Hilary Mantel

Spiegel und Licht

Roman
Cover: Spiegel und Licht
DuMont Verlag, Köln 2020
ISBN 9783832197247
Gebunden, 1104 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence. England, Mai 1536. Anne Boleyn ist tot, innerhalb eines Herzschlags von einem angeheuerten Henker aus Frankreich geköpft. Während ihre sterblichen Überreste dem Vergessen anheimgegeben werden, frühstückt Thomas Cromwell mit den Siegern. Der Sohn des Schmieds aus Putney taucht aus dem Blutbad des vergangenen Frühlings auf, um seinen Aufstieg zu Macht und Reichtum fortzusetzen. Zur selben Zeit gibt sich sein furchterregender Gebieter Heinrich VIII. dem kurzlebigen Glück mit seiner dritten Königin hin, die schon bald bei der Geburt des lang ersehnten männlichen Thronfolgers sterben wird. Cromwell kann sich nur auf seinen Verstand verlassen, er weiß weder eine starke Familie noch eine private Armee hinter sich. Obwohl in England rebelliert wird, im Ausland Verräter sich zusammenschließen und Heinrichs Herrschaft von einer Invasion bedroht wird, sieht der scharfsinnige und weitsichtige Cromwell bereits ein neues England im Spiegel der Zukunft. Der dritte Band der Tudor-Trilogie. Für die ersten beiden Bände, "Wölfe" (2009) und "Falken" (2012), wurde Hilary Mantel jeweils mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 04.05.2020

Tote zum Leben erwecken? Kann der dritte Teil von Hilary Mantels Tudor-und-Cromwell-Trilogie, versichert Julia Schröder. Wie das geht, erklärt die Rezensentin auch: durch historisches Präsens und konsequente Cromwell-Perspektive. So wird der Menschenschinder sogar zum sympathischen Helden, staunt Schröder, zum Selfmade-Mann und Kosmopolit mit dem Ziel, die Kirche zu reformieren. Schröder bangt mit der Figur, obgleich die Autorin sich auf historische Quellen stützt. Mantels Kunst: Die Leserin hat das Gefühl, nicht so sehr etwas über Cromwell zu erfahren, sondern mit ihm. Am Ende lauscht Schröder gar mit Cromwells Ohren, riecht mit seiner Nase, sieht mit seinen Augen!

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.04.2020

Marlen Hobracks Besprechung dieses so vielbesprochenen und -gelobten Abschlussromans der Cromwell-Trilogie zeichnet aus, dass die lebendigen und vor allem die toten Frauen als heimliches Zentrum fungieren. Die Kritikerin bezieht sogar die autobiografische Geschichte der Autorin (Giving up the Ghost) ein, um stärker als andere Kritiker zu verdeutlichen: Es geht um Frauen als Transportgefäße der Macht, Trägerinnen der Erben, es geht um ihre Körper; wer nicht liefert, verliert den Kopf. Hobrack gefällt, dass der "zuletzt impotente Henry die potenteste Frau der Geschichte zeugt", die als jungfräuliche Königin Elisabeth in die Historie eingegangen ist. Und auch der kunstvollen Zeitdehnung des Romans, die ihr als Leserin manchmal zu viel wurde, gesteht sie zu, kein Zufall zu sein - vielmehr sei hier aus gutem Grund "das Erzählen an seine Grenze" getrieben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.03.2020

Rezensentin Meredith Haaf bewundert die schiere Fülle, das Allumfassende an Hilary Mantels Trilogie, deren letzter Band nun vorliegt. Auch wenn ihr die Menge der Ereignisse und Figuren Mühe macht, das Eintönige der Ränkespiele und des Machterhalts der Tudors, so unterhalten sie doch die "glänzend geschriebenen" Dialoge, belehren sie die Exkurse über Rechtsgeschichte und Theologie und bezaubert sie Mantels sprachliche Eleganz, die ihr das 16. Jahrhundert und Cromwells Alltag plastisch vor Augen führt. Eine Riesenleistung, staunt Haaf.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 24.03.2020

