Jürgen Becker

Dorfrand mit Tankstelle

Gedichte
Cover: Dorfrand mit Tankstelle
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007
ISBN 9783518224205
Gebunden, 95 Seiten, 11,80 EUR

Klappentext

In diesen fünfzig Gedichten, entstanden zwischen 1999 und 2006, tauchen die Umrisse einer poetischen Landschaft auf, die vertraut und zugleich wie aufs neue wahrgenommen erscheint. Wo Jürgen Becker das Repertoire seiner Motive durchmustert, entdeckt er, was sich an Erfahrungen, Bewußtseinslagen, Sehweisen und Befindlichkeiten verändert hat. Schreibend folgt er den vermeintlich alten Spuren, die unversehens doch in Täuschungen, Vergessenes, Ungewisses führen. Und wird der "Rückweg durch ein Jahrhundert" gefunden, heißt das auch: Die Vergegenwärtigung des Vergangenen kommt zu keinem Ende. Die alltägliche Umgebung erweist sich dabei als ein imaginärer Raum, durch den die Gleichzeitigkeit zieht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.08.2007

Pünktlich zum 75. Geburtstag erscheint der Gedichtband von Jürgen Becker, der nicht an Tagesaktualität interessiert ist, sondern in den Details des ländlichen Lebens nach Geschichte und Erinnerung gräbt, erklärt Tobias Lehmkuhl. Neben langen Gedichten und "pointierten Skizzen" seien es vor allem die Landschaftsbetrachtungen, die diesen Band ausmachten, glaubt der Rezensent, der in den sich ähnelnden Motiven von "Kirschbaum, Postbote und Geländewagen" faszinierende Verschiebungen entdeckt. Menschen bleiben in diesen Texten im Hintergrund und die genaue Beobachtung der Dinge und der Landschaft aus der Nähe lassen die Szenerien mitunter fast unbewegt scheinen, die sich aber gleichwohl in fast unmerklichen Entwicklungen verändern, so Lehmkuhl, der recht angetan von den Gedichten scheint.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.07.2007

Als "lyrische Gedächtnisarbeit" liest Nico Bleutge die Gedichte in Jürgen Beckers neuem Gedichtband. Die um die Zeit des Zweiten Weltkriegs und die Nachkriegsjahre kreisenden Gedichte wissen seines Erachtens um die Unzuverlässigkeit von Erinnerungen. So würden Wahrnehmungen und Erinnerungen von einem lyrischen Ich immer auch kritisch beobachtet und hinterfragt. Oft setzten die Gedichte mit Naturbeobachtungen ein, in die sich unvermittelt die Geschichte schiebe. Daneben findet Bleutge Verse über flüchtige Erscheinungen, die lange aus der Alltagswahnehmung verschwunden sind, wie eine alte Sense oder eine Pferdetränke. Dass die Gedichte auch hier nie ins Sentimentale abgleiten, sondern die "irritierende Fremdheit der Phänomene" einfangen, verdankt sich in Bleutges Augen dem hohem lyrischen Können Beckers.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.07.2007

Rezensent Jochen Schimmang bekennt eine gewisse Hilflosigkeit: Wie soll er Jürgen Beckers Gedichte anders nennen als einfach "wunderschön"? Schon der Titel dieses Bandes "Dorfrand mit Tankstelle" hat den Rezensenten hingerissen, doch was Becker dann an Landschaften räumlich und zeitlich entfaltet, haut Schimmang um: Es sind "leise" Gedichte, die enorme Naturbilder beschwören ("die Amsel, die Birnbäume und die Schneereste") - und dabei doch nie Naturlyrik werden. Denn die Landschaften werden bei Becker von der ganzen "Wucht der Geschichte" getroffen, Septemberanfang etwa ist nie nur Spätsommer, sondern immer auch Kriegsbeginn, beschreibt der Rezensent Beckers Form von Landschaftshistorie, die er an anderer Stelle auch "poetische Geschichtsschreibung" nennt.
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