Jonas Grethlein

Mein Jahr mit Achill

Die Ilias, der Tod und das Leben
Cover: Mein Jahr mit Achill
C.H. Beck Verlag, München 2022
ISBN 9783406782060
Gebunden, 208 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Eine glänzende akademische Karriere vor Augen, stürzt eine fatale Diagnose den jungen Wissenschaftler in tiefe Verzweiflung. Doch der allzu früh drohende Tod lässt ihn auch eine seltsame Gemeinschaft mit dem griechischen Helden Achill empfinden. Beide stehen in der Blüte ihres Lebens, beide müssen erfahren, dass sich das blinde Schicksal nicht für ihre Hoffnungen, Pläne und Wünsche interessiert. Die Konfrontation mit Achill wie in einem jahrtausendealten Spiegel wird für Jonas Grethlein zu einer existentiellen Erfahrung. So ist ein Buch entstanden, das sich keinem Genre unterwirft - persönliche Erzählung, brillante Homer-Interpretation und eine eindringliche Auseinandersetzung mit den Grundfragen des Menschseins.Rachsüchtig, zornig und gewalttätig - so erscheint Achill in der Ilias des Homer. Schwerlich eine Gestalt, der man sich in tiefer Verzweiflung auf der Suche nach Trost und Orientierung zuwendet. Und doch ist es ebendieser düstere Held, mit dem der Altphilologe Jonas Grethlein die Auseinandersetzung sucht, als er im Alter von 27 Jahren schwer erkrankt. Die Diagnose wischt mit einer schnellen Bewegung den Erwartungshorizont weg, der, über Jahre aufgebaut, seinen hoffnungsfrohen Lebensentwurf grundiert hatte - und sie lässt ihn zugleich die eisige Luft spüren, in der sich auch Achill in der Ilias bewegt. Im "Besten der Achaier", der, den eigenen Tod vor Augen, in die Schlacht um Troja zurückkehrt, erkennt der Autor das aus seiner Krankheitserfahrung erwachsende Bewusstsein existentieller Verletzlichkeit wieder. So kommt es zu einer Lektüre der Ilias, wie es sie noch nie gegeben hat. Grethlein verwebt sein Schicksal mit den großen Fragen, die Homers Epos seit Jahrtausenden den Menschen stellt. Dabei zwingt die unhintergehbare Ernsthaftigkeit seiner Situation den Autor zu einer mitunter verstörenden Offenheit und Ehrlichkeit sich selbst und seinen Leserinnen und Lesern gegenüber. Aber sie lässt ihn auch ein tiefes Verständnis der Ilias als einer heute noch relevanten Reflexion über die Kontingenz allen menschlichen Lebens gewinnen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.08.2022

Rezensent Burkhard Müller findet es höchst respektabel und nicht vermessen, wenn der klassische Philologe Jonas Grethlein in seinem Memoir über die eigene Krebserkrankung ganz nah an Homer und seinen Helden Achill heranrückt. Die Vertrautheit des Autors mit der "Illias" führt laut Müller zu einer neuen Lektüre des Klassikers, in der Parallelen zwischen Autor und antikem Held, wie das Wissen um die eigene Sterblichkeit und die Ermangelung einer "Jenseitsperspektive", aufscheinen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 12.03.2022

"Fragiler und gleichzeitig stärker" fühlt sich Rezensent Andreas Rosenfelde nach der Lektüre von Jonas Grethleins "Mein Jahr mit Achill" - einer Mischung aus autobiografischer Erzählung, verständiger Homer Interpretation und philosophischem Essay. Der Philologe erzählt darin auf ergreifende, jedoch nie gefühlsselige Weise von Grethleins Krebserkrankung, wie sie ihn damals als Ende Zwanzigjährigen mit seiner eigenen Sterblichkeit konfrontierte und wie diese Konfrontation seine Haltung zum Leben erschüttert und verändert hat - letztlich zum Positiven, so Rosenfelde. Dabei geholfen hat dem Autoren, lesen wir, seine intellektuelle Passion: die Literatur, insbesondere eine plötzlich empfundene Gemeinsamkeit mit dem Helden der Ilias Achill. So gelingt Grethlein etwas, das Rosenfelde zufolge nur noch wenige Werke der Gegenwartsliteratur leisten: Die Verflechtung von "Leben und Wissen" zu offenbaren.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.03.2022

Rezensent Thomas Ribi dankt dem Philologen Jonas Grethlein für eine sehr persönliche Lesart der "Ilias", die auch für andere lohnt, wie der Rezensent  verspricht. Das liegt für Ribi an der tiefen Textkenntnis des Autors, aber auch daran, dass Grethlein eine Krebserkrankung empfänglich macht für andere Tiefenschichten und Deutungen der Geschichte um Achill und den Krieg. Sichtbar werden laut Ribi die Figur als "Sinnbild existenzieller Verletzlichkeit" und die Erzählung als Erörterung letzter Fragen (was ist Leben, was Tod?).

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.02.2022

Rezensent Philip Schäfer erkennt im Buch von Jonas Grethlein ein Beispiel dafür, inwieweit Literatur Halt zu geben vermag. Wie der Professor für griechische Literatur mit Homers "Illias" eine Krebserkrankung besteht, schildert das Buch eindrücklich, findet Schäfer. Grethleins von philosophiegeschichtlichen Exkursen durchsetzte Deutung des Epos als Darstellung von Achills Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit findet der Rezensent allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Kein rein wissenschaftlicher Beitrag zur "Illias", aber dennoch ein lesenswerter, meint Schäfer.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de