Judith N. Shklar

Ganz normale Laster

Cover: Ganz normale Laster
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2014
ISBN 9783882213898
Gebunden, 347 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Hannes Bajohr. Seit jeher befassen sich die Philosophen mit den Tugenden, Theologen - hingegen räsonieren über Sünden. Doch was ist mit den ganz gewöhnlichen Lastern? In ihrem luziden Essay ergründet Judith N. Shklar die politische und persönliche Dimension der normalen Übel Grausamkeit, Heuchelei, Snobismus, Verrat und Misanthropie. Sie folgt dabei keiner philologischen Argumentation, sondern wagt einen abenteuerlichen Streifzug durch das moralische Minenfeld der Literatur-, Theater- und Philosophiegeschichte. Das erstaunliche Ergebnis: Die ganz normalen Laster entpuppen sich als durchaus fruchtbar, werden sie in die richtige politische Ordnung eingefasst in einen emphatisch verstandenen Liberalismus, der fordert: Lieber frei und lasterhaft als gezwungen und moralisch rein.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2014

Endlich ist Judith N. Shklars bereits vor dreißig Jahren erschienenes Buch "Ganz normale Laster" auch auf Deutsch zu lesen, freut sich Rezensent Uwe Justus Wenzel. Geradezu neidisch blickt der Kritiker auf die unerschöpfliche Kenntnis des philosophischen Kanons und der Literaturen der Jahrhunderte, welche die Moralpsychologin in ihrem überzeugenden Streifzug durch die menschlichen Niederungen offenbart. Er lernt, dass laut Shklar die Grausamkeit das schlimmste aller Laster sei, dass jegliches Laster seinen Ursprung in der menschlichen Angst finde und dass der Schutz der körperlichen Unversehrtheit elementarer Kern des Gemeinwesens sein müsse, um Freiheit zu ermöglichen. Nicht nur inhaltlich, sondern bisweilen auch stilistisch stellt sich die Autorin dem Rezensenten als "Schwester im Geiste" Michel de Montaignes dar. Interessiert liest Wenzel in diesem kaum "auszuschöpfenden" Buch schließlich, dass Shklar bei einigen Lastern, der Heuchelei und der Unaufrichtigkeit etwa, auch gern mal ein Auge zudrückt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.08.2014

Und eine weitere, von der Politikwissenschaftlerin Judith N. Shklar 1984 publizierte Schrift ist nun endlich unter dem Titel "Ganz normale Laster" ins Deutsche übersetzt worden, berichtet Rezensentin Hannah Bethke. Nicht von Geiz, Faulheit, Alkohol- oder Sexsucht liest die Kritikerin hier, sondern vielmehr sind Grausamkeit, Heuchelei, Snobismus, Verrat und Misanthropie die von Shklar angeprangerten Vergehen, schreibt die Kritikerin, die allerdings hier auch das Problem des Buches entdeckt: Denn mit dem Verweis auf Kriege, Diktaturen, Massenmord bei Grausamkeit lediglich von einem "Laster" zu sprechen, erscheint Bethke doch etwas problematisch. Nicht nur die häufig unpräzise Begriffsbestimmung moniert Bethke, auch den ausladenden Streifzug durch Literatur- und Ideengeschichte findet die Kritikerin "sprunghaft". Auch wenn Bethke in dieser eher als Theorie des Liberalismus angelegten Schrift viel "angestaubte Tugendlehre" gelesen hat, ist sie mit dem Buch doch nicht gänzlich unzufrieden: Die von Hannes Bajohr verfasste Biografie ist toll, das Buch ein schöner Anlass Shklar wiederzuentdecken und dieser "Streifzug durch ein moralisches Minenfeld" nicht zuletzt angenehm unwissenschaftlich und kreativ, schließt die Rezensentin.
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