Julius Posener

Heimliche Erinnerungen

In Deutschland 1904 bis 1933
Cover: Heimliche Erinnerungen
Siedler Verlag, München 2004
ISBN 9783886807642
Gebunden, 494 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

In Kuala Lumpur, wo er Architektur lehrte, schrieb Julius Posener in der ihm noch fremden englischen Sprache seine Erinnerungen. Sie sind schärfer, direkter - und bitterer - als die Erinnerungen, die er im Alter in seiner Muttersprache verfasste und 1990 unter dem Titel "Fast so alt wie das Jahrhundert" veröffentlichte. Es scheint, als würde das Brennglas des Exils Details vergrößern - die kindliche Schutzlosigkeit, die erwachende Sexualität, den eigenen Antisemitismus und die drohende Ausgrenzung - und so das eigene Leben wie die Brüche der Zeit umso plastischer hervortreten lassen. Das Buch ist auch - heimlich niedergeschrieben in der kolonialen Gesellschaft, die weder von Deutschen noch von Juden etwas wissen wollte - eine verstohlene Liebeserklärung an die verlorene Heimat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.01.2005

Michael Jeismann ist hingerissen von Julius Poseners "Heimlichen Erinnerungen". Zum einen ist da die sprachliche Souveränität, die von Ruth Keen meisterlich ins Deutsche transponiert wird, ein Tonfall milder Ironie, zum anderen die Genauigkeit und Schärfe der Beobachtungen. Meisterlich, wie der bekannte Architekt die Verflochtenheit seines persönlichen Bildungsweges mit den Zeitumständen beschreibt, urteilt der Rezensent. Das erste Drittel seines Lebens stellt Posener auf eine Art und Weise dar, die ihn an die Seite großer Autobiografen wie Stefan Zweig und Harry Graf Kessler rückt. Eine großbürgerliche Kindheit und die Probleme persönlicher Entfaltung im Kaiserreich werden geschildert, Künstlertum und Entwicklungsgang des Geistes und das Verhältnis der Geschlechter werden seziert, en passant eine Stadtsoziologie geliefert. Darüber hinaus stellen die "Heimlichen Erinnerungen" auch eine Studie des Antisemitismus jener Jahre dar, der durch alle Ritzen der Gesellschaft drang. "Es ist", schreibt Jeismann, "nicht leicht, einen Eindruck von der Intensität dieser Erinnerungen zu vermitteln."
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.08.2004

Diese bislang unveröffentlichten persönlichen Aufzeichnung des bekannten Architekten Julius Posener seien, lobt Elke Schubert, "trotz des düsteren Tons in vielerlei Hinsicht erhellend". Vor allem zeigten sie exemplarisch den Weg einer Familie, "die sich in Sicherheit wähnte und unweigerlich auf die Katastrophe zusteuerte". Genauestens würden die Anzeichen vom Autor registriert und "zu einem Mosaik vom Aufstieg und Niedergang des jüdischen Bürgertums zusammengesetzt". Sehr lesenswert fand die Rezensentin auch Poseners Bericht "In Germany again" aus dem Jahre 1948, durch den der Band ergänzt ist. Gerade solche Berichte von zurückgekehrten Emigranten gäben, so Schubert, wesentlich mehr Aufschluss über die geistige Verfassung der Nachkriegs-Deutschen als all die Protokolle und Umfragen der Besatzungsmächte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.07.2004

Vom "altersmilden" Architekturhistoriker Julius Posener, der seit den 60er Jahren "Generationen von Studenten" geprägt hat und dessen Vorlesungen heute als "Pflichtlektüre gelten", hat Rezensent Jürgen Tietz in diesen Jugenderinnerungen nur wenig gespürt. Vielmehr leiste Posener eine "ungeschönte Abrechnung" mit der Zeit seiner Kindheit und Jugendzeit. In voller "Offenheit" zeige Posener wie "Animositäten" zwischen den Eltern, aber auch der "immer offener zu Tage tretende Antisemitismus" bereits zu Schulzeiten das Idyll "seiner großbürgerlich-jüdischen Welt ins Wanken" brachten. Rezensent Tietz lobt, dass die Schilderungen zwar sehr ausführlich, aber nie "detailverliebt" seien. Ebenfalls bemerkenswert findet Tietz die Passagen über Studienzeit und prägende Lehrer, sowie über Poseners Zeit in Paris Ende der zwanziger Jahre, in der er erkannte, dass ihm eher "die Vermittlung von Architektur durch Sprache" als der "Entwurf von Gebäuden" liege. Alles in allem ist sich Jürgen Tietz sicher, dass Hans Poseners Erinnerungen "den Leser in ihren Bann" ziehen werden.