Joseph Zoderer

Die Farben der Grausamkeit

Roman
Cover: Die Farben der Grausamkeit
Haymon Verlag, Innsbruck 2011
ISBN 9783852186849
Gebunden, 334 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Richard will sich von der Liebe seines Lebens befreien, von der Obsession einer Leidenschaft, die ihn immer noch an Ursula fesselt, seine einstige Geliebte, die ihn verlassen hat. Um sein Familienglück zu retten, kauft er ein Bauernhaus am Berg. Die Umgestaltung des neuen Heimes soll ihn ablenken, erlösen von der Sehnsucht nach Ursula, soll ihn zurückführen zu seiner Frau Selma, die er immer noch liebt, und zu ihren beiden Söhnen.
Richard pendelt zwischen zwei Welten, zwischen Idyll und schmerzender Erinnerung, zwischen der Einsamkeit des Bergdorfs und der Betriebsamkeit der Stadt. Doch dann macht er einen Karrieresprung und wird als Auslandskorrespondent ins Berlin des Jahres 1989 geschickt. Inmitten der weltpolitischen Umwälzungen begegnet er dort ein zweites Mal Ursula und muss sich entscheiden ...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.08.2011

Meike Fessmanns Urteil über Joseph Zoderers "Farben der Grausamkeit" ist durchwachsen. Als Kernthema des Romans identifiziert sie ein Heimatproblem des im Informationszeitalter lebenden Menschen: Allzu leicht zu befriedigende Sehnsucht nach der Ferne führt zu Entwurzelung, so die Interpretation der Kritikerin, die dieser Problematik durchaus Interesse entgegenbringt. Inszeniert werde dieser Konflikt zwischen Bekanntem und Exotischem in Form einer Dreiecksbeziehung, wie Fessmann mitteilt. Der verheiratete Radiojournalist Richard lasse sich auf eine Affäre ein und profitiere eine Zeit lang sowohl von häuslicher Geborgenheit als auch vom Reiz des Neuen und Unbekannten - freilich nicht, ohne dass die Beteiligten, insbesondere seine Frau, Schaden nähmen. Zu altbekannter Hochform läuft Zoderer gerade in den Heimatszenen auf, meint die Rezensentin. "Lieblos" hingegen findet Fessmann die Großstadtschilderungen mit ihren inhaltlichen Fehlern und "symbolischen Überhöhungen".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.06.2011

Gut, die kitschige Überladenheit und die schiefe Bildlichkeit in diesem Roman haben Methode. Dennoch möchte Friedmar Apel Joseph Zoderer es nicht allzu leicht machen und die Überinstrumentierung seines Textes akzeptieren, weil der Held, ein Zauderer zwischen den Frauen, es so will, einfach weil es ihm entspricht. Pompös bis zur Albernheit erscheint Apel die Metaphorik dieser Identitätskrise. Beim Rezensenten aber führt dieser, wie er vermutet, auch autobiografisch motivierte Furor nicht zu gesteigerter Empathie, sondern in die Gleichgültigkeit.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.03.2011

Rezensentin Beatrice von Matt ist ganz angetan von den neuen Wegen, die der Autor Joseph Zoderer in seinem jüngsten Roman einschlägt. Nicht mehr Südtirol als Setting, sondern Berlin und Barcelona, die Liebe nicht mehr als politisches Phänomen, sondern als Sache des eigenen Herzens und Gewissens. Das zerrissene Gemüt der Hauptfigur, das Seelenporträt, das Zoderer hier malt, das Projekt der Veränderung in einem bürgerlichen Leben - all das kommt der Rezensentin zwar bekannt vor. Wie Zoderer den Ausbruch und das Doppelleben des Helden literarisch umsetzt, findet sie jedoch bemerkenswert. Strukturell funktioniert das mittels Kontrastierung des Erzählten durch gedichtartige Einlassungen, wie von Matt erläutert. Und dass Zoderer ein respektabler Lyriker ist, dafür steht laut von Matt sein Band "Liebe auf den Kopf gestellt". Der Roman, so erklärt von Matt, erhält seine Dringlichkeit aus der Gegenüberstellung von Verzweiflung und Lust einerseits und den feinen Nuancen der Selbstkritik des Helden andererseits.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.03.2011

Für den Rezensenten Martin Lüdke schreibt Joseph Zoderer von jeher an der Zerrissenheit des Menschen fort, die in seinen früheren Büchern vor allem in der Südtirol-Problematik versinnbildlicht war, hier aber ins Innere seines Helden verlegt ist. Sein neuer Protagonist steht zwischen seiner Frau und einer Geliebten, versucht ein altes Bauernhaus zu seinem neuen Heim auszubauen und muss am Ende doch als Auslandskorrespondent in die Fremde ziehen, erfahren wir. Kennt man? Klar. Aber so wie hier beschrieben eben nicht, versichert Lüdke. Und das liegt für ihn vor allem an der Sprache Zoderers, die vom "Atem der Dichtung" beseelt sei.