathie, doch ohne Parteinahme" die Adornos Tod vorausgehenden Auseinandersetzungen zwischen Schülern und Lehrer, "von denen heute nicht viel mehr zurückgeblieben ist als einige spektakuläre Fotos und das berühmte Wort vom 'linken Faschismus'". Im Ganzen hält Baier diesen Versuch, die Kritische Theorie intellektuell und politisch verständlich zu machen, ausdrücklich für lobenswert.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.02.2001

Wer Ich sagt muss leider auch Wir sagen, wenn er sich der Aufgabe stellt, eine Generationengeschichte zu schreiben. Vor diesem Problem steht nach Meinung des Rezensenten Rudolf Walther auch das Autorenkollektiv des vorliegenden Bandes. Er wünschte sich aber auch, dass sie doch beim Ich geblieben wären und das seiner Meinung nach theoretisch äußerst fragliche Unternehmen einer Generationengeschichte der 68er unterlassen hätten. Als Analyse "ihrer eigene Anziehung durch und Distanz zur Kritischen Theorie" ist dieses Buch "nicht hoch genug zu schätzen", meint Walther. Es verfalle aber dem "Ehrgeiz" der Autoren "mit dem ambivalenten Gestus von 68ern" das Ganze erklären zu wollen. Ich ist in diesem Fall wohl doch kein anderer.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.11.2000

Die Zeit für die historische Einordnung der Kritischen Theorie in die Geschichte der Bundesrepublik scheint gekommen. Uwe Justus Wenzel stellt zwei Bände vor, die sich dieser Aufgabe auf unterschiedliche Weise stellen.
1) Albrecht/Behrmann u.a.: "Die intellektuelle Gründung der Bundesrepublik"
Der Anregung ihres Lehrers, des Soziologen Friedrich H. Tenbruck, folgend, versuchen mehrere Soziologen in diesem Band nachzuweisen, dass die Begründer der Kritischen Theorie Adorno und Horkheimer als "Vollstrecker des `Reeducation`-Programms" der USA so etwas wie die geistigen "Gründungsväter" der BRD wurden. An dieser Umwertung der Einschätzung - Kritische Theorie statt im ständigen außerparlamentarischen Widerstand nun geradezu von staatstragender Bedeutung - sei vielleicht sogar etwas dran, so der Rezensent Uwe Justus Wenzel. In der Absolutheit, mit der die These vorgetragen wird, habe sie jedoch "etwas leicht Forciertes". Als Korrekturmaßnahme begrüßt er den Band aber durchaus.
2) Schneider/Stillke/Leineweber: "Trauma und Kritik"
Die Autoren des Bandes sehen sich selbst in der Tradition der Kritischen Theorie - und setzen sich als 68er doch kritisch mit den Psychostrukturen der Gefolgschaft (die Theoretiker als "Ersatzeltern") wie mit den Ausdifferenzierungen der Theorie - Adorno versus Horkheimer, Habermas versus die 68er, Marcuse, der "Onkel aus Amerika", als Alternative zu den anderen - auseinander. Heraus kommt, stellt Uwe Justus Wenzel fest, ein Stück "aufgeklärter Selbstverständigungsprosa". Überzeugend findet er auch die These von der Projektion der 68er-Generation als Opfer des Naziregimes: nur so habe man womöglich "ein Bewusstsein von der Realität der Opfer" gewinnen können. Das könne denn auch das Verdienst der kritischen Theorie als "negativer Lebenslehre" bleiben: auf der "Erfahrung der Shoah als Zivilisationsbruch" insistiert zu haben, der nicht historisierbar ist.