Jakuta Alikavazovic

Das Fortschreiten der Nacht

Roman
Cover: Das Fortschreiten der Nacht
Edition Nautilus, Hamburg 2019
ISBN 9783960540984
Gebunden, 256 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Sabine Mehnert. Ein Roman über eine asymmetrische Liebe in Zeiten zunehmender Angst. Paul, Sohn eines Maurers aus der Pariser Banlieue, und Amélia, Tochter eines reichen Vaters und einer Mutter, die verschwand, als sie einen Krieg verhindern wollte, tanzen über dreißig Jahre einen Walzer voller Ausweichschritte umeinander. Beide studieren Architektur - er verdient seinen Unterhalt mit Nachtschichten an der Rezeption eines Hotels, das Amélias Familie gehört und in dem sie lebt. Paul ist fasziniert von ihr. Alles an ihr ist ein Rätsel, ihr Kommen und Gehen, ihr wilder Intellekt, ihre Schönheit sowie die Gerüchte, die sie umgeben. Zunächst konkurrieren sie um die Gunst der Professorin Albers, doch bald entsteht ein nächtliches Liebesverhältnis. Nachts können sich die Parallelen ihrer beider Leben schneiden, nachts kann der Raum zu ihren Gunsten neu vermessen werden. Doch Amélia verschwindet, unbegreiflich für Paul. Die Stadt und das Leben darin werden indessen zunehmend von Angst geformt. Paul wird reich im Geschäft mit schusssicheren Fenstern, geheimen Räumen und Überwachungstechnik, und die Angst wird auch vor seinem eigenen Leben nicht halt machen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.06.2019

Den Einfluss unterschiedlicher Herkünfte und Biografien auf eine Paarbeziehung zu erkunden, hält Hanna Engelmeier für einen vielversprechenden Ansatz. Jakuta Alikavazovics Roman um die Liebe zwischen einer rastlosen jungen Frau, die vor dem Jugoslawienkrieg geflohen ist, und einem jungen Mann in Paris kann sie dennoch nicht überzeugen. Dass der Text den krisengeschüttelten Balkan thematisiert, findet Engelmeier zwar löblich, die Motivation der Handlung und der Figuren im Text bleibt für sie jedoch meistenteils im Dunkeln. Dem Detailreichtum der Schilderungen im Buch steht laut Rezensentin eine Unschärfe der Charaktere gegenüber, die den Grund ihrer Liebe und Leidenschaft eher verschleiert als verständlich macht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.05.2019

Rezensentin Lena Bopp findet sich ab mit der Rätselhaftigkeit des Romans von Jakuta Alikavazovic. Wenn die Autorin eine Liebesgeschichte in Paris erzählt und dafür europäische Geschichte bemüht, den Jugoslawien-Krieg, die Traumata von Krieg und Gewalt und die Brüchigkeit der Gegenwart, wirkt das auf Bopp zwar verstörend, zumal Alikavazovic auch stilistisch variabel erzählt. Das Fragile der Konstruktion, die wechselnden Erzählperspektiven und Zeiten entwickeln laut Bopp jedoch einen eigenen Reiz, und als Zwitter aus Lovestory, Bildungsroman, Familienchronik und Sozialgeschichte funktioniert das Buch ganz gut, findet sie.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 09.03.2019

Laut Rezensentin Claudia Kramatschek zeigt die französische Autorin Jakuta Alikavazovic, deren Eltern aus dem früheren Jugoslawien stammen, den Jugoslawienkrieg in ihrem Roman als Ausgangspunkt für die Zerissenheit, die die westliche Welt heute fühlt. Der Verzweiflung des Krieges versuchte die Pariserin Amélia zu entkommen, da sie ihre in Sarajewo aufgewachsene Mutter zerstörte, erzählt die Kritikerin. Als es 2005 in den Pariser Banlieues zu schweren Krawallen kommt, fühlt sich Amélia von der Vergangenheit eingeholt und verlässt ihren geliebten Mann und ihre kleine Tochter, um in Sarajewo nach Antworten zu suchen. Der Roman stellt damit die unausweichliche Wiederholung der Geschichte entlang einer Liebegeschichte aus, die als einzige Möglichkeit der Gnade in einer schonungslos grausamen Welt erscheint, sinniert die berührte Rezensentin.
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