Jurek Becker

Ihr Unvergleichlichen

Briefe
Cover: Ihr Unvergleichlichen
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783518416433
Gebunden, 464 Seiten, 24,80 EUR

Klappentext

Ausgewählt von Christine Becker und Joanna Obrusnik. Jurek Becker war ein wunderbarer, mit großem Humor gesegneter Briefeschreiber. Von 1969 bis 1996 reicht diese Sammlung von Briefen, in denen sich das Werden eines Schriftstellers, seine politische Haltung zwischen den Systemen, seine Bekanntschaften und Freundschaften, wachsender Erfolg und die unablässige Schärfung seines ironischen Talents ablesen lassen. Die Briefpartner Jurek Beckers sind, abgesehen von den ihm Allernächsten, diejenigen, die ihm alle "sein" Verlag sind: Siegfried Unseld, Elisabeth Borchers und Burgel Zeeh. Er schreibt an Kollegen wie Max Frisch, Uwe Johnson, Günter Grass, Stephan Hermlin, Wolf Wondratschek, Bernhard Schlink und Stefan Heym, an Kritiker und Literaturwissenschaftler wie Marcel Reich-Ranicki, Fritz J. Raddatz, Heinz-Ludwig Arnold, Paul Michael Lützeler und Leslie Willson - aber auch an das Präsidium des Schriftstellerverbandes der DDR, die Polizei Delmenhorst sowie die Kundendienstabteilung eines Elektrogeräteherstellers.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.01.2005

Jurek Becker hält Rezensent Jan Bürger für "unvergessen", die "nachlässige" Auswahl seiner Briefe mag er aber nur "widerwillig" empfehlen. Dass der Band in den Augen Bürgers "lesenswert" bleibt, liegt einzig und allein an dem "hervorragenden" Schreibstil Beckers und seinem bewegten Leben, von dem die Briefe Zeugnis ablegen. Das "Schönste" an den Briefen liegt für Bürger darin, dass Becker sie als Teil seines literarischen Werks begriff und deshalb ihre Form "ungewöhnlich ernst" nahm. Allerdings fragt sich der Rezensent, wo die wirklich persönlichen Dokumente geblieben sind, wenn der Austausch mit der Lektorin schon das Intimste ist, was der Leser zu Gesicht bekommt. Außerdem hätte sich Bürger auch die Aufnahme einiger Postkarten Beckers an seinen Sohn Johnny gewünscht, die in einem separaten Band erscheinen und in denen die "große Stärke" des Autors, die Ironie, besonders komprimiert deutlich wird. Auch der "dürftige" Kommentar und das Fehlen "anständiger Register" verstärken seine "Skepsis" gegenüber Herausgebern und Verlag. Zum Schluss bleibt der fromme Wunsch, dass Beckers Briefe in Zukunft so aufmerksam editiert werden, "wie es ein Autor seines Formats verdient hat".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.12.2004

Martin Lüdke spart nicht mit Attributen, um den Charakter von Jurek Beckers Briefen zwischen 1969 und 1996 zu beschreiben: Charmant und schmeichelnd seien sie oft, zuweilen aber auch herablassend und "schroff", eitel und "rechthaberisch". Und immer witzig, "fast zwanghaft schon", auch in Zeiten, als es eigentlich wenig zu lachen gab. Lüdke meint die DDR- Zeiten, als Becker nach seinem Erfolg mit "Jakob, der Lügner" einerseits "taktieren" musste, andererseits mit seiner Meinung über Kritiker und Kulturpolitiker kaum hinter dem Berg hielt - eine bemerkenswerte Zivilcourage zu einer Zeit, "als sich das damit verbundene Risiko noch nicht abschätzen ließ". Und so erfahre der Leser dieser Briefe indirekt auch viel über Beckers Werk - über die Haltung, die dahinter stand. Fazit: eine im Ganzen lohnende Leküre, auch wenn Becker kaum direkten Bezug auf seine Arbeit nehme, einiges sich wiederhole oder schlichtweg uninteressant sei und der Kommentar der Herausgeber auch nicht viel tauge.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.11.2004

Jurek Becker war ein eitler und schnell zu kränkender Mann, aber er war ein ausgesprochen charmanter Briefschreiber, behauptet Martin Krumbholz, der diesen Band mit ausgewählten Briefen des 1996 verstorbenen Autors mit größtem Vergnügen zur Kenntnis genommen hat. Becker war eitel als Mann und als Autor, schiebt der Rezensent zur Erklärung hinterher. Beschwerdebriefe an Verleger Unseld zeigten, dass Becker schnell zu kränken war und seinen Ruf als Suhrkamp-Autor zu verteidigen suchte; die Briefe an die Lektorin oder die Sekretärin im Hause Suhrkamp wiederum bewiesen, schreibt Krumbholz, wie galant und voller Esprit Becker formuliert hätte. Becker war vor allem ein erfolgreicher Autor, der dennoch stets um sein Selbstbild rang, stellt Krumbholz fest. Dabei wäre es eben weniger um die Erwartungen der anderen als um die Ansprüche gegangen, die Becker an sich selbst stellte, meint er und sieht bei Becker so etwas wie einen kleinen Komplex, dem "eigenen Ideal der Sprachsouveränität nicht entsprechen zu können". Das heißt, führt Krumbholz aus, Becker fürchtete, möglicherweise zwar ein Meister, aber eben kein Genie zu sein. Doch konnte Becker solche Zweifel durchaus selbstironisch und stolz kommentieren, vermerkt der Rezensent und lobt ausdrücklich die sorgfältige Briefauswahl und Kommentierung.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.11.2004

Ein wichtiger Band ist dieses Buch mit Briefen von Jurek Becker, meint Joachim Sartorius, weil es das Bild eines "klugen, aufrechten, geistreichen" Autors vervollständigt und einmal mehr vergegenwärtigt, welch große Lücke Beckers früher Tod hinterlassen hat. Der Band ist in drei große Teile gegliedert: Verlagskorrespondenz, Briefe an Freunde und Kollegen und schließlich "eher belanglose" Einladungs- und Reiseplanungskorrespondenz. Wer politisch Erhellendes erwartet, wird laut Sartorius enttäuscht werden: Beckers kompliziertes Verhältnis zur DDR und die Schwierigkeiten, die ihm dieses System gemacht hat, sind bekannt und "machen den geringsten Teil dieses Bandes aus". Auch große Weltprobleme werden bei Becker nicht gewälzt; er ist kein Briefeschreibr a la Thomas Mann oder Gottfried Benn, erklärt der Kritiker. Dafür offenbaren die Briefe den "klaren, zupackenden Verstand" des Autors, der in all seinen Facetten, "mal schamhaft, mal liebenswürdig, mal Rabauke" gezeigt wird. Schade findet Joachim Sartorius lediglich die fehlenden Antworten auf Beckers Briefe und wünscht sich daher, "dass diesem Band bald eine umfassendere Ausgabe wichtiger Briefwechsel folgt".
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de
Stichwörter