Sigrid Löffler sieht Thomas Cromwell rehabilitiert durch Hilary Mantels Tudor-Trilogie. Der vorliegende Abschlussband begeistert Löffler mit der Beschreibung von Heinrichs "Heiratspolitik". Dem bekannten historischen Geschehen bis zur Hinrichtung Cromwells gewinnt die Autorin laut Löffler allerhand Spannung ab. Dazu tragen für Löffler entscheidend bei: das rasante Präsens der Erzählung, witzige Dialoge sowie die personale Erzählform, die den Leser am Bewusstsein Cromwells und an seiner Verstrickung in Englands "krawallige" Renaissance teilhaben lässt, wie Löffler atemlos feststellt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.03.2020

Der dritte Band aus Hilary Mantels Trilogie über Thomas Chromwell, mittlerweile Earl of Essex und Berater des launischen Königs Heinrich VIII., ist ein großer Roman, verspricht Rezensentin Sylvia Staude. Nicht nur erzählt er ihr zufolge historisch genau von einem Mann, der sich durch geschicktes Taktieren am königlichen Hof hochgearbeitet hat, letztlich aber trotzdem geköpft wird, sondern er wahrt auch eine angemessene Distanz zu seiner Hauptfigur, findet die Kritikerin. "Er, Cromwell, bleibt schillernd auf Abstand", was in Staudes Augen zu der wertvollen Erfahrung führt, dass die Leser*innen sich nur in seinen allzu menschlichen Beweggründen wiedererkennen - ein ideales Taktieren zwischen Nähe und befremdetem Staunen, urteilt sie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.03.2020

Für Andreas Platthaus ist Hilary Mantel eine Virtuosin des Geschichtenschreibens. Dass sie auch Geschichtsschreibung beherrscht, möchte Platthaus uns nahelegen. Der von Werner Löcher laut Platthaus "hervorragend" übersetzte dritte Band von Mantels Tudor-Trilogie jedenfalls scheint ihm in seiner Bildhaftigkeit und der radikal durchgehaltenen Cromwell-Perspektive eine Gegenwart des Historischen heraufzubeschwören, die der Rezensent in keinem Geschichtswerk bekommt. Wie historische Fakten und Mantels reiche Fantasie hier das Tudor-England auferstehen lassen, Innenpolitik, Intrigen, intellektuelle Positionen, Gebäude, Gemälde, massenhaft Akteure, das sucht für Platthaus seinesgleichen und erzeugt Wahrhaftigkeit, wenngleich nicht Wahrheit, und nie Langeweile.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.03.2020

Eine große Besprechung widmet Rezensentin Judith Luig diesem in Großbritannien hochgelobten dritten und letzten Teil der Romantrilogie über Oliver Cromwell und Henry III. Großartige Szenen gibt es darin, erklärt sie, aber so begeistert wie von den ersten beiden Bänden ist sie von diesem Buch nicht. Zuviel Gewimmel ist das für sie, zu viele Leute und zu viel Handlung, deren Motivation sie nicht versteht. Ja, man weiß, es geht um die Erbfolge und eine nationale Kirche ohne Papst samt aller damit verbundenen Fragen über Geschichtsschreibung und Religion. Aber diejenige, die in den beiden vorausgehenden Büchern die Rolle der Gegenspielerin Cromwells gespielt hat, Anne Boleyn, sei jetzt tot. Und die Autorin habe keine neue Figur gefunden, die sie in ein ähnliches Spannungsverhältnis habe bringen können."Hilary Mantel" so findet die strenge Kritikerin, "hat eine Chance verpasst", gerade jetzt ihrem Land - wiederum am Anfang eines historischen Alleingangs - wirklich einen Spiegel vorzuhalten.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 14.03.2020

Richard Kämmerlings sah die Geschichte Englands nie heller leuchten als in Hilary Mantels Trilogie, deren dritter Band nun vorliegt. Wie die Autorin das Schicksal Cromwells und der Regentschaft Heinrichs VIII. erzählt, ist für Kämmerlings der Beweis, dass es Literatur mit TV-Serien locker aufnehmen kann - an Spannung und Komplexität wie auch an Aktualität. Mit Cromwell als ganz heutigem Superhelden, so Kämmerlings, schafft die Autorin virtuos ein quellen- und detailgenaues, vielstimmiges Historiengemälde. Der letzte, umfangreichste Band hält Spannung und Qualität der Trilogie locker aufrecht, versichert der Rezensent.