Ian Morris

Beute, Ernte, Öl

Wie Energiequellen Gesellschaften formen
Cover: Beute, Ernte, Öl
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München 2020
ISBN 9783421048042
Gebunden, 432 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer. Was haben Ölplattformen mit unseren Wertvorstellungen zu tun? Die meisten Menschen heutzutage halten Demokratie und Gleichberechtigung der Geschlechter für eine gute Sache und sprechen sich gegen Gewalt und Ungleichheit aus. Aber bevor sich diese Auffassungen allmählich im 19. Jahrhundert herausbildeten, galten 10000 Jahre lang genau gegenteilige grundsätzliche Annahmen. Warum das so ist und wie es um unsere Gesellschaft in der Zukunft bestellt sein wird, erklärt Ian Morris in seinem neuen großen Wurf, in dem er Erkenntnisse aus Archäologie, Anthropologie, Biologie und den Geschichtswissenschaften zusammenführt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.06.2020

Rezensentin Claudia Mäder findet Ian Morris' These, dass die Erschließung jeweils neuer Energiequellen die Evolution der menschlichen Werte bewirkt habe, zwar interessant, aber nicht stichhaltig. Das Buch, in dem er erklärt, wie die egalitäre Wildbeutergesellschaft zu den hierarchischen Bauern und die wiederum zu den humanen Fossilenergienutzern wurden, die für den durch Kohlenutzung entstandenen großen Markt potente Teilnehmer brauchten und darum allen gleiche Rechte und ähnlichen Wohlstand gewährten, ist ihrer Meinung nach zwar gut zu lesen und scheut auch vor der Diskussion kritischer Gegenstimmen nicht zurück, übersieht aber viele Gegenbeispiele wie etwa die Entwicklung Chinas. Mäder selbst fragt sich, wieso Morris die Energiequelle für die Ursache und die Werte für die Wirkung hält, anstatt das Gegenteil in Betracht zu ziehen - das würde ihr nicht nur mehr einleuchten, sondern ihr auch etwas mehr Hoffnung für die Zukunft geben. 

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.04.2020

Uwe Walter empfiehlt Ian Morris' Buch als ermutigende Corona-Lektüre, da der Autor auf das Überleben nützlicher menschlicher Fähigkeiten und auf den gesunden Menschenverstand setzt. Ansonsten schätzt er die "kühle Rationalität" des Textes, der die laut Autor segensreiche Ablösung der Wildbeuter durch Agrargesellschaften und die Umwälzungen durch die Nutzung von fossilen Brennstoffen erkundet. Überzeugend scheint Walter nicht nur die undogmatische Vorgehensweise des Autors, sondern auch, wie Morris seine Thesen interdisziplinär belegt. Dass Eifersucht ein evolutionäres Kunststück ist, macht ihm der Autor unter anderem gekonnt plausibel. Für Walter "Big History" in bester Manier.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.03.2020

Rezensent Jens-Christian Rabe wird gut unterhalten und ernsthaft zum Nachdenken angeregt durch dieses Buch von Ian Morris. Der Kritiker schätzt auch die früheren Büchern des Autors und bemerkt etwas lakonisch, es ginge bei Morris immer nur um die ganz großen Themen. Dass ihm als materialistisch gesonnenen Wissenschaftler vorgeworfen wurde, die Werte menschlicher Gesellschaften vernachlässigt zu haben, habe ihn offenbar gewurmt. Daher geht es hier, so konstatiert Rabe, zwar tatsächlich um Werte - aber vor allem um ihre materiellen Grundlagen. Mit den jeweiligen Energiequellen hat Morris eine menschheitsgeschichtliche Abfolge ebendieser Grundlagen für die sich jeweils ändernden Auffassungen von Besitz, Gleichheit und Gewalt ausgemacht. Gleichzeitig werde sowohl den Kritikern des angeblichen "Reduktionismus" im Buch als auch einer Antwort auf diese Platz eingeräumt. Der Rezensent lobt das als "sehr zeitgenössische Geste der Wissenschaft". Allerdings wäre ihm ein Link zum Video eines direkten Gesprächs noch lieber gewesen.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 15.02.2020

Rezensent Volkart Wildermuth hat von dem britischen Archäologen Ian Morris gelernt, dass jedes Zeitalter die Werte hat, die es braucht: Der Autor zeichnet die Entwicklung der Menschheit in drei Stufen nach und zeigt, dass das kapitalistische Zeitalter die vormals lebenswichtigen Hierarchien negativ erscheinen lässt, so der Kritiker. Was auf den ersten Blick sehr vereinfachend erscheint, wird vor allem durch den zweiten Teil, in dem Morris sich mit seinen Kritiker*innen auseinandersetzt, zu einer sehr anregenden Lektüre, versichert Wildermuth: Die Frage, welche Werte wir in der Zukunft brauchen, drängt sich ihm zufolge förmlich auf.